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Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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Erzählungen anderer, die noch übertriebener waren als Pyttis. Óðinn wusste überhaupt nicht, was er davon halten sollte.
    »Ich hätte gerne die Erlaubnis, Róbertas Computer durchzusehen, ihre E-Mails und so weiter. Vielleicht finde ich dort was. Möglicherweise hat sie die Unterlagen eingescannt und nur nicht am richtigen Ort gespeichert«, sagte Óðinn, der sich immer noch nicht getraut hatte, Heimir von den Drohmails zu erzählen.
    Heimir machte ein unglückseliges Gesicht, versprach aber, ihm die Erlaubnis zu besorgen.
    Anstatt zurück an seinen Arbeitsplatz zu gehen und zum hundertsten Mal die Unterlagen durchzulesen, die er schon fast auswendig konnte, wollte Óðinn noch ein letztes Mal abchecken, ob er bei Róberta etwas übersehen hatte.
    »Warum warst du nicht beim Meeting?«, fragte er Diljá, als er sich auf Róbertas Stuhl setzte und damit zu dem Schubladenschrank rollte, der unter dem Schreibtisch stand. Die Teilnahme am Meeting war Pflicht, und er hatte geglaubt, Diljá sei krank.
    »Ich hatte einfach keinen Bock.« Diljá war aufgestanden und schaute über die Trennwand zu Óðinn. »Ich weiß, dass du dichthältst, und wenn Heimir mich fragt, sage ich einfach, ich hätte auf einen wichtigen Anruf gewartet. Ich hoffe nur, er fragt nicht, von wem.«
    »Sag einfach vom Frauenarzt. Dann stellt er bestimmt keine weiteren Fragen.« Óðinn zog die Schubladen auf und wühlte darin herum. »Weißt du, ob Róberta Arbeit mit nach Hause genommen hat?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Hast du sie nie mit einer Tüte mit Aktenordnern oder so gesehen?«
    »Natürlich hatte sie manchmal eine Tüte dabei. Wer hat nicht ab und zu eine Tüte dabei?«
    Óðinn schaute von der Schublade hoch, in der er gerade kramte, sah Diljá scharf an und erntete dafür ein ironisches Lächeln. Und einen dermaßen intensiven Parfümgeruch, dass seine Nase juckte.
    »Ich meinte, ob sie vielleicht mit einer leeren Tüte gekommen und mit einer vollen wieder nach Hause gegangen ist. Oder mit einem Karton.«
    »Ich bin kein Tütenkontrolleur, falls du das meinst. Sie hätte morgens mit hundert leeren Tüten kommen, etwas reintun und sie wieder mit nach Hause nehmen könne, ohne dass ich es gemerkt hätte. Róberta war meistens vor mir hier und ist nach mir gegangen.«
    Diljá lächelte, diesmal allerdings freundlich. Plötzlich fand Óðinn ihr Parfüm gar nicht mehr so schlecht. Sie schien es zu registrieren und schloss genießerisch die Augen, so dass ihre tiefschwarzen Wimpern auf ihre helle Haut trafen.
    Óðinn schaute weg.
    »Mist, was hat sie nur mit dem Zeug gemacht? Da fehlen definitiv Unterlagen«, sagte er und ließ seinen Blick über die Fotos an der Wand schweifen, als erwarte er, dort ein Geheimfach zu finden. Etwas irritiert ihn, etwas, das er übersehen hatte. Das war natürlich auch der Grund, warum er so oft Róbertas Box durchsuchte. Jedenfalls hatte er es bestimmt nicht darauf abgesehen, mit Diljá zu flirten.
    Als sie weitersprach, war sie auf einmal ganz reserviert und sachlich:
    »Wie geht es deiner Tochter?«
    »Gut«, antwortete Óðinn so beiläufig wie möglich, während er mit den Fingern auf die Tischplatte trommelte. Er wich ihrem Blick aus, musterte die Wand und blieb an dem Foto von den Jungen hängen, das Rún so unheimlich gefunden hatte. Und sie hatte recht, dieses verdammte Bild hatte etwas Bedrohliches.
    »Ein wirklich nettes Mädchen, deine Tochter.«
    »Ja, das ist sie.« In diesem Moment fiel Óðinns Blick auf einen Schlüssel, der an einem Haken zwischen zwei Bildern hing. Er nahm ihn ab. Es war ein ganz normaler ASSA-Schlüssel, der auf jede Tür hätte passen können. Außer die Bürotüren natürlich, die Elektroschlösser hatten. »Weißt du was über diesen Schlüssel?«
    »Ja, das ist Róbertas Ersatz-Wohnungsschlüssel. Sie hat ihn hier aufbewahrt, nachdem sie sich selbst zweimal kurz hintereinander ausgesperrt hatte.«
    Óðinn starrte den Schlüssel in seiner Hand an. Hatte ihn das irritiert? Hatte sein Unbewusstes den Schlüssel registriert und von ihm verlangt, herauszufinden, wozu er gehörte? Wohl kaum.
    »Wo hat sie denn gewohnt?«, fragte er.
    »Im Kleppsvegur. Warum fragst du?«
    »Ach, nur so. Das ist Quatsch. Natürlich ist da nichts. Wahrscheinlich ist da schon längst jemand Neues eingezogen, oder?«
    »Keine Ahnung, es gibt nur einen Weg, das herauszufinden«, antwortete Diljá eifrig. »Komm, das checken wir. O Mann, mir ist alles lieber, als hier zu sitzen. Endlich

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