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Seejungfrauen kuesst man nicht

Seejungfrauen kuesst man nicht

Titel: Seejungfrauen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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deinem Alter jeden Samstagabend zu Hause sitzt. Hast du denn keine anderen Freundinnen, die du anrufen kannst? Du könntest jemanden einladen, hier zu übernachten - damit könntest du es Frances zeigen. Was ist mit den Leuten im Orchester? Du musst inzwischen jemanden kennen gelernt haben?« Es war sinnlos, ihr zu erklären, dass meine Reserviertheit ernstere Gründe hatte. Es machte mir nichts aus, einen Abend zu Hause zu bleiben. Ich musste ihn nur hinter mich bringen, und dann wäre es Sonntag, und ich wäre wieder weg.
    In dieser Zeit sah ich viel fern. Dabei wurde ich von Vater unterstützt, der sich vor kurzem eine Fernbedienung angeschafft und eine große Freude an seinem neuen Gerät hatte, das es ermöglichte, sich auf allen drei Kanälen gleichzeitig ausreichende Kenntnisse des Materials anzueignen. Sein ständiges Hin- und Herschalten brachte meine Mutter zur Verzweiflung, die immer eine Weile brauchte, bis sie verstand, was vor sich ging. Wenn man das geringste Interesse an dem zeigte, was auf dem Bildschirm zu sehen war, schaltete Vater sofort um. Die einzige Methode sicherzustellen, dass die Sendung, die man sehen wollte, eingeschaltet blieb, bestand darin, völlige Gleichgültigkeit vorzutäuschen - indem man zum Beispiel eine Zeitschrift in die Hand nahm. Aber Mutter lernte es nie. Sie beugte sich nach vorn oder sagte: »Ooh, gut«, wenn Gardener‘s World auf dem Bildschirm erschien, und klick waren wir mitten in Coronation Street oder Dad‘s Army. Er schien das für ein tolles Spiel zu halten. »Ich hab die Muschel«, sagte er immer, wenn er sich im Sessel niederließ, einen Finger auf dem Knopf wie ein Teilnehmer bei einer Quiz-Show.
    Selbst dieses Opfer meinerseits reichte Nicky nicht aus. Nachdem er seine Leidenschaft für Frances erst relativ spät entdeckt hatte, holte er jetzt die verlorene Zeit nach und missgönnte ihr jede Minute, die sie nicht mit ihm verbrachte. Manchmal kam er mitten in der Woche vom College zu ihr und blieb über Nacht. Rads Zimmer wurde seine offizielle zweite Residenz. An diesen Abenden blieben sie offensichtlich lange auf, denn am nächsten Tag kam Frances immer schlapp vor Müdigkeit in die Schule. Ihr akademischer Ruf war nie schlechter gewesen. Ihre Arbeiten wurden regelmäßig mit Kommentaren wie - Offen gesagt erbärmlich , oder - Nicht bewertet - Ist das ein Witz?, zurückgegeben. Das einzige Fach, in dem sie sich anstrengte, war Englisch, wo sie sich immer seitenweise über Jane Eyre oder The Eve of Saint Agnes ausließ mit der größtmöglichen Zufluchtnahme zu persönlicher Meinung und Erfahrung, und einem Minimum an Textanalyse. Diese Darbietungen wurden von der Lehrerin als Zeichen von Interesse begrüßt, und ihren begeisterten Ausführungen, egal wie zusammenhangslos, wurde jede nur mögliche Ermunterung zuteil.
    »Ich wünschte, Nicky wäre ein bisschen romantischer«, war Frances‘ einzige Kritik.
    »Wie romantisch?«, fragte ich. »Willst du etwa, dass er dir unter deinem Fenster ein Ständchen bringt?«
    »Ja«, sagte sie und sprang voll auf die Idee an. »Ja. Ach, weißt du, ich dachte, er würde mir vielleicht Gedichte schreiben und so.«
    »Das ist ein bisschen viel verlangt, oder? Er ist Zahnarzt in der Ausbildung, kein Dichter. Ich wette, du selbst könntest auch kein Gedicht schreiben.« Ich wusste, dass sie die Herausforderung annehmen würde, doch gegen Ende der Doppelstunde Biologie hatte sie nur ein klägliches Reimpaar produziert: »Nicky Rupp, du machst mich grantig / Bist du denn so unromantisch?« Am nächsten Tag jedoch ließ sie während der Morgenandacht einen zusammengefalteten Zettel in meinen Schoß gleiten. Wir saßen in der ersten Reihe - die jüngeren Schülerinnen mussten im Schneidersitz zu unseren Füßen im Staub sitzen - und ich fühlte mich beobachtet. Während die Direktorin und ihre Stellvertreter den Gang hinuntermarschierten, faltete ich den Zettel im Schutz meines Gesangbuchs auf und las:
    Nicky Rupp, du machst mich grantig; Bist du denn so unromantisch Dass ein Gedicht nichts für dich ist Um mir zu sagen, was du fühlst? Schenk mir eine rote Rose Vergiss Karies und Parodontose! Denk dran, wenn du Zähne ziehst Dass ich es bin, die du doch liebst;
    Lass Fantasiert freien Lauf Nimm Halitosis ruhig in Kauf Hatt in der Hand mal eine Feder Löcher bohren kann doch jeder, Dich muss doch mehr noch interessieren Als immer Zähne zu plombieren.
    Ich schaute Frances von der Seite an, und sie bleckte die Zähne. Ich sah

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