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Search inside yourself

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Titel: Search inside yourself Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chade-Meng Tan
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Psychologisieren oder Zustimmen
    Empathie wird häufig mit etwas verwechselt, das wir als »Psychologisieren« bezeichnen. Man könnte auch sagen, man stellt psychologische Vermutungen an oder spekuliert über psychologische Motivationen, oft ohne über das entsprechende Wissen zu verfügen. Nehmen wir zum Beispiel an, Sie würden Ihrem Chef Ihre Probleme schildern und er unterbricht Sie mitten in Ihren Ausführungen, um Ihnen zu erklären, dass Ihre Schwierigkeiten mit vermeintlichen Problemen in Ihrer Kindheit zu tun hätten, und um Ihnen einige weitere Dinge zu sagen, die er wahrscheinlich in irgendwelchen populärpsychologischen Büchern gelesen hat. Er psychologisiert, statt sich einzufühlen. Wenn wir psychologisieren, tun wir das Problem in Wirklichkeit einfach ab, statt es zu verstehen. Da überrascht es kaum, dass Zusammenhänge zwischen dem Psychologisieren und mittelmäßigen Leistungen bei Managern hergestellt wurden. Ich stelle mir vor, dass Führungskräften, die regelmäßig psychologisieren, zwei Haarspitzen wachsen wie Dilberts Chef. Wenn Ihnen Ihr Chef stattdessen aufmerksam zuhört und Ihnen seine volle Aufmerksamkeit schenkt, wenn er zu verstehen versucht, was diese Sache sowohl auf kognitiver als auch auf emotionaler Ebene für Sie bedeutet, und er all das mit großer Freundlichkeit tut, fühlt er sich in Sie ein.
    Aber Empathie ist nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit Zustimmung. Es ist durchaus möglich, den anderen voller Güte sowohl auf intellektueller als auch auf instinktiver Ebene zu verstehen und bei allem Respekt anderer Meinung zu sein. Aristoteles soll gesagt haben, einen gebildeten Geist erkenne man daran, dass er sich mit einem Gedanken beschäftigen könne, ohne ihn zu glauben. Wenn man einfühlsam anderer
Meinung ist, hat das große Ähnlichkeit damit. Einen geschulten Geist erkennt man daran, dass er die Gefühle eines anderen verstehen und akzeptieren kann, ohne sich ihnen anzuschließen.
    Â»Ich stufe Sie wegen ungelöster Mutterkonflikte zurück.«
    Diese Einsicht legt nahe, dass es möglich ist, schwierige Entscheidungen zu treffen und trotzdem einfühlsam zu sein. In vielen Situationen ist es sogar am besten, wenn man schwierige Entschlüsse freundlich und einfühlsam fällt. Wenn wir im beruflichen Umfeld eine Entscheidung treffen müssen, welche die Interessen eines anderen verletzt, können wir uns leicht einreden, dass wir in dieser Angelegenheit die Empathie lieber außen vor lassen sollten, da sie uns diesen schwierigen, aber notwendigen Beschluss nur erschweren würde. Ich habe aber festgestellt, dass dieses Vorgehen alles andere als optimal ist. Wenn wir schwierige Entscheidungen ohne Empathie fällen, erreichen wir zwar kurzfristig unsere Ziele leichter, schüren
aber auch Verbitterung und Misstrauen und schaden damit langfristig unseren eigenen Interessen. Wenn wir den Betroffenen dagegen freundlich und einfühlsam begegnen, schaffen wir Vertrauen und Verständnis. Dadurch sind wir unter Umständen besser in der Lage, ihre Angelegenheiten kompetent zu klären und zu regeln. Ist genügend Vertrauen und Verständnis vorhanden, finden wir vielleicht sogar kreative Möglichkeiten, die Probleme aller Beteiligten zu lösen oder zumindest einen Teil ihrer Bedenken deutlich zu minimieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass schwierige Entscheidungen zwar nach wie vor gefällt werden müssen, aber wenn die Leute Ihnen vertrauen, wenn sie das Gefühl haben, dass Ihr Herz am rechten Fleck sitzt, und wenn sie verstehen, dass diese Sache dem Wohl aller dient, wird es Ihnen eher gelingen, sich ihre Kooperation zu sichern. Noch besser aber ist: Ist das Vertrauen erst einmal vorhanden, dient es als Grundlage, auf der Sie langfristig ein gutes Arbeitsverhältnis aufbauen können. Auf diese Weise gewinnen Sie sowohl auf kurze als auch auf lange Sicht.
    Ein wunderbares Beispiel dafür, wie man einfühlsam schwierige Entscheidungen fällt, findet sich in Daniel Golemans Buch Der Erfolgsquotient :
    Hier zwei Beispiele, wie man bei einer Betriebsschließung mit den Beschäftigten umgeht. Bei General Electric wurde die geplante Betriebsschließung den Beschäftigten zwei Jahre vorher angekündigt, und die Firma bemühte sich intensiv, andere Stellen für sie zu finden. Die andere Firma gab die Schließung nur eine Woche vorher

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