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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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nicht aus der Fassung bringen lassen sollen, sie war ganz offensichtlich nicht der Typ, der gemütlich irgendwohin fuhr. Trotzdem … ich hielt weiterhin nach ihr Ausschau.
    Ich war im Westen am Meer gewesen, hatte die schöne kalifornische Küste in nördlicher und südlicher Richtung abgefahren, aber nach Osten war ich noch nie gereist. Bald war ich von den kahlen Bergen und Felsen umgeben, die bereits Vorboten der leeren, öden Wüste waren.
    Es war ungemein entspannend, die Zivilisation hinter sich zu lassen. Die Einsamkeit hätte mir eigentlich nicht so willkommen sein dürfen. Seelen waren gesellig. Wir lebten gemeinsam, arbeiteten gemeinsam und entwickelten uns in Harmonie miteinander weiter. Wir waren alle gleich, friedlich, freundlich, ehrlich. Warum fühlte ich mich besser, wenn die Meinen nicht in der Nähe waren? War Melanie dafür verantwortlich?
    Ich suchte nach ihr, aber sie war weit weg und träumte in meinem Hinterkopf vor sich hin.
    So gut war es noch nie gewesen, seit sie wieder angefangen hatte zu sprechen.
    Die Kilometer flogen nur so dahin. Die dunklen, schroffen Felsen und die staubigen, mit Gestrüpp bedeckten Ebenen zogen in monotoner Eintönigkeit an mir vorbei. Ich merkte, dass ich schneller fuhr, als ich eigentlich wollte. Es gab hier nichts, worauf sich meine Gedanken konzentrieren konnten. Geistesabwesend überlegte ich, warum die Wüste in Melanies Erinnerungen so viel bunter, so viel verlockender war. Ich ließ meine Gedanken neben ihren hergleiten und versuchte zu erkennen, was so besonders an diesem einsamen Ort war.
    Aber sie sah nicht das karge, tote Land, das uns umgab. Sie träumte von einer anderen Wüste, zerklüftet und rot, einem magischen Ort. Sie versuchte nicht, mich auszuschließen. Meine Anwesenheit schien ihr noch nicht einmal voll bewusst zu sein. Ich fragte mich erneut, was ihr Rückzug zu bedeuten hatte. Aber ich spürte keinen Gedanken an einen Angriff. Es fühlte sich eher wie die Vorbereitung auf das Ende an.
    Sie lebte in ihrer Erinnerung an einem glücklicheren Ort, als wollte sie sich verabschieden. Es war ein Ort, den ich bisher nicht zu sehen bekommen hatte.
    Da war eine Hütte, eine improvisierte Behausung, in einen Spalt des roten Sandsteins gezwängt und gefährlich nah an der Kante zum Abgrund. Ein unwirklicher Ort, weit entfernt von jeglichem Weg oder Pfad, an einer scheinbar unsinnigen Stelle. Ein karger Ort ohne irgendwelche Annehmlichkeiten der modernen Technik. Sie erinnerte sich daran, wie sie neben dem Becken, an dem man Wasser aus dem Boden pumpen konnte, gelacht hatte.
    »Besser als Rohre«, sagt Jared. Die Falte zwischen seinen Augen vertieft sich, als er seine Brauen zusammenzieht. Mein Gelächter scheint ihn nervös zu machen. Hat er Angst, dass es mir nicht gefällt?
    »Nichts, dem man folgen könnte, kein Hinweis darauf, dass wir hier sind.«
    »Ich find’s wunderbar«, sage ich schnell. »Es ist wie in einem alten Film. Einfach perfekt.«
    Das Lächeln, das eigentlich nie aus seinem Gesicht verschwindet - er lächelt sogar im Schlaf -, wird breiter. »Die unangenehmen Seiten kommen in den Filmen allerdings nicht vor. Los, kommt, ich zeig euch die Latrine.«
    Ich höre, wie Jamies Gelächter durch den engen Canyon hallt, als er vor uns her rennt. Seine schwarzen Haare hüpfen im Takt mit seinem Körper. Er hüpft jetzt andauernd, dieses dünne Kind mit der sonnengebräunten Haut. Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie viel Gewicht auf diesen schmalen Schultern gelastet hat. Seit Jared bei uns ist, hat er wieder unglaublich viel Energie. Der ängstliche Ausdruck ist aus seinem Gesicht verschwunden und ein Grinsen ist an seine Stelle getreten. Wir sind beide deutlich zäher, als ich es uns zugetraut hätte.
    »Wer hat das hier gebaut?«
    »Mein Vater und meine großen Brüder. Ich habe ihnen ein bisschen geholfen oder sie wohl eher behindert. Mein Vater zog sich gern ab und zu hierher zurück. Und er kümmerte sich nicht groß um Konventionen. Er hat sich nie die Mühe gemacht herauszufinden, wem das Stück Land hier eigentlich gehörte, oder Genehmigungen einzuholen oder solchen überflüssigen Kram.« Jared lacht und legt dabei den Kopf in den Nacken. Die blonden Strähnen in seinem Haar reflektieren das Sonnenlicht. »Offiziell existiert dieser Ort hier gar nicht. Praktisch, was?« Scheinbar ohne darüber nachzudenken, streckt er den Arm aus und nimmt meine Hand.
    Dort, wo er mich berührt, glüht meine Haut. Es fühlt sich auf eine nie

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