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Seejungfrauen kuesst man nicht

Seejungfrauen kuesst man nicht

Titel: Seejungfrauen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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von der wir kein Wort verstanden, auf den Tisch, und wir antworteten mit Nicken und Lächeln und mercis , bis sie sich zufrieden zurückzog.
    Als Lexi eine Stunde später herunter kam, waren wir beide etwas albern. Nicht vom Pastis, den wir beide für ungenießbar befunden hatten - Frances hatte sowieso eine puritanische Abneigung gegen Alkohol sondern von unseren Versuchen, ihn diskret loszuwerden, ohne Madame Orsellys Gefühle zu verletzen. Ihn in die Karaffe zu kippen hatte das Wasser zu unserer Überraschung trübe gemacht, und wir hatten uns darauf verlegt, jedes Mal, wenn die Besitzerin uns den Rücken zuwandte, ein wenig von der Mixtur in eine Vase mit Plastikchrysanthemen in einer Nische hinter uns zu kippen.
    Wir aßen im Hotel von der Sechzig-Franc-Speisekarte zu Abend. Gemischtes Schweinemetzgerfleisch bot die Übersetzung von Charcuterie an. Frances und ich hielten uns an Pastete und Steak, Dinge, die uns gleichzeitig vertraut und fremd waren - die Pastete wurde mit Kartoffelbrei und Essiggurken serviert, und aus dem Steak lief immer noch das Blut in die Pommes frites, obwohl es bien cuit war. Lexi aß Wachteln, Mitleid erregende, runzlige Kreaturen, kaum einen Mund voll Fleisch, und haricots verts so dünn wie Schnürsenkel.
    Lexi bestand darauf, dass wir alle zum Nachtisch Crêpes nahmen, die am Tisch flambiert wurden, obwohl Frances und ich bereits begehrliche Blicke auf die Schokoladencreme geworfen hatten, als sie anderen Gästen serviert wurde.
    »Für mich bitte ohne Alkohol«, sagte Frances streng, als der Küchenchef Amaretto in die Pfanne goss und ihn mit einem Knall anzündete.
    »Mach dich nicht lächerlich«, sagte Lexi. »Man kann nicht in Coca-Cola flambieren. In diesen Mengen schadet Alkohol dir nicht.« Sie hatte zu ihrem Abendessen eine bescheidene halbe Flasche Rotwein getrunken. »Köstlich«, sagte sie, als sie eine tropfende Pfannkuchenecke aufspießt
    »Es ist Gift«, sagte Frances hitzig und versuchte mit Messer und Gabel so viel Flüssigkeit wie möglich aus ihrem Pfannkuchen zu pressen. Erst im Lauf dieses Urlaubs ergab Frances‘ Aversion - die ich vorher für sinnlose Affektiertheit gehalten hatte - sowie vieles andere, das mich an den Radleys verwirrte, langsam Sinn.

22
    Früh am nächsten Morgen setzten wir uns gemütlich hin und planten unseren kurzen Parisaufenthalt. Francés und Lexi hatten die Touristenattraktionen schon gesehen, aber ich nicht, und die Zeit war knapp. Ich wurde aufgefordert, zwei Sehenswürdigkeiten zu nennen. Gegen meine Wahl, den Eiffelturm, legte Lexi ihr Veto ein. Er war langweilig, überbewertet und man sah ihn sich am besten von weitem an. Notre-Dame, meine zweite Wahl, war akzeptabel, aber niemand konnte Paris besuchen, ohne den Louvre zu sehen. Schließlich setzte Lexi uns im Louvre ab, damit wir uns umsehen konnten, während sie einkaufen ging. Sie wies uns an, sie um eins in einem bestimmten Café auf den Champs-Elysées zu treffen. Als wir, von der Galerienrallye mit wunden Füßen, dort ankamen, fanden wir sie mit Lawrence an einem Tisch, eine leere Champagnerflasche zwischen ihnen. Später erklärte Francés mir, dass Lawrence jedes Jahr um diese Zeit in Paris an einer Architektenkonferenz teilnahm und sich regelmäßig mit ihnen traf, obwohl Lexi seine Ankunft als reinen Zufall darstellte. »Schaut, wer hier ist!«, rief sie, als wir uns durch die Tische zu ihnen schlängelten. »Überraschung!«, sagte Lawrence und hob sein Glas. Er trug ein blauweiß gestreiftes Hemd mit einem dunklen Anzug, dessen Jacke über dem Stuhl hing. Mir kam der Gedanke, dass er nicht schlecht aussah - jedenfalls für einen Mann über vierzig. Sein Gesicht war gebräunt; wenn er zu lächeln aufhörte, zeigten sich weiße Fältchen in seinen Augen- und Mundwinkeln, als würde er sich sogar mit einem Lächeln im Gesicht sonnen.
    »Wollen wir irgendwo essen, wo es billiger ist?«, fragte Lexi und sammelte ihre Tüten zusammen, aber Lawrence hielt sie mit einem Wink zurück, rief einen der herumlaufenden Kellner zu sich und bestellte vier Schüsseln Muscheln, Wein und zwei Cola für uns. Ich gewöhnte mich langsam daran, dass Entscheidungen für mich getroffen wurden. Das passierte eben, wenn jemand anders die Rechnung bezahlte.
    »Wie gefällt es dir in Paris, Abigail?«, fragte Lawrence.
    Ich antwortete, dass ich noch nicht einmal einen Tag da sei, aber dass es mir bisher sehr gut gefiele.
    »Ich komme schon seit dreißig Jahren her«, sagte er. »Es ist meine

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