Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
Vom Netzwerk:
Beobachtung nehmen wollte, wenn er noch einmal auf dem Radar erschien?
    Corinna schaute sie verständnislos an.
    „Ja, wieso?“, kam es stockend.
    „Meine Tochter hat mir von der Begegnung erzählt. Er hat sie einfach angesprochen. Das mag ich gar nicht!“
    „Er hat Ihre Tochter im Krankenhaus kennengelernt.“
    „Das weiß ich schon.“, entgegnete Melanie.
    „Meine Schwester liegt auch dort.“
    „Das tut mir leid, aber kommen Sie zum Punkt. Was hat das alles mit meiner Tochter oder meinem Mann zu tun?“
    Corinna zögerte. Dieses Zögern machte Melanie unruhig. Welche Antwort konnte so schwer wiegen, dass diese Frau den Blick niederschlug?
    „Wie geht es ihm?“, fragte sie leise.
    „Wem? Meinem Mann? Er liegt im Koma. Aber was ... sagen Sie mir einfach, was Sie wollen!“
    Corinna nickte. Sie sah Melanie wieder an.
    „Ihr Mann ... meine Schwester ... ich glaube, meine Schwester hat Ihren Mann angefahren.“
    Es war heraus. Corinna blickte wieder beschämt nach unten. Melanie war zu perplex, um etwas sagen zu können. Die Kellnerin kam mit dem Cappuccino, stelle ihn vor Melanie ab und wandte sich Corinna zu.
    „Darf ich Ihnen auch etwas bringen?“
    Corinna reagierte nicht.
    „Was möchten Sie?“, fragte die Kellnerin nun lauter.
    Jetzt erst blickte Corinna auf.
    „Ein Wasser, bitte.“
    Die Bedienung nickte und verschwand.
    Die beiden Frauen schwiegen. Die Eine, weil sie gerade nicht wusste, was sie sagen sollte, die Andere, weil für den Augenblick alles gesagt war.
    „Woher wissen Sie das?“, fragte Melanie, als sie sich wieder gesammelt hatte.
    „... woher weiß ich was?“
    „Wie können Sie wissen, dass es ihre Schwester war, die meinen Mann angefahren hat? Von der Polizei?“
    Corinna schüttelte den Kopf.
    Dann erzählte sie, was sie bislang von dem Unfall wusste und zitierte Ben mit den Worten, dass die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs sehr hoch sei. Sie berichtete Melanie auch, dass Anna ebenfalls im Koma läge, schwer verletzt sei. Sie schloss ihre Ausführungen mit den Worten, dass das ja auch kein Wunder sei, wenn man mit einem Kleinwagen gegen eine Wand führe.
    Melanie beschlich gerade das Gefühl, dass etwas nicht passte. Sie kam nur nicht darauf, was genau.
    „Und was wollen Sie jetzt von mir? Möchten Sie, dass ich Ihrer Schwester vergebe? Das kann nur mein Mann.“
    Melanie konnte die Enttäuschung in den Augen von Corinna lesen.
    „Ich weiß selbst nicht so genau. Ich glaube, ich will meine Hilfe anbieten", antwortete Corinna unsicher, schalt sich aber im gleichen Moment für so viel vermessene Blödheit.
    „Hören Sie ... ich weiß es durchaus zu schätzen, dass Sie den Mut haben hier aufzutauchen. Aber es gibt zwischen uns nichts zu klären. Wenn überhaupt, dann muss Ihre Schwester Rede und Antwort stehen.“
    Melanie verspürte eine seltsame Mischung aus Mitleid und Respekt für Corinna. Obwohl nicht verantwortlich für das was passiert war, empfand diese Frau offensichtlich eine immense Scham.
    „Sie sollten sich nicht schuldig fühlen", setzte Melanie hinzu. Corinna nickte.
    „Ich erwarte keine Absolution. Ich will einfach helfen.“
    „Wie stellen Sie sich das vor?“, fragte Melanie.
    Corinna zuckte hilflos mit den Schultern.
    „Das hoffte ich irgendwie von Ihnen zu hören.“
    In diesem Moment klingelte Corinnas Handy. Sie zog es aus ihrer Handtasche.
    „Entschuldigung ...“, sagte Corinna.
    Melanie nickte.
    „Liebermann?“
    „Zedler. Polizeidienstelle Marzahn. Wir haben heute Morgen miteinander telefoniert.“
    „Ja?“ Corinnas Atem beschleunigte sich.
    Sie fragte sich, was die Polizei gerade jetzt von ihr wollte. Wenn sie mit einem Anruf rechnen musste, dann doch mit dem des Krankenhauses.
    „Ich muss Sie davon in Kenntnis setzen, dass wir gegen Ihre Schwester nunmehr wegen fahrlässiger Tötung ermitteln. Das Krankenhaus hat uns die Auskunft gegeben, dass der Geschädigte seinen Verletzungen erlegen ist.“
    Corinna schluckte schwer. Die Worte stanzten tiefe Löcher in ihr Hirn. Sie hatte das Gefühl zu ersticken. Ihr Hals fühlte sich mit einem Mal völlig ausgetrocknet an und ihre Zunge klebte spröde am Gaumen.
    Melanie registrierte, wie das Blut aus dem Gesicht von Corinna wich.
    „Frau Liebermann, wir müssen Ihre Schwester zum Unfallhergang befragen. Hat sich an Ihrem Gesundheitszustand etwas verändert?“
    „Nei ... nein.“
    „Vielleicht sollten Sie einen Anwalt mit der Wahrung Ihrer Interessen beauftragen!“, bemerkte die

Weitere Kostenlose Bücher