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Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Titel: Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann
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verzichten.«
    Jetzt reicht es mir aber. Meine Geduld ist zu Ende. Zumindest für heute. »Danke für die Blumen! Wenn du jetzt zu Moni gehst, kannst du gleich dortbleiben«, fauche ich, »mitsamt deinen blöden Eins-a-Spermien!«
    »Ich will dir mal was sagen.« Er legt das Staubtuch zur Seite und mustert mich. »Weißt du was? Die Alte spinnt doch komplett. Wie kommt sie überhaupt auf die verrückte Idee, dass du noch schwanger werden könntest? Das ist längst durch bei dir.« Er tippt sich an die Stirn und wendet sich wieder seinen Schuhen zu.
    Ich stehe wie erstarrt da. »Mir wäre es sehr recht, wenn du auf der Stelle deine Sachen packen würdest«, sage ich mit eisiger Stimme.
    Rudolf steht auf, sieht mich bekümmert an. »Was ist denn nur los mit dir, Doreen? Spüre ich da eine gewisse Eifersucht? Warum machst du auf einmal alles so kompliziert?« Er schüttelt den Kopf.
    »Es geht nicht um Eifersucht«, sage ich und betone dabei jedes Wort. »Aber ich möchte nicht, dass du zu Moni gehst.«
    »Na gut, dann sage ich es dir eben gleich.«
    Es folgt eine eindrucksvolle Pause, und ich ahne schon, was ich jetzt erfahren werde: Dass er sich in Moni verliebt habe, es sei natürlich nichts Ernstes, nein, auf keinen Fall, aber ich solle ihm doch bitte seine Freiheit lassen, meine kleinkarierten Besitzansprüche endlich einmal vergessen, schließlich seien wir nicht mal verheiratet ... All die Sprüche, die man zur Genüge kennt.
    »Moni wird mich porträtieren.«
    »Porträtieren«, wiederhole ich völlig verwirrt. »Aber warum denn das?«
    »Es sollte eine Weihnachtsüberraschung für dich werden. Moni hat mich auf die Idee gebracht. Denn für sie ist meine personale Existenz als Mittler zwischen Kunst und Kommerz eine künstlerische Herausforderung, der sie sich auf ganz neuen Wegen stellen will«, doziert er. »Natürlich kein klassisches Porträt, darüber ist Moni schon längst hinaus, ihr schwebt eher ein ästhetisches Konstrukt vor, in der das Individuelle sich mit dem Alltäglichen paart. Verstehst du?«
    Wortlos nicke ich. Das muss ich jetzt erst mal verdauen. Personale Existenz? Ästhetisches Konstrukt? ... Ich kann nicht anders, ich muss lachen, völlig hemmungslos, bis mir die Tränen kommen.
    »Ich werde die nächsten Stunden Modell sitzen, und du wirst mich daran auch nicht hindern.« Rudolf prüft im Spiegel den Sitz seines Hemdes. Mit einem Lächeln dreht er sich zu mir um. »Und jetzt hör mal genau zu, mein Schatz. Wer fährt mit dem Zug durch die ganze Republik? Wer zieht sich in obskuren Restaurants eine Lebensmittelvergiftung zu? Wer schläft nächtelang nicht mehr? Na, wer wohl? Ich hab das alles nur wegen dir auf mich genommen. Und da glaubst du doch nicht im Ernst, dass ich mir jetzt dieses kleine Vergnügen entgehen lasse?«
    »Vergnügen!« Ich spucke das Wort förmlich aus. »Ach, jetzt geht es dem Herrn also ums Vergnügen? Sehr interessant. Damit kommen wir der Sache doch schon näher.«
    Ich bin gerade so richtig in Fahrt, da geht die Küchentür auf, und Frau Blumer will wissen, ob sie vielleicht noch einen Wurstsalat zum Abendessen machen soll. Und ob mit Käse oder lieber ohne. Rudolf würdigt sie keines Blickes, er schiebt mich zur Seite, und krachend fällt hinter ihm die Tür ins Schloss.
    »Ja was isch etzt?« Frau Blumer steht immer noch da und wartet. »Oder wellet Se heit Obed lieber gar nix esse?«
    Ich schaffe es gerade noch zu lächeln. »Gute Idee. Gerne.«
    Frieda sieht mich besorgt an, als ich mich in den Gartenstuhl sinken lasse. »Dorothea, ich bin mir noch unschlüssig, was Rudolf angeht. Wenn du mich fragst ...«
    »Ich frag dich aber nicht!«, falle ich ihr ins Wort. »Tante Frieda, ich möchte auch keinen Rat von dir, begreif das doch endlich. Denk dran, du hast damals versprochen, dass du dich nicht mehr einmischen wirst. Und jetzt halte dich auch bitte daran! Übrigens treffe ich seit einer halben Ewigkeit meine eigenen Entscheidungen, und ich habe auch vor, das in Zukunft so zu halten.«
    Friedas Blick ist anzusehen, wie sehr sie das bedauert. »Natürlich«, murmelt sie schließlich und spielt mit ihrer dreireihigen Perlenkette. »Ich verstehe dich ja.«
    Eine Zeitlang schweigen wir beide. Immer noch ist es schwül, drückend schwül, und ich habe den Eindruck, dass sich ein Gewitter zusammenbraut. Frau Stützle hat – zumindest vorübergehend – ihre Tätigkeit im Garten beendet und sitzt mit ihrem Mann auf der Terrasse, in Sichtweite zwar, aber Gott sei

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