Second Face

Titel: Second Face Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Philipps

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Bauchtanz-Video. »Hier ist ein Video von einer Fatima.« Sie schaltet den Lautsprecher ein, orientalische Musik schwappt durch das Zimmer.
    Anne beobachtet die Tänzerin für einen Moment, dannbewegt sie sich im Rhythmus der Musik, hebt die Arme nach oben.
    Marie stellt sich hinter sie, legt ihre Hände an Annes Hüften. »Nun beweg mal deinen Bauch.«
    Sie ist gar nicht mal schlecht, denkt Marie. Und genau das denken auch die Zuschauer drei Stunden später – und was noch wichtiger ist, auch der Jury gefällt Annes Darbietung.
    In ihrem langen roten Rock und dem silbern glitzernden kurzen Oberteil mit den Fransen, das sie im Kleiderschrank der Mutter gefunden haben, ist Anne die Schönste der vier Mädchen. Marie ist stolz auf sie und sehr froh, dass sie mitgekommen ist.
    Und doch schaut sie immer wieder auf die Uhr. Sie wäre gerne bis zum Ende geblieben, um zu erfahren, ob Anne tatsächlich gewinnt. Aber sie muss sich entscheiden. Entweder enttäuscht sie Anne, indem sie weggeht, oder Lirim, weil sie nicht kommt.
    Marie sucht die Schwester, die von einer ganzen Schar von Bewunderern umgeben ist. Sie winkt ihr zu, aber Anne sieht nicht her. Sie hört ihr helles Lachen und weiß, dass Anne sie nicht wirklich vermissen wird.
    Auf der Bühne, wo die Jury sitzt, wird eine Glocke angeschlagen. Der nächste Tanz beginnt in wenigen Minuten. Und da sieht sie ihn.
    Marie traut ihren Augen kaum. Mitten in der Jury sitzt Lirim. Er schaut in die leiser werdende Menge hinein, orientalische Trommeln begleiten Angela, ein Mädchen aus dem Camp.
    Während alle ihren Bewegungen zuschauen, hat Marie nur Augen für Lirim, der ganz entspannt dasitzt, mit einem Lächeln auf den Lippen, und nicht so aussieht, als würde er jeden Moment aufspringen, um an den Strand zu fahren und sie zu treffen.
    Der Tanz ist beendet, Marie klatscht mit den anderen, obwohl sie nicht eine Drehung mitbekommen hat. Sie hat nur Augen für Lirim. Sie wühlt sich durch die Menge nach vorne, steht endlich in der dritten Reihe direkt vor der Bühne. Sie hebt die Hand, um ihm zuzuwinken.
    Da sieht er sie, ein Strahlen geht über sein Gesicht. Auch er hebt die Hand, will schon aufstehen, als die nächste Kandidatin die Bühne betritt.
    Während des nächsten Tanzes schaut Lirim immer wieder zu ihr herüber. Marie ist glücklich. Er hat sie nicht vergessen. Obwohl sie nicht versteht, warum er ihr nicht Bescheid gesagt hat, dass er hier ist und nicht an den Strand kommen kann. Er macht das bestimmt nicht freiwillig. Anne hat erwähnt, dass zwei Vertreter des Jugenddorfes in der Jury sitzen.
    Nachdem auch der vierte Tanz vorbei ist, zieht sich die Jury zur Beratung zurück.
    Und dann hat Anne tatsächlich gewonnen und steht im Finale. Marie ist unter den Ersten, die ihr gratulieren. »Ich bin so froh, dass du dabei bist!«, flüstert Marie der Schwester ins Ohr, bevor die wieder in der Menge ihrer Bewunderer untertaucht.
    Auf der Bühne wird aufgeräumt, die Jury hat ihre Plätze verlassen. Marie wühlt sich durch die Menge zum Ausgang. Sie sucht Lirim, aber der ist spurlos verschwunden.
    Ob er noch an den Strand gegangen ist in der Hoffnung, sie dort zu treffen? Sie macht sich auf den Weg, ohne sich von Anne zu verabschieden. Sie darf keine Zeit verlieren. Je näher sie dem Strand kommt, desto schneller geht sie. Am Ende rennt sie über den Sand, die Düne hinauf. Atemlos kommt sie an ihrem Stein an.
    Kein Lirim weit und breit.
    Die Enttäuschung ist so heftig, dass Marie die Tränen in die Augen schießen. Aber vielleicht kommt er ja noch. Siesetzt sich in den Sand und wartet. Mit den Händen malt sie ein großes Herz und schreibt M + L hinein. Früher hat sie sich mit Anne immer über die Herzen lustig gemacht, die sie am Strand gefunden haben. »Wie albern ist das denn?«, hat Anne gesagt und Marie war der gleichen Meinung. Unvorstellbar, dass sie mal so etwas machen würden.
    Und nun sitzt sie hier und malt Herzen in den Sand und es fühlt sich gar nicht albern an, es fühlt sich heute vor allem sehr traurig an.
    Anne ist längst im Bett, als Marie das Warten aufgibt und sich auf den Weg nach Hause macht. Was ihr bleibt, ist die Hoffnung auf den morgigen Tag.
    Am Sonntag hat Lirim frei.

10
    »Dancing Queen von Ummanz! Du?« Der Vater will sich ausschütten vor Lachen, als Anne ihm am nächsten Morgen von ihrem Einzug ins Finale erzählt.
    »Ja, warum denn nicht?«, fragt die Mutter und wirft ihrem Mann einen strafenden Blick zu.
    »Na, hör mal, man wird sich