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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Familie, ihren Freunden …«
    »Haben Sie mit ihr darüber gesprochen?«, hakte Jo
nach.
    »Klar hab ich das, aber sie ließ nichts raus, blieb
verschlossen. Kommt das eigentlich an die Öffentlichkeit, was wir hier
besprechen?«
    »Natürlich nicht. Aber verstehen Sie, wir müssen uns
ein möglichst genaues Bild von Tamara und ihrem Umfeld machen, um die Umstände
ihres Todes aufklären zu können. Dabei sind wir für jeden Hinweis dankbar. Ist
Ihnen sonst etwas Außergewöhnliches an Ihrer Schwester aufgefallen? War Sie
beispielsweise häufiger verschwunden? Hatte sie plötzlich neue Freunde, neue
Interessen? Verfügte sie ab einem gewissen Zeitpunkt über mehr Geld, konnte sie
sich mehr leisten?«
    Wieder horchte Philip in sich hinein. »Nun, jetzt, wo
Sie’s sagen …«, begann er zögernd, stockte dann aber.
    »Ja?«, ermunterte ihn Jo.
    »Sie hatte plötzlich Dinge, ich meine, Kleidung, einen MP 3-Player, auch
Schmuck und Kosmetika … da hab ich mich schon gefragt, wovon sie das wohl
bezahlt hat. Die Unterstützung durch unsere Eltern hält sich nämlich in
Grenzen, müssen Sie wissen. Nicht, weil sie sich’s nicht leisten könnten,
sondern ›aus erzieherischen Gründen‹, wie sie es nennen. Ist wohl auch ganz in
Ordnung so.«
    »Wann ist Ihnen das zum ersten Mal aufgefallen?«
    »Weiß ich nicht genau. So ungefähr vor drei, vier
Monaten, schätze ich.«
    »War Ihre Schwester Taucherin?«
    »Das ist auch so etwas, das ich nicht verstehe.
Natürlich hat sie mich ab und zu begleitet. Ich gehe leidenschaftlich gern
tauchen, müssen Sie wissen. Aber es war nicht gerade Tamaras Lieblingssport,
und allein auf einen Tauchgang zu gehen … das wäre sicher das Letzte, was sie
getan hätte. Sie hatte ja nicht mal einen eigenen Taucheranzug. Wissen Sie
etwas über die Ausrüstung, die man bei ihr gefunden hat?«
    »Sie steckte in einem Trockenanzug …«, setzte Jo zu
einer Erklärung an.
    »Ein Trockenanzug? Tamara in einem Trockenanzug?«,
unterbrach Philip sie ungläubig. »Das verstehe, wer will.«
    »Und sie hatte keine Füßlinge an«, setzte Jo noch
einen drauf.
    »Wie … mit nackten Füßen in den Flossen?«
    »Ja.«
    »Das macht keinen Sinn. Sie war zwar alles andere als
eine routinierte Taucherin, aber solche Fehler … nein, das passt nicht zu ihr,
überhaupt nicht.«
    Während er sich einen Reim darauf zu machen versuchte,
wagte Wolf einen neuen Vorstoß: »Herr Hajek, Tamaras Lehrer, hält es für
absolut ausgeschlossen, dass Ihre Schwester Drogen, gar zusammen mit Alkohol,
genommen haben soll. So was traut er eigentlich niemand in der Klasse zu.«
    »Ach, der Hajek …«, meinte Philip wegwerfend und sah
auf den Boden.
    »Wie dürfen wir das verstehen?«, fragte Jo erstaunt.
    »Na, ist doch klar: Jeder Drogenfall wirft immer auch
einen Schatten auf die Lehrer, da leugnen die das Problem lieber. Außerdem …«
Er zögerte.
    »Außerdem?«
    »Na ja … Hajek ist sowieso parteiisch. Läuft jedem
Rock hinterher, und die Mädchen vergöttern ihn auch noch.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass zwischen ihm und Ihrer
Schwester mehr als nur eine Lehrer-Schüler-Beziehung bestand?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber Sie sollten Hajeks Worte
nicht auf die Goldwaage legen, das will ich damit sagen.«
    »Sie sprechen nicht gerade für Ihre eigene Schwester,
wenn ich das so sagen darf«, warf Wolf ein.
    »Ich versuche nur, objektiv zu sein. Schließlich hab
ich nichts davon … wir alle haben nichts davon, wenn ständig nur um den heißen
Brei herumgeredet wird. Das kann vor allem nicht in Ihrem Interesse sein,
schließlich müssen Sie einen Todesfall aufklären – den Tod meiner Schwester,
und der ist reichlich mysteriös, finden Sie nicht?« Er wollte noch etwas
hinzufügen, schluckte es dann aber hinunter. »Brauchen Sie mich noch?«
    »Ja. Wir möchten Sie um eine Liste bitten, auf der die
Namen und Adressen aller Freundinnen und Freunde Ihrer Schwester stehen.
Möglichst auch die außerhalb der Schule. Hatte Ihre Schwester eigentlich einen
festen Freund, ich meine, hatte sie eine Beziehung?«
    »Nein, nicht dass ich wüsste.«
    Wolf überlegte kurz, ehe er Philip eine letzte Frage
stellte. »Würden Sie sich zutrauen, Ihre Schwester zu identifizieren? Wir
könnten sonst auch Herrn Hajek bitten …«
    »Nicht nötig. Das schaff ich schon. Wann und wo?«
    »In der Pathologie im Kreiskrankenhaus. In einer
Stunde.«
    Mit hängenden Schultern schlich Philip davon. Jo
schloss die Tür hinter ihm.
    »Und jetzt,

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