Seeherzen (German Edition)
Sache, über die ich mir bei dir wirklich Sorgen mache – deine Verbindung zu diesem Ort. Bist du bereit, sie für mich zu kappen? Für unsere Söhne, falls wir welche haben sollten?»
Jetzt erst wurde mir klar, wie weit sie das alles bereits in Gedanken durchgespielt hatte, während sie mir so sorglos erschienen war, als akzeptiere sie alles an mir. Ich blickte in ihr nachdenkliches, entschlossenes Gesicht, und ich merkte, dass sie bereit wäre, mich aufzugeben, falls ich ihrer Bitte nicht nachkam – so wichtig war ihr diese Sache.
Ich ergriff ihre Hände. «Natürlich mache ich das», sagte ich. «Sie bedeutet mir nichts, diese verrückte Insel. Ich werde das Haus morgen verkaufen und von dem Geld einen Ring für dich besorgen.»
Sie blickte mir tief in die Augen, erkannte die Ernsthaftigkeit hinter meinem Lächeln und lächelte erleichtert zurück.
Natürlich war es letzten Endes doch nicht ganz so einfach. Niemand in Cordlin wollte ein Haus auf Rollrock kaufen. Die Männer fingen schallend an zu lachen, und die Frauen blickten mich bei der bloßen Erwähnung schief von der Seite an.
«Vor zwanzig Jahren», sagte Tante Ames, «hättest du es vielleicht verkaufen können. Aber niemand möchte mit seiner Familie dort hinziehen, solange die einzigen Frauen dort diese Meerfrauen sind.»
«Ich schätze mal», sagte mein Arbeitgeber Mr. Bryce, «deine einzige Hoffnung besteht darin, selbst zur Insel zu fahren und herauszufinden, ob irgendein junger Mann demnächst heiratet und für dein Haus Verwendung hat.»
«Ich könnte Fisher einen Brief schreiben», sagte ich zu Kitty, «und ihn fragen, ob er sich für mich umhört.»
«Ja, mach das», antwortete sie und widmete sich wieder den Vorbereitungen unseres Verlobungsessens.
Ich schrieb den Brief schnell herunter, ohne ihm große Aufmerksamkeit zu schenken. Zunächst grüßte ich Neepny Fisher, der, wie ich gehört hatte, das Geschäft von seinem Vater Jodrell übernommen hatte, und seine Frau und Familie, dann kam ich zügig zu meinem eigentlichen Anliegen. Erst als ich sah, wie die Wörter in ihrer ganzen Bedeutung von meiner Feder auf das Papier fielen, überkam mich ein leiser Hauch des Zweifels. Ich saß eine Weile einfach nur da und starrte auf sie hinunter, dann fuhr ich mit dem Schreiben fort, bis ich am Ende der Seite und meiner Bitte angekommen war.
Am nächsten Tag brachte ich den Brief zur Post, und als ich mit der Arbeit fertig war, sah ich im Marktbüro vorbei. «Ehefrau in spe?», fragte ich an der Tür.
Kitty blickte von ihren Zahlen auf, lächelte freudig überrascht und wurde ein wenig rot.
«Kann ich kurz mit dir reden?», fragte ich. «Ich stör dich auch nicht lange.»
Sie zog einen Stuhl für mich zu sich heran.
«Ich habe Fisher den Brief geschickt.»
Schlagartig wich alle Fröhlichkeit aus ihrem Gesicht, und sie wurde ganz geschäftsmäßig. «Gut. Wann erwartest du eine Antwort?»
«Vielleicht mit dem Boot am Dienstagabend. Ich bin nicht sicher. Neepny ist möglicherweise nicht so hilfsbereit wie sein Vater. Aber was ich dich noch fragen wollte: In dem Haus stehen zwei Sessel – von meiner Mum und meinem Dad. Ich erinnere mich noch, dass wir sie vor unserer Abreise mit Laken zugedeckt haben. Es ist nicht so, dass sie wertvoll wären, und wahrscheinlich hat es ihnen auch nicht gerade gutgetan, einen Winter und Sommer nach dem anderen unbenutzt da rumzustehen …»
«Kann Fisher sie uns nicht schicken? Kann er sie nicht verpacken und aufs Boot laden?»
«Daran hatte ich auch schon gedacht. Aber dann fiel mir wieder ein, was für ein trampeliger und schmuddliger Kerl Neepny ist, und ich hab mich gefragt, ob es wohl wirklich so eine gute Idee wäre, wenn er sich um die Sessel kümmert. Und dann dachte ich, vielleicht sollte ich mir doch noch mal alles selbst angucken – das alte Haus –, falls es darin sonst noch etwas gibt, das wir für unser gemeinsames Leben brauchen könnten. Außerdem hat sich die ganzen Jahre über niemand mehr um Dads Grab gekümmert. Ich würde gern noch mal hinfahren, glaube ich, um auch in Gedanken ganz damit abzuschließen, verstehst du? Und wenn ich Neepny direkt gegenüberstehe, gibt er sich vermutlich auch mehr Mühe, beim Verkauf einen besseren Preis für mich rauszuschlagen. Ich wäre nur einen oder zwei Tage weg, und danach hab ich mit diesem Ort für immer abgeschlossen. Und wir hätten die beiden Sessel und könnten sicher sein, dass sie vorsichtig hierhertransportiert werden. Ich weiß
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