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Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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schmerzten, und atmete dann ganz langsam wieder aus. Das war wohl nicht ihr Tag.
    »Ich kann nicht mit Ihnen sprechen. Ich darf nicht ans Telefon gehen. Sie müssen mit Veigar sprechen, und der ist im Augenblick nicht hier.«
    Einen Moment lang blieb es still am anderen Ende der Leitung, doch dann sprach die Frau weiter, diesmal viel drängender als bei ihrem letzten Telefonat:
    »Sie haben doch gesagt, ich könnte anrufen. Ich habe es letzte Woche versucht, zu der Zeit, die Sie mir gesagt haben, aber da hat niemand geantwortet. Stimmt etwas nicht? Hat sich etwas geändert?«
    »Nein, nein, nichts«, sagte Aldís kurz angebunden, aus Angst, wieder in den Modus der freundlichen, zuvorkommenden Aldís zu fallen. Das ging jetzt nicht, sie hatte schon genug mit ihren eigenen Problemen zu tun.
    »Irgendwas stimmt nicht, das höre ich doch. Ist Einar etwas zugestoßen?«
    »Es ist alles okay. Ich darf nur nicht telefonieren.« Aldís überlegte, einfach aufzulegen, so wie vorhin. Doch dann wäre die Frau womöglich eingeschnappt, würde Veigar informieren, sich beschweren und dann würde er erfahren, dass sie sein Telefon beantwortete. »Wirklich, es ist alles okay.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja, bin ich.« Natürlich stimmte das nicht ganz. Mit Einar war überhaupt nichts okay. Aber das hatte weniger mit dem Heim zu tun. »Sagen Sie mir eins.«
    »Was?«
    »Warum ist Einar hier? Was hat er verbrochen?«
    Wieder schwieg die Frau, und Aldís konnte sie atmen hören.
    »Er hat einen Fehler gemacht. Einen schlimmen Fehler«, sagte sie dann.
    »Was hat er gemacht?«, fragte Aldís erwartungsvoll.
    »Darüber kann ich nicht sprechen, tut mir leid. Ich würde es Ihnen sagen, wenn ich könnte, aber ich darf es nicht.«
    »Wer verbietet Ihnen das denn? Einar?«
    »Nein, nicht Einar«, antwortete die Frau nervös, und Aldís hätte sich nicht gewundert, wenn sie aufgelegt hätte.
    »Warum ist er älter, als die anderen Jungen hier? Müsste er mit fast neunzehn nicht im Gefängnis sein, wenn er etwas verbrochen hat?«
    »Das kann ich nicht beantworten. Ich kann es einfach nicht«, flüsterte sie. »Grüßen Sie Einar von mir. Sagen Sie ihm, dass ich Eyjalín getroffen habe. Sie ist immer noch sehr krank. Er kann froh sein, dass er zurzeit nicht zu Hause ist.« Die Frau machte eine Pause, um Aldís die Gelegenheit zu geben, etwas zu sagen, und fügte dann hinzu: »Bitte tun Sie mir diesen Gefallen.« Sie wartete nicht auf eine Antwort und legte auf.
    Aldís ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, um auf andere Gedanken zu kommen. Warum hatte sie sich nicht einfach freigenommen? Es wäre kaum schlimmer gewesen, alleine mit ihren Gedanken im Bett zu liegen. Neugierig spähte sie über Veigars Regale, sah aber nichts Interessantes. Nur Papierkram, Aktenordner und ein paar religiöse Devotionalien. Am liebsten hätte sie ganzen Kram zerschmettert und zertrampelt.
    Doch dann ging ihr plötzlich ein Licht auf.
    Es war niemand im Haus, und Veigar und Lilja würden bei dem Wetter nicht rüberkommen. Vielleicht fand sie hier Antworten auf ihre Fragen. Eine solche Gelegenheit kam so schnell nicht wieder. Meistens steckte einer der beiden die Nase durch die Tür, um zu kontrollieren, ob sie auch wirklich arbeitete. Jetzt hatte sie Zeit, in den Unterlagen zu stöbern. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, zog Aldís einen dicken Ordner aus dem Regal. Sie blätterte ihn durch und merkte schnell, dass sie darin nicht das fand, was sie suchte. Quittungen und Kaufverträge, von denen viele uralt waren und nichts mit der Führung des Heims zu tun hatten. Die nächsten drei Ordner waren ähnlich, nur uninteressanter Papierkram. Aldís verstand nicht, warum Veigar ihn aufbewahrte. Jede Menge Briefe von Ministerien und Behörden, die alle im selben Beamtenlatein geschrieben waren. Demnach war das Erziehungsheim eine Art Stiefkind, das es geben musste, von dem man aber möglichst wenig hören wollte. In dem fünften Ordner befanden sich Mahnungen und Inkassobriefe. Aldís klappte ihn zu – solange sie ihr Gehalt bekam, wollte sie darüber nichts wissen.
    Beim siebten Ordner wurde sie plötzlich hellwach. Er war mit den Jahreszahlen des laufenden und des letzten Jahres gekennzeichnet und mit Trennstreifen unterteilt. Auf jedem Streifen standen die Initialen eines Jungen. Aldís schlug den Ordner bei der Markierung EA auf, Einar Allen. Dahinter befand sich nur ein Blatt, ein Brief, der kein Amtsbrief zu sein schien. Aldís fing an zu lesen und

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