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Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug

Titel: Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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traten ihr in die Augen.
    Quarry zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. »An deiner Stelle hätte ich wahrscheinlich auch Angst. Aber ich werde dir nicht wehtun. Okay?«
    »Das sagen Sie. Woher soll ich wissen, dass Sie mich nicht belügen? Sie sind ein Verbrecher, und Verbrecher lügen. Deshalb sind sie ja Verbrecher.«
    Quarry nickte. »Du hältst mich für einen Verbrecher?«
    »Sie sind einer. Sie haben mich entführt. Dafür kommt man ins Gefängnis.«
    Quarry nickte erneut und blickte auf die Schüssel. »Ist das Müsli nicht zu dünn? Tut mir leid, wir haben hier nur Milchpulver.«
    Willa drückte sich noch immer an die Wand. »Warum tun Sie das?«
    »Was? Meinst du, warum ich dich hergebracht habe?«
    »Was sonst?«
    Quarry lächelte über Willas Logik. »Ich habe schon gehört, wie klug du bist.«
    »Wo ist meine Familie? Ich habe den anderen Mann gefragt, aber der wollte mir nichts sagen. Er hat nur gegrunzt.«
    Quarry zog ein Taschentuch hervor und wischte sich übers Gesicht, um einen Ausdruck von Abscheu zu verbergen.
    »Warum tragen Sie Latexhandschuhe?«, fragte Willa und starrte auf Quarrys Hände.
    »Weißt du, was Ekzeme sind?«
    »Sicher.«
    »Ich habe welche, und ich will niemanden anstecken.«
    »Was ist mit meiner Familie?«, hakte Willa nach. »Geht es ihr gut? Sagen Sie es mir!«
    »Es geht ihnen großartig. Aber weil ich ein Verbrecher bin, könnte ich natürlich lügen.«
    »Ich hasse Sie!«, rief Willa.
    »Das kann ich dir nicht verübeln.«
    »Geht es um meine Tante?«, fragte Willa unvermittelt.
    »Deine Tante?«, entgegnete Quarry im Unschuldston.
    »Verkaufen Sie mich nicht für dumm. Jane Cox ist meine Tante. Mein Onkel ist der Präsident.«
    »Da hast du recht.«
    »Also geht es um ihn, oder?«
    »Diese Frage werde ich nicht beantworten. Tut mir leid.«
    Willa zog den Ärmel hoch und deutete auf ein Pflaster in ihrer Armbeuge. »Dann sagen Sie mir wenigstens, wofür das ist.«
    »Du hattest dich geschnitten.«
    »Nein. Ich habe nachgesehen. Da ist nur ein winziger Stich.«
    Quarry schaute wieder zu Willas Schüssel und Löffel. »Bist du fertig damit?«
    »Verdammt! Geht es um meinen Onkel oder nicht?«, kreischte Willa.
    »Lass mich eins klarstellen, Willa«, sagte Quarry. »Ich will dir nicht wehtun. Es stimmt, ich habe gegen das Gesetz verstoßen und dich hergebracht, aber mir wäre es lieber, dich aus dieser Tür nach Hause gehen zu sehen. Aber solange du hier bist, sollten wir versuchen, so gut miteinander auszukommen wie möglich. Ich weiß, das ist schwer, aber es muss sein. Das ist besser für mich«, er starrte sie an, »und für dich.«
    Dann nahm er Löffel und Schüssel und ging zur Tür.
    »Werden Sie meinen Eltern sagen, dass es mir so weit gut geht?«, fragte Willa mit sanfterer Stimme.
    Quarry drehte sich noch einmal um. »Na klar.«
    Bei dieser Erklärung kam ihm erneut die Galle hoch.
    Nachdem Quarry gegangen war, setzte Willa sich auf eine Pritsche in der Ecke und ließ den Blick langsam durchs Zimmer schweifen. Dem Mann gegenüber hatte sie sich tapfer gezeigt, doch sie fühlte sich nicht allzu mutig, im Gegenteil: Sie hatte eine Heidenangst und wollte zu ihrer Familie zurück. Unruhig rang sie die Hände. Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie sich ein schreckliches Szenario nach dem anderen vorstellte. Sie betete, sprach laut zu ihrer Mom und ihrem Dad. Sie sagte ihrem Bruder und ihrer Schwester, dass sie beide sehr lieb habe, auch wenn sie ohne anzuklopfen in ihr Zimmer kamen und ihre Sachen durcheinanderwarfen.
    Willa wischte sich die Tränen weg und versuchte, konzentriert zu bleiben. Sie glaubte dem Mann nicht, was die Handschuhe, die Ekzeme und die Wunde an ihrem Arm betraf. Wahrscheinlich hatte das alles mit ihrer Tante und ihrem Onkel zu tun. Was für einen Grund sollte es sonst dafür geben?
    Willa ging nervös auf und ab, wobei sie leise vor sich hin sang wie so oft, wenn sie sich Sorgen machte oder Angst hatte.
    »Es wird alles wieder gut«, sagte sie dann zu sich selbst, immer wieder und wieder. Schließlich legte sie sich hin und deckte sich zu. Doch bevor sie das Licht ausmachte, schaute sie noch einmal zur Tür, durchquerte das Zimmer und starrte auf das Schloss.
    Es war ein stabiler Riegel. Bis jetzt war ihr das gar nicht aufgefallen.
    Ein Hoffnungsfunke loderte in ihr auf.

9.
    Q uarry stieg den Minenschacht hinunter. Gedankenverloren strich er mit einer Hand über den schwarzen Fels, wo noch immer die Reste der alten Flöze zu sehen

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