Seelenasche
blies den Rauch seiner Zigarre aus. »Die Unterlagen, Ihren Eintritt in die Geschäftsleitung betreffend, hält Frau Ekimova für Sie bereit. Füllen Sie die bitte sorgfältig aus.« Er reichte ihm eine Visitenkarte, auf der nur die Nummer eines Mobiltelefons unter seinem Namen abgedruckt war. »Unter dieser Nummer können Sie mich jederzeit erreichen. Sie weiterzugeben, ist strengstens untersagt! Und auch Sie â bitte rufen Sie mich unter dieser Nummer nur an, wenn es wirklich nicht mehr anders geht.«
13
Als sie wieder drauÃen waren und die Sonne, die im frisch gefallenen Schnee tanzte, sie blendete, fasste Daniela ihn besorgt am Arm, hielt ihn an und fragte:
»Na? Und?«
Jordan aber legte ihr nur einen Finger auf den Mund und fragte geheimnisvoll lächelnd zurück:
»Hast du irgendwas zu Hause, womit wir anstoÃen können?«
»Eine Flasche Gin, die noch fast voll ist«, erwiderte Dida.
»Das müsste reichen.«
Auf der Fahrt nach Mladost schwiegen sie. Am Steuer seines mehr als fünfzehn Jahre alten VW fiel Jordan erst so richtig auf, wie viele teure Pkws sich auf den StraÃen von Sofia bewegten. Die nervtötende Blechlawine, die sich auf der UmgehungsstraÃe voranwälzte, hatte den Neuschnee in schmutzigen Matsch verwandelt, aber auch das provozierte Jordan nicht, sein Schweigen zu brechen. Als sie Danielas Wohnung betraten, schlug ihnen wie immer um diese Jahreszeit Kälte entgegen, denn der Wasserdruck in den Heizkörpern reichte nur bis zur zwölften Etage. Dafür war der Ausblick aufs Gebirge umso schöner hier oben. Während er Gin in zwei Gläser goss, konnte Jordan nicht anders, als zu denken: Wenigstens darin sind Dida und Eduard Toschev gleich gut bedacht. Sie stieÃen an.
»Nu komm, spuckâs endlich aus«, konnte Dida sich nicht länger beherrschen.
»Trink erst mal«, erwiderte er, »du weiÃt doch: Eine betrunkene Frau ist ein Engel im Bett.«
»Dreckskerl!«
Jordan knöpfte ihre silbergraue Bluse auf und begann, Didas kleine, feste Brüste zu streicheln. Sie erschauerte. Er zog sie aus mit jener Ungeduld, mit der man nach einer langen, aufreibenden Dienstreise nach Hause zurückkehrt. Vor Kälte hatte sie Gänsehaut am ganzen Körper. Er mochte diesen mageren Körper mit der seidigen Haut, mochte Didas wuscheliges Haar, das krause, feuerrote Dreieck unterm Bauchnabel. Er mochte auch, wie ihre Finger und ihre Lippen ihn berührten, die Kühle ihres Leibes, der sich im Nu erhitzte, die satten Bewegungen ihres Beckens, das Dunkel ihrer Augen, in denen sich das Dunkel ihres SchoÃes zu spiegeln schien, bis das Licht ihrer Vereinigung aufging. Aufging, aufleuchtete und brach. Abflaute in das schmerzliche Glück, den glücklichen Schmerz der Hingabe. Als sie ihren Kopf an seine Brust gekuschelt hatte, sagte sie schmollend:
»Und, sagst du es mir jetzt? Sag es mir oder ich gehe. Für immer!«
Leise, als könne jemand Böser neiderfüllt hören, was er sagte, berichtete er ihr, was sich im Büro Eduard Toschevs abgespielt hatte.
»Also das war es, was du da Hochwichtiges bei Toschevs Sekretärin vollgekrakelt und unterschrieben hast?«
»Jawoll! Du hast die Ehre, dieses Bett mit dem neuen Programmdirektor von Alphavision zu teilen.«
»Hab ich dir schon gesagt, dass du ein Dreckskerl bist?«
»Ja, aber erst einmal.«
»Und schleppst du mich mit rüber, Dreckskerl?«
»Wenn du aufstehst und mir sofort ein Nackenkotelett in die Pfanne haust, überleg ichâs mir.«
»Hab kein Fleisch da, nur Käse, Fischkonserven und den Rest Gin. Nimmst du mich trotzdem mit?«
In ihrer Frage schwang etwas mit, was keinesfalls nur den Wechsel des Arbeitsplatzes betraf, sondern sie als Frau. Jordan spürte ihre Wärme mit dem Hauch von Meeresbrise, unendlicher Weite, liebender Frau. Die Finger ihrer linken Hand hatten sich in sein Haar gewühlt. Er stützte sich auf den Ellbogen, schaute ihr in die Augen, in denen der fliederfarbene Widerschein der Dämmerung spielte, und wusste: Wenn er jetzt nicht mit einer überraschenden Geste auf sie zukam, würde er sie verlieren, für immer verlieren. Scham befiel ihn, aber â wovor?
»Was hältst du davon, dass wir heiraten?« Mit dieser Frage überraschte er sogar sich selbst. Dida aber fuhr zusammen, als hätte er sie geohrfeigt. Ihr Körper erstarrte,
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