Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi
einem geschäftlichen Unternehmen sprichst?“
Sie lachte laut. „Ach, das verstehst du nicht. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es auch ein geschäftlicher Erfolg werden wird, aber für unser Image ist es bahnbrechend. Garantiert. Luxuriös und bodenständig, die Essenz des Well-Being.“
„Ich habe den Termin eingetragen.“ Er lachte nun ebenfalls. „Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal absichtlich in einem Zweihundertseelendorf in Niedersachsen war.“
„Wenn ich mich recht erinnere, ist es noch gar nicht so lange her, dass du eine deiner Sonnenfinsternisse in einer mongolischen Siedlung beobachtet hast, in der nur zwei Familien lebten.“
„Stimmt, aber die Mongolei ist nicht Niedersachsen, oder?“
„Immerhin besitzt du hier in der Provinz vierzehn Seniorenheime.“
„Und ein Schlosshotel. Ist schon gut. Ich komme ja.“ Er unterbrach sich und sprach mit veränderter, sie neckender Stimme weiter. „Übrigens, Schwesterchen, soll ich Dennis mitbringen?“
Sie zuckte zusammen und war heilfroh, dass er sie nicht sehen konnte. Sie wusste, dass Dennis in sie verliebt war und dass ihr Bruder sie gern in einer Liaison mit seinem langjährigen Freund sehen würde, aber sie empfand nichts Besonderes für Dennis. Was sollte sie antworten? „Wenn er Zeit hat, kann er gern mitkommen.“ Ihre Stimme klang selbst in ihren Ohren gepresst.
„Das klingt nicht gerade begeistert.“
„Du Robert, ich muss Schluss machen. Wagner hat angeklopft. Er will die Gästeliste durchsprechen. Tschüss, mach’s gut.“
Das stimmte zwar nicht, aber sie war es leid, dass Robert versuchte, sie mit einem seiner Freunde zu verkuppeln. Die erschienen ihr allesamt wie große Brüder, darauf bedacht, sie auf einen Sockel zu setzen und vor der bösen Welt zu beschützen. Sie fand die Welt allerdings durchaus anziehend und überhaupt nicht bedrohlich. Mit einem Ruck zog sie die Gardinen wieder vor das Fenster. Sie wollte ein eigenes Leben, und sie würde es sich so einrichten, wie es ihr behagte.
Nachdem Corinna sich persönlich davon überzeugt hatte, dass die letzten Arbeiten beinahe abgeschlossen waren, bat sie Wagner tatsächlich, ihr die Gästeliste vorzulegen.
Sie las die Namen konzentriert und war heilfroh, dass Wagner, oder seine Sekretärin, jeweils die Funktionen der Eingeladenen notiert hatte. Sie konnte zwar weder mit ÜWL noch mit Abwasserverband etwas anfangen, doch es fiel ihr auf, dass einige Leute mehrere Ämter auf sich vereinten. So war der Alfelder Bürgermeister gleichzeitig Vorsitzender des Roten Kreuzes, und der Ortsbrandmeister von Abbensen dirigierte einen Chor und fungierte als Heimatpfleger.
‚Ach, ein Kollege von Fitz‘, dachte Corinna und fuhr mit ihrem Bleistift weiter an der Tabelle entlang. Fitz fehlte in der Aufstellung. Sie setzte seinen Namen und den der freundlichen Frau aus der Stadtbibliothek, die sie gestern beim Essen kennengelernt hatte, ebenfalls auf die Liste.
Danach nahm sie die Einladung an sich zur Hand und betrachtete sie eingehend. Das geprägte Wappen wirkte stilvoll, und sie freute sich, dass sie sich für cremefarbenes Büttenpapier entschieden hatten und nicht für das glänzend weiße, das Wagner favorisiert hatte.
Sie rieb sich die Hände und sprang auf. Nur noch drei Tage, dann war alles gelaufen.
Draußen begleitete Sola gerade einen blonden Mann durch den Park. Corinna beschloss, ihnen zu folgen.
16
Alfeld, Dienstag, der 6.9.2011
„Verstehst du das?“, fragte Markus, während er den Zettel mit dem Gedicht vor sich auf dem Tisch auseinanderfaltete.
„Ich verstehe die Worte, allein mir entgeht der Sinn“, antwortete Lisa und sagte den Text noch einmal leise vor sich hin. „Keller und fegen steht für mich durchaus in einem Zusammenhang.“
„Wie meinst du das?“
Lisa sah ihn spöttisch an. „Noch nie etwas von Hausordnung gehört? Jeden Samstag die Treppen wischen, den Keller und die Straße fegen?“
Sie verkniff sich, auf die Tatsache anzuspielen, dass er das nicht wissen konnte, da er ja im Hotel Mama residierte. Doch sein Gesichtsausdruck verriet ihr, dass er sie auch so verstanden hatte.
„Im Text heißt es aber, er …“
„Oder sie!“
„… hätte nicht gefegt, wenn der …“
„Oder die!“
„… andere im Keller geblieben wäre. Was fegt man weg? Dreck? Unrat?“
„Tannennadeln, gebrauchte Kondome, Trinkpäckchen, kommt drauf an, wo du wohnst.“
„Wegfegen? Von der Straße in den Keller? Aus dem Keller auf die
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