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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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geschlagen. Geldscheine über Geldscheine wirbelten durch die Luft, die Dotz aus einem Aquarium auf mich warf. Die Scheine verwandelten sich in Aale, und Markus Röck verfrachtete mich in sein Cabrio, das allerdings in einem Meer an ausgefüllten Lottoscheinen versank. Ich wühlte mich durch den Haufen, um den einen, wahren Jackpotschein zu finden. Verena zog mich aus dem Auto in ein Flugzeug, wir landeten in der Karibik in einem Hotel, in dem Ralf Stirnbänder verkaufte, und an der Bar stand Carl, der aus einer Million Sorten Kakao wählen konnte.
    »Möchtest du wieder den mit Orange?« Carl wedelte vor meinen Augen mit der braun-orangefarbenen Dose, die ich neulich ausgesucht hatte.
    »Ja, gerne!« Mir war es komplett egal, was er mir in die Tasse schenkte. Ich hätte vermutlich nicht mal gemerkt, wenn er mir Tee oder Fleischbrühe serviert hätte.
    »Carl, alle Welt denkt, ich hätte im Lotto gewonnen.«
    »Ich weiß«, antwortete Carl mit der Ruhe eines Menschen, der schon viel größere Dramen als einen schnöden falschen Lottogewinn erlebt hatte. »Und, hast du?«
    »Quatsch. Natürlich nicht. Das ist ein Missverständnis. Der Vollidiot von Moderator hat mich da in was hineingetalkt.«
    »Was hat er gemacht?« Carl konnte manchmal echt nerven. Ausgerechnet jetzt wies er mich darauf hin, dass er Anglizismen in der deutschen Sprache total uncool fand.
    »Er hat mich reingelegt. Ich habe kaum einen Euro auf dem Konto. Ich könnte mir nicht mal die Zweihundertneunundvierzig-Euro-Stiefel leisten.« Carl hielt in der Bewegung inne. Gerade hatte er die Kakaotasse zum Mund führen wollen.
    »Zweihundertneunundvierzig Euro? Hast du nicht neulich was von fünfzig Euro gesagt?« Mit jedem Wort machte ich die Lage schlimmer. Ich erinnerte mich, dass ich Carl einen Preis genannt hatte, der aus Zeiten seiner Einschulung stammte, bloß um ihn nicht zu schocken. Die Diskussion um den unerbittlichen Preisanstieg würde ich jetzt nicht überleben.
    »Stimmt, du musst dich verhört haben bei dem Preis.« Ich ließ offen, von welchem Preis die Rede war.
    »Also, du hast nicht im Lotto gewonnen?«
    »Nehein!« Wie oft würde ich die Frage in nächster Zeit noch beantworten müssen?
    Bevor ich ins Bett gefallen und mich auf die Traum-Achterbahnfahrt begeben hatte, hatte ich noch schnell via Onlinekonto gecheckt, ob nicht möglicherweise ein Glücksbringer mein Konto großzügig aufgefüllt hatte. Aber nichts. Weder bunte Geldscheine noch grüne Glückskleeaufkleber waren zu finden.
    »… sonst hätte ich zwei Lottogewinner gekannt.« Den Anfang von Carls Satz hatte ich nicht mitbekommen.
    »Stimmt. Darüber wollte ich eigentlich mit dir reden. Du kennst Kaschi ja richtig gut. Ihr wart zusammen im Urlaub.« Carl zuckte nur mit den Schultern.
    »Ja, damals in Griechenland.«
    »Das hast du mir nie erzählt.«
    »Du hast nie gefragt!« Das hatte ich mir ja bereits selbstangekreidet. Dass ich Carls Privatleben seit jeher ausgespart hatte. Peinlich berührt ließ ich eine Handvoll Paprika in einen Jutesack rieseln. Immer, wenn mir etwas unangenehm war, versuchte ich mich mit irgendwelchen Spielereien abzulenken.
    »Lass den Paprika in Ruhe, er kann nichts dafür.« Durch die sich überschlagenden Ereignisse und die aufwühlenden Verdächtigungen rund um meinen angeblichen Gewinn hatte ich die entscheidenden Fragen an Carl verdrängt. In der Ruhe der bekannten, wohligen Umgebung fielen sie mir wieder ein.
    Ich erzählte Carl von den grünen Aufklebern und fragte ihn, ob er wusste, dass Kaschi einen neuen Wohnwagen geschenkt bekommen hatte, anonym.
    »Ja, das hat er mir ja gestern erzählt.«
    »Du warst da?«
    »Nein, er war hier.«
    »Wann das denn?«
    Carl zuckte die Schultern. Ihm war es egal, ob es vormittags halb elf oder kurz vor Feierabend war. »Irgendwann um die Mittagszeit, glaube ich.«
    Ich schloss die Augen, und mein Zwerchfell begann zu beben. Auf und ab ging es, so sehr schüttelte mich mein Lachen. Gegen Mittag hatte ich Daniel per Taxi zu Kaschi nach St. Pauli gejagt, während der hier im »Würz« saß.
    »Was hat er dir denn noch von unseren Reisen erzählt?« Carl war schon einen Schritt weiter.
    »Wie, was erzählt? Nix. Ach so, doch, von seiner großen Liebe vor tausend Jahren. Aber, findest du es nicht unglaublich, dass ihm jemand den Wagen schenkt?«
    »Doch, das ist ein Ding. Ist doch super. Endlich verkauft er wieder Currywürste.« Mir lief selbst zu dieser frühen Stunde das Wasser im Mund zusammen. Etwas

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