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Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi

Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi

Titel: Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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Innenstadt.
    „Sehr aufmerksam von Ihnen“, sagte Sola zu Thomas Steinwand. „Aber heute Abend passt es nicht. Kommen Sie doch bitte morgen früh. Wäre acht Uhr akzeptabel?“
    „Acht Uhr, perfekt. Einen schönen Abend noch.“
    ‚Den werde ich haben‘, dachte Sola und drückte das Gespräch weg.
    Als der grüne Golf an ihm vorbeifuhr, ließ Sola seinen Wagen an und folgte ihm.
    Er richtete sich auf eine längere Fahrt durch den Landkreis ein. Doch sie blieben in Alfeld, kurvten um das Innenstadtzentrum herum, kamen am Friedhof und der Tankstelle vorbei. Schließlich bogen sie rechts ab in die Kaiser-Wilhelm-Straße und kurz darauf schlich der Golf die Straße so langsam hinunter, dass Sola ahnte, dass die Fahrerin einen Parkplatz suchte.
    Tatsächlich stellte sie den Wagen ab und ging zielstrebig auf eines der gelb verputzten Häuser zu.
    Sola konnte erkennen, dass sie auf den mittleren Hauseingang zuhielt, bevor er vorbeigefahren war. Er stellte sein Auto in einer Einfahrt ab und sprang heraus. Er kam gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die Haustür zufiel.
    Betont lässig ging er auf die Tür zu und las die Klingelschilder.
    Beim dritten Namen stutzte er.
    L. Grundberg.
    Der Name löste etwas in ihm aus.
    Er begann, sich zu erinnern.
    Lisa Grundberg.
    Kriminalkommissarin Lisa Grundberg.
    Aus Kassel.
    Aus Kassel?
    Ein verzerrtes Lächeln wanderte von seinen Augen zum Mund und verwandelte sich in einen grimmigen Ausdruck.
    Man trifft sich immer zweimal im Leben.

11
    Alfeld, Montag, der 5.9.2011
    Endlich saß Lisa mit ihrem Buch in der Badewanne. Eine Tasse Kaffee duftete auf dem Rand stärker als das Badeöl, das sie verwendet hatte. Als sie umblättern wollte, stellte sie fest, dass sie den soeben gelesenen Text gar nicht verstanden hatte. Sie ließ den Krimi sinken.
    ‚Ich leiste den Eid, du kommst nicht mehr weit.‘ Der letzte Satz des Cache-Gedichts nagte an ihr, obwohl sie sich aktiv bemüht hatte, nicht daran zu denken.
    „Bilde dir bloß nichts ein. Ich lasse dich nicht gehen. Niemals.“ Sie sah ihn vor sich stehen, ganz nah, das Gesicht vor Wut verzerrt. Sie spürte die Spucketröpfchen, die er ihr beim Sprechen ins Gesicht schleuderte, fühlte noch einmal, wie er seine Finger in die Muskulatur ihrer Oberarme drückte.
    Sie schlug mit der Hand so heftig auf die Wasseroberfläche, dass die Spritzer gegen die Wand klatschten. Damals hatte sie nur eine Drehung und einen einfachen Judogriff gebraucht, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen, um ihm zu zeigen, dass er sie nicht zwingen konnte, zu nichts, nicht gegen ihren Willen.
    Es war der einzige direkte Übergriff geblieben, den Masoud sich geleistet hatte. Er war auch nach ihrer Trennung nicht noch einmal handgreiflich geworden, doch oft genug hatte sie sich beobachtet gefühlt. Er hatte sie nicht angerufen, ihr keine SMS geschickt. Dennoch kreuzten sich ihre Wege ungewöhnlich oft. An der Tankstelle, bei Edeka, sogar im Spielzeugladen, als sie nach einem Geschenk für eine schwangere Kollegin gesucht hatte. Jedes Mal sah er betont leidend aus, sprach mit heiserer Stimme. Er erwähnte bei jedem Zusammentreffen ein Detail aus ihrem derzeitigen Leben, das er eigentlich nicht wissen konnte, nicht wissen sollte.
    Er wusste und ließ sie wissen, dass er es wusste, dass sie eine neue Pumpe für die Waschmaschine gebraucht hatte, dass sie an einem Tatort Spuren vernichtet hatte, weil sie gestolpert war, dass ihr Vater einen leichten Herzinfarkt erlitten hatte. Eine Zeit lang hatte sie ihre Mutter in Verdacht, die nicht hatte verstehen können, warum sie sich von dem netten jungen Mann getrennt hatte.
    Manchmal hatte sie sich selbst nicht verstanden. Doch irgendwann konnte sie es nicht mehr ertragen. Die Veränderungen verliefen schleichend, er entwickelte sich immer stärker zu dem Mann, den sein Vater sich als Sohn und Erben wünschte, den sein Vater selbst verkörperte. Lisa konnte es nicht aushalten. Sobald sie ihn kritisierte oder gar von Trennung sprach, änderte sich seine Körperhaltung. Sie fühlte sich von ihm bedroht, nicht offen, unterschwellig, für Außenstehende unmerklich, für sie jedoch sehr real, bedrückend, beängstigend.
    Schließlich hatte sie die Stellenausschreibung für das Regionalisierungsprojekt in Alfeld gesehen, hatte sich beworben und war umgezogen, ohne eine Nachsendeadresse zu hinterlassen. Sie hatte ihre Eltern angefleht, ihre neue Anschrift vor Masoud geheim zu halten. Und bis heute hatte sie gedacht, dass sie

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