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Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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was sollte sonst nach fast vierzig Jahren so heftige Reaktionen hervorrufen? Ein ernsthaftes Verbrechen, beispielsweise ein Mord?
    »Glaubst du, dass Róberta mit den ehemaligen Heimbewohnern gesprochen hat? Der, mit dem ich eben geredet habe, meinte, ihn hätte niemand kontaktiert, aber vielleicht hat sie ja mit anderen gesprochen.«
    »Nein«, sagte Diljá und wirkte enttäuscht, nicht weiter über Róbertas unheimliches Verhalten sprechen zu können. »Ganz sicher nicht. Das hätte ich mitgekriegt, sie hat mir immer erzählt, wohin sie ging, wenn sie mal wegmusste. Als ob mich das interessiert hätte …« Sie nahm ihre Kaffeetasse und schaute hinein. »Die Scheißtasse ist undicht.« Dann blickte sie wieder zu Óðinn. »Aber sie hat mit Mitarbeitern gesprochen. Mit einem oder zweien oder sogar mehreren.«
    »Weißt du, mit welchen? Ich finde in den Akten so gut wie nichts über die Mitarbeiter.«
    Diljá schüttelte den Kopf.
    »Nein, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass sie es gemacht hat. Sie meinte, sie wollte auf der richtigen Seite anfangen. Wahrscheinlich waren diese Jungen unter ihrer Würde. Auch wenn es heute alte Männer sind.«
    »Oder sie hatte Angst vor ihnen.«
    Óðinn ging ein paar Schritte durch den Raum, drehte sich aber noch einmal um und sagte:
    »Bitte entschuldige, ich habe mich eben total blöd verhalten.«
    »Wahnsinn, ein Mann, der sich entschuldigt«, sagte Diljá und legte den Kopf schief, so dass Óðinn schon fürchtete, sie hätte es auf ein Date mit ihm abgesehen. Oder es hoffte. Da war er sich nicht ganz sicher. Aber sie fügte nichts mehr hinzu. Óðinn nickte ihr zu und ging weiter, doch nach ein paar Schritten rief sie seinen Namen, und ihr Kopf tauchte über der Trennwand auf.
    »Weißt du, warum ich den Stuhl ausgetauscht habe?«
    Óðinn schüttelte den Kopf.
    »Weil er keine Ruhe gegeben hat. Dass ich ihn Denni gegeben habe, war nur ein kleines Extra. Ich konnte den Stuhl nicht mehr ertragen. Er hat die ganze Zeit geknarrt, als würde Róberta noch darauf sitzen, und ist in der Box hin- und hergerollt. Echt mysteriös, ich sage es dir.« Dann verschwand ihr Kopf ohne weitere Kommentare.
    Óðinn seufzte. Als er wieder auf seinem Platz saß, konnte er sich kaum konzentrieren und musste immer wieder zu Denni spähen, der auf dem Stuhl saß, den Diljá ihm untergeschoben hatte, aber dort war nichts Verdächtiges zu sehen. Schließlich schaltete Óðinn den Computer aus und verließ mit Rún das Büro, eine Stunde früher als geplant.
    Als sie, jeder mit einem Becher Eis vor sich, in der Stadt saßen, fühlte er sich endlich gut.
    »Ich glaube, sie ist in dich verknallt«, sagte Rún und leckte Schokoladensoße von ihrem Löffel.
    »Wer?« Óðinn suchte in seinem Becher vergeblich nach weiteren Schokoladenstückchen, aber das Eis war zu einer einzigen Matschsoße geworden, und er schob den Becher weg.
    »Die Frau bei dir im Büro, Diljá.«
    »Nein, das ist ein Missverständnis.«
    »Doch, klar. Sie hat total viel über dich gefragt. Ob du eine Freundin hättest und so. Klar ist die verknallt in dich.« Rún war ebenfalls satt und schob ihren Eisbecher in die Mitte des Tisches. »Und was wird aus mir, wenn du sie heiratest? Ich will keine neue Mutter. Darf ich dann zu Onkel Baldur ziehen?«
    Óðinn nahm Rúns Hand. Ihre Finger waren kalt und ein bisschen klebrig vom Eis.
    »Ich heirate Diljá nicht, Rún, ganz bestimmt nicht. Niemand will dich abschieben, mach dir da mal keine Sorgen.«
    »Und wenn du stirbst? Was dann? Darf ich dann zu Onkel Baldur? Ich will auf keinen Fall zu Oma.«
    »Ich sterbe nicht. Das dauert noch ganz lange. Dann wirst du selbst schon eine Oma sein, und ich hoffe für dich, dass du dann nicht mehr bei mir wohnst.«
    Sie beobachteten schweigend, wie eine halbe Eiswaffel langsam an den Rand des Eisbechers sank. Am Ende glitt sie ganz in den Becher hinein und verschwand in dem geschmolzenen Eis. Ihre Blicke trafen sich, und in Rúns Gesicht spiegelte sich Trauer, die nicht von Angst, sondern von Gewissheit herrührte.
    »Was hast du auf dem Bild mit dem Auto gemalt, Rún?«, fragte er so behutsam wie möglich.
    »Zwei Jungen.« Sie senkte den Blick und starrte auf die weiße Tischplatte. »Zwei Jungen, die in einem Auto sterben. Manche Leute sterben so. Sie kriegen keine Luft mehr.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich weiß es nicht. Ich hab Mama beim Fallen gemalt und dann diese Jungen. Ich will nichts Fröhliches malen. Ich versuche es immer, aber es

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