Sebastian
Weg, um von einer Landschaft in eine andere zu gelangen. Resonanzbrücken erlaubten es einer Person, in eine Landschaft überzugehen, die der Resonanz des Herzens entsprach. Meist reichte es aus, sich zu konzentrieren, um eine bestimmte Landschaft zu erreichen. Aber es gab auch Zeiten, zu denen eine Resonanzbrücke den Willen außer Acht ließ und allein dem Herzen lauschte - und so konnte man in einer Landschaft enden, die nicht im Entferntesten etwas mit dem Ort zu tun hatte, an den man eigentlich hatte gelangen wollte. Aus diesem Grund ähnelte das Reisen in Ephemera eher einem Glücksspiel.
Die Brücke an der sie nun standen, war eine Resonanzbrücke.
Teaser warf einen Blick über die Schulter. »Reicht dir das?«
Sebastian nahm einen tiefen Atemzug und atmete langsam wieder aus. »Es reicht.« Er hatte ja doch keine Wahl. Es gab keine festen Brücken, die Belladonnas Landschaften mit der Landschaft verbanden, in der die Stadt der Zauberer lag.
Er stieg vom Dämonenrad ab und ging bis an den Rand der Brücke. Er versuchte, seinen Geist von allem zu lösen, bis auf den Wunsch, die Stadt der Zauberer zu erreichen.
»Sebastian?«
Er sah zurück.
Teaser zog die Schultern zusammen und sah ihn verlegen an.
»Reise leichten Herzens.«
Der Segen des Herzens. Es füllte ihn mit Freude, diese Worte zu hören. »Ich bin bald zurück.« Zumindest hoffte er das.
Die Stadt der Zauberer. Die Stadt der Zauberer. Andere Bilder versuchten, sich in den Vordergrund zu drängen - das Gefühl von Sand unter seinen Füßen - aber gebetsgleich murmelte er die Worte »Die Stadt der Zauberer«, während er die Brücke überquerte.
Das Land sah hier nicht anders aus, aber der Himmel war jetzt von jenem Grauton, den er oft unmittelbar vor der Morgendämmerung oder im schwindenden Licht des Abends zeigte. Als er über den Fluss zurückblickte, konnte er Teaser oder das Dämonenrad nicht mehr entdecken.
So. Er war auf der anderen Seite. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass er in der richtigen Landschaft angekommen war.
Ein von Fuhrwerken ausgefahrener Pfad führte von der Brücke ins Land. Er richtete die Riemen seines Beutels und folgte dem Pfad, wohin auch immer er ihn führen mochte.
Glorianna lief die Gasse hinunter, blieb stehen und öffnete die Blende der Laterne, um so gut wie möglich den Boden zu beleuchten. Ein vorsichtiger Schritt, dann noch einer. Die Aufmerksamkeit ständig auf den Boden, die Wände und die Schatten gerichtet. Als das Licht auf die Knochen und den rostfarbenen Sand traf, blieb sie stehen. Sie ging in die Hocke, berührte den Boden mit einer Fingerspitze und betrachtete die Sandkörner, die an ihrer Haut klebten. Es gab mehrere Landschaften mit Sand von dieser Farbe, aber in Verbindung mit sauberen Knochen … nur eine.
Dies war also die Quelle der Dissonanz, die sie gefühlt hatte, als sie durch ihren privaten Garten geschritten war, um nach ihren Landschaften zu sehen. Vor ein paar Tagen war sie plötzlich von einer Welle von Unbehagen erfasst worden und hatte sich vorgenommen, in den Pfuhl zu reisen, um mit Sebastian zu sprechen, hatte dann aber in zwei anderen Landschaften noch stärkere Dissonanzen gespürt. Sie hatte die beiden Landschaften aufgesucht, um den Störungen dort nachzugehen, aber da sie nichts Außergewöhnliches entdeckt hatte, für sich beschlossen, dass ein Zauberer durch diese Orte gereist sein musste, weil deren Anwesenheit in ihren Landschaften immer eine Dissonanz hervorrief. Als sie nach Hause zurückgekehrt war, war die Dissonanz, die den Pfuhl gestört hatte, verschwunden.
Bis vor kurzem.
Sie rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, bis sie ganz sicher war, dass kein einziges Sandkorn mehr an ihren Fingern klebte. Dann erhob sie sich und trat vorsichtig zurück.
Glorianna, in den letzten Nächten hatte ich Träume, erfüllt von beunruhigenden Bildern und dem … Gefühl …, dass sich etwas Altes, etwas Böses unter der Erdoberfläche regt.
Ich weiß, Mutter. Ich hatte dieselben Träume.
Sie ging zurück zum Anfang der Gasse, öffnete das Bündel, das sie dort abgelegt hatte, und entnahm ihm einen kantigen Stein. Dann lief sie den Weg wieder zurück und sah sich den Boden auf der Suche nach dem Sandkorn, das am weitesten von den Knochen entfernt lag, noch einmal genau an. Sie legte den Stein auf das letzte Sandkorn und rief die Welt an.
Ephemera, höre mich.
Die Strömungen der Macht, die den Pfuhl durchströmten, mischten sich mit den Strömungen aus Licht
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