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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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meiner Kirche nichts zu suchen!« Er stellte die Spitzhacke, die sie sich aus dem Werkzeugschuppen am Friedhof geliehen hatten, nieder und wischte sich den Schweiß ab. »Kein Mensch kommt freiwillig zum Gottesdienst, solange dieses Ding hier direkt am Eingang steht.«
    »Dann müßten Sie auch diese unheimliche Inschrift über der Kirchentür entfernen.«
    Pierre nickte und schob sich die Ärmel hoch. » Terribilis est locus iste ... dieser Ort ist schrecklich. Das klingt ja wirklich nicht besonders einladend. Und dabei haben wir in der nächsten Woche die erste Taufe.«
    »Ich hab’ Ihnen ja gesagt ... wenn das Pfarrkomitee mit Ihnen zufrieden ist, dann kommen auch die Leute aus dem Dorf zu Ihnen, vorher nicht!«
    »Dann wollen wir mal hoffen, daß sie der Blitzeinschlag in die Villa nicht wieder verscheucht. Aberglaube und Teufelszeug sind den Leuten einfach nicht auszutreiben.«
    »Was sollen eigentlich die ganzen Zettel an der Wäscheleinein der Küche?« ächzte sie, als sie mit aller Kraft an der lebensgroßen Steinfigur zog. »Wie soll ich denn da richtig saubermachen?«
    »Das sind einige Listen vom Dachboden der Villa. Das Feuer hat sie überall in der Gegend verteilt.« Er setzte seine Hacke als Hebel zwischen die Kirchenwand und den Rücken der Statue. »Aber das erkläre ich Ihnen später.«
    »Sie bewegt sich!« jubelte Marie und stemmte sich mit Leibeskräften gegen das Kinn der häßlichen Fratze.
    »Jetzt! Jetzt!« Pierre biß die Zähne zusammen und zog mit letzter Kraft am Stiel des Hebels. »Achtung! Sie fällt um!«
    Beide machten einen Satz zurück, als der steinerne Koloß langsam vornüberkippte und krachend auf die Fliesen des Kirchenbodens knallte.
    »Schön! Und wie kriegen wir das Ding jetzt hier raus?« flüsterte Marie. Sie war eiligst zur Kirchentür getippelt und sah hinaus. »Kein Mensch zu sehen!« Sie schob ihren Kopf noch ein Stück weiter aus der Tür. »Es hat sogar aufgehört zu qualmen!«
    »Bedanken Sie sich bei unserem Herrgott!« Pierre hatte sich niedergekniet, um sich die Rückseite dieses Dämons Asmodi genauer anzusehen. »Ohne diesen Regen wäre wohl das ganze Haus niedergebrannt. Und mein Pfarrhaus auch. Dann wäre ich jetzt obdachlos.«
    »Den kriegen wir hier doch niemals raus«, unkte Marie, die Hände in ihren Hosentaschen vergraben.
    Sie schien überhaupt nur Hosen zu besitzen. Pierre sah zu ihr hoch. »Fällt Ihnen irgend etwas Schlaues zu diesem Asmodi ein, Frau Archäologin?«
    »Wenn Sie es genau wissen wollen ...«, sie zögerte, »... dann haben wir gerade den König der Dämonen vom Sockel gestoßen».
    Pierre erhob sich und stützte sich auf dem Hackenstiel ab. »Wie meinen Sie das?«
    »Soweit ich weiß, war er für die Rabbiner – na, Sie wissen schon, diese jüdischen Schriftgelehrten«, Pierre nickte und lauschte gespannt, »... der König der Dämonen. Einer alten jüdischen Legende zufolge war er«, sie deutete verschüchtert auf die von ihnen so respektlos malträtierte Figur, »der Erbauer des Tempels in Jerusalem.«
    »Rabbiner? Jerusalem?« Mal abgesehen davon, daß sie ihn mächtig beeindruckt hatte, verwirrte ihn ihre Erklärung jedoch mehr, als daß sie Licht ins Dunkle brachte. »Und was macht dieser Kerl dann hier in meiner Kirche und vergrault mir meine Herde?« Unwillig gab er der zu ihren Füßen liegenden Statue einen Tritt.
    Marie zuckte mit den Schultern. »Mehr weiß ich über diesen Dämon auch nicht.«
    »Warten Sie!« Pierre durchzuckte es wie ein Blitz. Aufgeregt kramte er in einer Tasche seiner Soutane. »Sehen Sie sich das an!« Er zog die Kette mit dem Anhänger heraus, die er im ausgebrannten Haus des Totengräbers hinter dem Kreuz gefunden hatte.
    »Hm! Ist das nicht seltsam?« murmelte sie, während sie den Anhänger sorgsam betrachtete. »Zwei ineinander verschlungene Davidsterne? So etwas habe ich noch nie gesehen! Wo haben Sie die Kette her?«
    »Vom Totengräber. Was aber noch interessanter ist«, Pierre strich sich über sein Kinn, »... ich habe dieses Zeichen schon mehrere Male gesehen.«
    Marie spielte immer noch fasziniert mit dem goldenen Anhänger und ließ ihn in einem Sonnenstrahl hin- und herpendeln, der durch ein Fenster der Kirche hereinfiel.
    »Auf dem Grabstein, der mich auf dem Friedhof in der Grube fast ins Jenseits befördert hätte, war genau dasselbe Zeichen eingemeißelt. Aber ... das werden wir leider nicht mehr nachprüfen können, so tief, wie der im Schlamm steckt.« Er kratzte sich am Kopf.

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