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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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ein VW?«
    Ich nickte belustigt. »Ja, bei uns stehen auch noch ein paar so antiquierte Teile rum. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen mal eine mitbringen, für Ihr Hanteltraining.«
    »Lass mal gut sein, ich bin versorgt.« Er grinste.
    Ich versuchte, mich so gerade wie möglich auf dem Gartenstuhl hinzusetzen, um eine einigermaßen würdevolle Position für das Interview einzunehmen. Außerdem ermahnte ich mich, nicht zu sehr mit meinem linken Fuß zu wippen. Das tat ich gelegentlich vor lauter Nervosität, wenn mir etwas sehr wichtig war. In diesem Fall wollte ich einfach nicht, dass Kaschi Carl hinterher erzählte, was für eine Niete er da geschickt hatte. Ein Nachteil des unkontrollierten Wippens war außerdem, dass gerne mal Kakaotassen oder gut gefüllte Teller dran glauben mussten oder zumindest bedrohlich ins Schwanken gerieten.
    4,2 Millionen hatte er gewonnen, damals noch in Mark. Ein absoluter Zufall. Kaschi begann, seine Geschichte zu erzählen.
    »Ich hatte an dem Tag schlechte Laune. Eine Frau, die mir viel bedeutete, hatte mir den Laufpass gegeben. Sie war in einen anderen verliebt. Na ja, und so vegetierte ich so vor mich hin. Zu der Zeit war ich viel mit Carl unterwegs, wir waren kurz zuvor zusammen auf Rhodos gewesen. Die besagte Frau ebenfalls, war alles ein bisschen kompliziert. Na, egal, lange her.«
    Ich lauschte gebannt der Geschichte und schämte mich, weil ich in dieser kurzen Zeit bei Kaschi schon mehr über Carl erfahren hatte als in den vergangenen Jahren von ihm persönlich. Irgendwie war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass wir nie über sein Privatleben sprachen. Carl hatte für mich kein Privatleben. Punkt. Nur seinen Gewürzladen. Während andere vielleicht ihre Vergangenheit bekakelten und analysierten, hatte Carl mich stets in die Geheimnisse von Nelken, Pfeffer und Koriander eingewiesen. Das war für mich sein Leben. Über mein verfahrenes Liebesleben redeten wir dafür umso mehr.
    Ganz schön egoistisch, schoss es mir jetzt durch den Kopf. Anzunehmen, dass Carl schon immer lethargisch zwischen seinen Orangenkisten gesessen haben könnte. Ich kam mir vor wie eine selbstgefällige Tochter, die ihrem Vater jedwedes Gefühl undEigenleben absprach und ihn stattdessen als seelischen Mülleimer verwendete, was dieser ohne jede Klage über sich ergehen ließ. Nachsichtig und aus Liebe.
    Jahrelang hatte ich Carl als Vaterersatz missbraucht, dachte ich, und langsam begann mein schlechtes Gewissen, schmerzhaft an meiner Seele zu nagen. Ich ahnte, was Carl zu diesen Gedankengängen sagen würde. »Wenn du nicht sofort aufhörst, solche schwachsinnigen Kopf-Kapriolen zu schlagen, dann kriegst du nie wieder Kakao bei mir. Konzentrier dich jetzt auf dein verdammtes Interview.«
    Das machte ich auch sofort. »Und wieso haben Sie dann den Lottoschein gekauft?« Kaschi betrachtete mich amüsiert. Ob er bemerkt hatte, dass meine Gedanken kurzzeitig abgeschweift waren? Wenn er wirklich ein guter Freund von Carl war, dann ja.
    »Ich hatte zwei Möglichkeiten: Entweder mich vor lauter Liebeskummer zu betrinken oder etwas Vernünftiges anzufangen. Ich habe mich für die dritte Möglichkeit entschieden und total unvernünftig einen Lottoschein gekauft.«
    »Wieso unvernünftig?« Ich fand die Sache mit dem Betrinken um einiges unvernünftiger.
    »Na ja, wenn ich mich besinnungslos gesoffen hätte, hätte ich wenigstens noch von einem hilfsbereiten Mädchen aufgefangen werden und eine schöne Nacht mit ihr verbringen können. Das wäre effizienter gewesen, als den Lottoschein auszufüllen. Denn wir beide wissen ja, dass die Chance, den Jackpot zu knacken, bei 1:140 Millionen liegt.« Ja, das wussten wir.
    »Da ist es wahrscheinlicher, bei einem Flugzeugabsturz zu sterben«, bestätigte ich.
    »Eben. Ich hab trotzdem den Jackpot geknackt. War mir total egal. Ich wollte nur diese Frau. Aber die wollte mich nicht. Da konnten mich auch die Millionen nicht trösten. Und sie wieder zu mir zurückholen sowieso nicht.« Die Liebe besiegte alles, auch ein übervolles Bankkonto.
    »Wissen Sie noch, welche Zahlen Sie angekreuzt haben?«
    »Ob ich noch weiß, welche Zahlen ich angekreuzt habe? Das wäre in etwa so, als würdest du mich fragen, ob ich noch weiß, welche Augenfarbe meine Angebetete hatte. Die Zahlen hatten alle was mit ihr zu tun. Geburtstag, Geburtsjahr, Gewicht.« Ich schaute erstaunt auf.
    »Gewicht? Gingen die Lottozahlen damals weiter als bis neunundvierzig?« Verschämt hielt ich die Luft an und

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