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SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
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eine kurze Pause.
    „Nein. Ich bin in der Probezeit – das weißt du doch!“
    Wieder Pause.
    „Ich versuche, da schnell wieder herauszukommen. Versprochen!“
    Rentsch räusperte sich, griff betont laut in die Klinke und öffnete die Tür.
    „... muss Schluss machen", hörte er noch, bevor sie den Hörer hastig auflegte. Als er in den Raum trat, versuchte Yasmin einen möglichst unbeteiligten Eindruck zu erwecken, während er sich bemühte, seinen Triumph zu verbergen.
    Er legte ihr die Mappe hin.
    Die Sekretärin verzog keine Miene.
    „Dann bis später ... hoffentlich!“
    Er klopfte dreimal auf die Tischplatte. Das nicht zum Abschied, sondern um dem „Hoffentlich“ eine besondere Note zu geben. Eine Drohende.
    Als er ihr den Rücken zuwandte, hatte er den Ausdruck eines Mannes im Gesicht, der davon fasziniert war, am Ende doch zu bekommen, was er wollte.

-32-
     
    Melanie war wieder unterwegs. Sie hatte die Kinder mit Essen versorgt und war, ohne selbst zu essen, aus dem Haus gegangen. Vorher hatte sie Claire geimpft, gut auf ihre Schwester aufzupassen.
    Jetzt, im Auto, spukte ihr das Telefonat mit diesem Reitz im Kopf herum. Wer war die Frau, die zu Frank vorgelassen werden wollte? Und warum? Natürlich hatte sie das untersagt, woraufhin der Arzt das Telefon kurzerhand an die Unbekannte weitergereicht hatte. Wie hieß die noch? Corinna Lieber ... mann? Am Telefon wollte sie ihr nicht sagen, worum es ging, stattdessen hatte sie ein Treffen vorgeschlagen, um dort alles zu erklären. Nach einigem Zögern hatte Melanie zugesagt und nun befand sie sich auf dem Weg zum vereinbarten Treffpunkt. Melanie traf fünf Minuten vor der abgemachten Zeit ein. Sie trug, wie abgesprochen, eine schwarze Baskenmütze.
    Das Café war nicht allzu voll, so dass sie keine Schwierigkeiten hatte, einen Platz zu finden. Sie wählte einen Tisch direkt am Fenster, so dass sie die Straße im Blick hatte.
    Kaum dass sie sich hingesetzt hatte, erschien eine Frau neben ihr. Ihr Herz machte einen Satz. Als Melanie aufblickte, erkannte sie, dass das nur die Bedienung war. Das erste Mal seit langem musste sie ihre Bestellung selbst aufgeben. Das hatte Frank sonst für sie übernommen, war nichts, wofür er sich extra rückversichern musste. Solche Kleinigkeiten lagen im Blut einer langen Ehe.
    Schwermut erfasste sie. Doch noch bevor sie darin versinken konnte, zog eine Frau auf der gegenüberliegenden Straßenseite ihre Aufmerksamkeit auf sich. Melanie musterte sie. Gut gebaut, etwa Mitte zwanzig und hübsch. War das die Frau, die sie treffen wollte? Die Blicke beider trafen sich. Die Andere schaute nicht weg. Das musste sie sein!
    Als die Frau sich vergewissert hatte, dass sie die Straße gefahrlos überqueren konnte, setze sie sich in Bewegung und steuerte direkt auf die Fensterfront zu. Vor der Scheibe angekommen, nickte sie Melanie zu.
    Plötzlich überkam Melanie Panik. Wollte sie ihr vielleicht eröffnen, dass sie Liebhaberin ihres Mannes war? Warum sonst sollte eine völlig Fremde zu ihrem Mann wollen? Andererseits war es ziemlich lächerlich! Würde die sich dann mit ihr verabreden, noch dazu, wenn Frank im Koma lag und man doch so alles unter der Decke halten konnte? Dass ihr Mann sie betrog, war absolut undenkbar! Oder? Die Frau betrat das Café und hielt direkt auf ihren Tisch zu. Melanies Herz raste jetzt.
    „Frau Brenner?“
    „Ja", antwortete Melanie mit belegter Stimme, stand auf und gab ihr die Hand. Sie hoffte, dass sie das nicht bereuen würde.
    „Ich bin Corinna Liebermann.“
    Die beiden zupften nervös ihre Kleidung zurecht. Corinna den Rock und Melanie ihre Bluse. Mit schnellen Blicken tasteten sie sich gegenseitig ab, versuchten einander einzuschätzen.
    Mit einer Handbewegung deutete Melanie ihr an, Platz zu nehmen. Nachdem sich beide gesetzt hatten, schwiegen sie verhalten. Corinna blickte sich unsicher um, während Melanie sie unverwandt anstarrte.
    „Darf ich fragen, woher Sie meinen Namen kennen? Haben Sie ihn vom Krankenhaus?“, eröffnete Melanie das Gespräch.
    Corinna schüttelte den Kopf.
    „Nein, ein ...“, sie zögerte, „... Freund kennt Ihre Tochter. Ich glaube, sie heißt Sofie.“
    Melanie zog die Augenbrauen nach oben.
    „Wirklich? Wie denn das? Wer ist Ihr Freund?“
    „Ben ist ... er hat Ihre Tochter ...“
    Bevor Corinna den Satz vollenden konnte, wurde sie unterbrochen.
    „Moment ... sagten Sie Ben?“
    In Melanie schrillten alle Alarmglocken. Das war doch der Mann, den Sie unter

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