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Seejungfrauen kuesst man nicht

Seejungfrauen kuesst man nicht

Titel: Seejungfrauen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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er angerast, einen von Lexis Spitzenschlüpfern zwischen den Zähnen, zwei Bänder aus Speichel schwangen von seinen Kinnbacken. Mutter wich zurück wie jemand, der in ein Spinngewebe läuft, als sich die Erscheinung bellend und geifernd auf uns warf und dabei versuchte, den Schlüpfer fest zu halten.
    »Wir verabschieden uns jetzt lieber, Abigail«, sagte sie schließlich. »Hast du alles?« Ich nickte forsch, um sie loszuwerden. »Pass, Geld, Kalaminlotion, Durchfalltabletten«, fuhr sie fort, entschlossen, mich nicht zu verschonen. Mr. Radleys Lippen zuckten.
    »Ja, ja«, sagte ich und schubste sie geradezu die Einfahrt hinauf. Wir umarmten und küssten uns. »Ruf uns mal an, damit wir wissen, dass es dir gut geht«, sagte Mutter. Sie schien den Tränen nahe.
    »Kopf hoch«, hörte ich Vater ihr zuflüstern, als sie ins Auto stiegen. »Sie geht schließlich nicht ins Internat.«
    »Nein, weit davon entfernt«, kam die Antwort, bevor die Autotür zuschlug.
    In der Zwischenzeit war Rad in der Tür erschienen. Er hatte offensichtlich vom Korridor aus alles mitgehört. »Wenn wir das Dach abnehmen, können wir die Gemälde auf den Rücksitz des Spitfire stellen, und du kannst sie fest halten, damit sie nicht hin und her schleudern, während ich fahre.« Rad war inzwischen rechtmäßiger Besitzer eines Führerscheins.
    »Oh, sehr würdevoll«, sagte Mr. Radley und ging mit großen Schritten ins Haus.
    »Hier, Rad, lad das ein«, befahl Lexi, die den Streit für gewonnen hielt. Sie zeigte auf ihre großen Koffer und auf die kleineren von Frances und mir. »Ich muss mich noch umziehen.«
    Inzwischen war Frances mit der Wäsche fertig und hatte sich zu mir und Rad in die Einfahrt gesellt. »Ich nehme an, ich werde die nächste Woche damit verbringen müssen, Dad mit seinen Gemälden durch den ganzen Südosten zu kutschieren«, sagte Rad finster und schmiss die Taschen in den Kofferraum. »Was für eine Zeitverschwendung. Er hat in fünf Jahren noch kein einziges verscheuert.«
    »Keine Sorge«, sagte Frances. »Sie haben für die ganze nächste Woche Regen vorausgesagt.«
    »Psst«, sagte Rad, als man das Geräusch sich nähernder Schritte hörte. Aber es war nur Lexi, für die Reise mit einer weißen Jeans, roten Stiefeln und einem Poncho bekleidet, der aussah, als wäre er aus der Autodecke gemacht, die Growth am wenigsten mochte. Ihre Haare waren im Nacken zu einer Rolle festgesteckt, und eine große Sonnenbrille mit roträndrigen Gläsern verdeckte ihr Gesicht zur Hälfte. Die Autoschlüssel baumelten von ihrem Mittelfinger.
    »Wir fahren jetzt«, rief sie zurück ins Haus. »Wir sehen uns dann in Arras. Pass auf ihn auf«, sagte sie zu Rad.
    Mr. Radley war so anständig, in der Tür zu erscheinen und zu winken, als wir rückwärts aus der Einfahrt fuhren. »Benehmt euch«, war seine letzte Anweisung. Frances wühlte schon in einer Kassettenbox und suchte nach passender Musik. Zwischen uns auf dem Rücksitz lag eine Plastiktüte voller Süßigkeiten, die Cecile Frances für die Reise geschenkt hatte - Lutscher und Brausepulvertütchen und Lakritzpfeifen als wären wir Achtjährige.
    »Tja, Mädels, ich hoffe, ich kann das Französischsprechen euch überlassen«, sagte Lexi und sah in den Rückspiegel. Ich machte mir keine Sorgen. Die Chance, dass Lexi bei irgendeinem Dialog mit offiziellen Stellen im Hintergrund verschwinden würde, bestand nicht, und ihre Kombination aus höflichem, laut und deutlich artikuliertem Englisch und grimmigem Lächeln brachte viel schnellere Ergebnisse als unser stümperhaftes O-Level-Französisch. Die Reise nach Folkestone wurde größtenteils von einem ihrer Vorträge bestimmt. Diesmal ging es um die Vorteile »Vieler« gegenüber »dem Einen«, was Jungs betraf. »Als ich in eurem Alter war, sind meine Freunde und ich immer als Clique ausgegangen - das Geschlecht spielte überhaupt keine Rolle. Wenn einer der Jungs einen Film sehen wollte, sprach er eine Einladung an alle aus, und dann ging eins von den Mädchen vielleicht mit. Es gab nie irgendwelche Paare. Viel besser so.«
    Frances und ich hätten uns glücklich geschätzt, ein halbes Dutzend Jungs zu unseren Bekannten zu zählen. Außer Rad und Nicky gab es nur noch die Bushaltestellenbrigade - die Jungs aus der Boys‘ High, mit denen Frances ununterbrochen flirtete und für die ich ungefähr so interessant war wie ihr Hockeyschläger. Eigentlich weniger interessant, weil man den Hockeyschläger an sich reißen und dazu benutzen

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