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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Zacharias hörte trotzdem ihre Stimmen, wie das Brausen eines Sturms tief im Wald oder wie das Donnern eines Wasserfalls hinter dem nächsten Bergrücken. Es war wie Statik im Space-Äther, eine Störung seines Radars, ausgelöst und geschaffen von den Gedanken und Gefühlen all dieser Traveller und Legaten. Für einen Moment kroch fast so etwas wie Panik in ihm hoch, und er befürchtete, den von Lily beschriebenen Transferknotenpunkt in all diesem weißen Rauschen nicht finden zu können.
    »Zach?«, fragte Florence.
    Er räusperte sich. »Hört mir zu!«, rief er. »Niemand von euch darf seinen Namen nennen. Ihr wisst, wen ich meine. Versucht, ihn nicht einmal zu denken. Wir sind nur sicher, wenn er den Weg zu uns nicht findet.« Es nützte nichts, wusste Zacharias. Es waren zu viele, und der Versuch, etwas nicht zu denken, war praktisch eine Garantie dafür, dass man es dachte, eher früher als später. Und irgendwann würde jemand den Namen nennen und damit eine Verbindung zu Salomo schaffen, der ihre Seelen im Space berührt hatte und ihr Aroma kannte, wie es im Jargon der Traveller hieß. Es ließ sich nicht vermeiden. Aber die Aufforderung, diese Warnung … Sie gehörte dazu, vervollständigte das Bild. »Ihr müsst mir helfen. Diejenigen von euch, die wissen, was es mit Reisen im Space auf sich hat … Konzentriert euch wie auf eine Interface-Verbindung, wie beim Kontakt mit einem Therapeuten.«
    »Was redest du da?«, fragte der stämmige Mann und mus terte ihn argwöhnisch. Vermutlich stammte er nicht von der Erde.
    Weitere Stimmen wurden laut, und Zacharias hob die Hände. »Alle anderen können helfen, indem sie still sind! Flüstert nicht einmal! Keinen Laut will ich von euch hören!«
    Es wurde so still, dass man das leise Knirschen von Glassplittern unter unruhigen Füßen hören konnte.
    Ich sehe dich, ich höre dich, ich weiß, wohin du gehst. Wenn ich hier fertig bin, komme ich zu dir und auch zu Florence.
    O nein, dachte Zacharias. Das wirst du nicht.
    Er senkte die Lider und öffnete die Augen in seinem Innern, stellte sich vor, gelähmt in einem Rollstuhl zu sitzen, gefangen in einem schwachen, gebrechlichen Körper, angeschlossen an ein Interface-System, das ihn nicht nur mit Florence verband, sondern auch mit anderen Travellern und Therapeuten, mit einer Gruppe so groß wie nie zuvor. Er erinnerte sich an die Sehnsucht nach einem starken, kräftigen, gesunden Körper, der ihn nicht im Stich ließ. Diese Sehnsucht hatte maßgeblich dazu beigetragen, dass es ihm von Anfang an leicht gefallen war, die Tür zum Space zu öffnen, und jetzt stellte er sich eine solche Tür vor, einen Übergang, von dem er wusste, dass er hier existierte. Er schickte ein Ping in den Äther, nicht leise und heimlich, wie beim Versuch, ein Ziel ausfindig zu machen, das nichts bemerken sollte, sondern stark und kraftvoll, ein synchronisierendes Ping, das allen anderen Travellern und Legaten zurief: Hier bin ich! Schließt euch mir an!
    Zahlreiche Echos erschienen auf seinem Radar, und er suchte unter ihnen nach einem statischen, das einen Übergang markierte. Manchmal verbargen sie sich, weil ein Bewusstsein hinter ihnen steckte und sie verbergen wollte, aber in diesem Fall war es wie ein Fanal in dunkler Nacht, wie das Licht eines Leuchtturms, das in der Finsternis blinkte und den Weg wies. Vielleicht war der Übergang nie getarnt gewesen. Beim ersten Aufenthalt hier in Prisma hatte Zacharias ihn nicht bemerkt, aber das lag vermutlich an Salomos Präsenz. Warum hätte Salomo ihn auch tarnen sollen? Er musste davon ausgegangen sein, all die gefangenen Traveller und Legaten vollständig unter seiner Kontrolle zu haben.
    »Ich habe ihn«, sagte er leise und hielt die Augen geschlossen. »Es ist der Weg, den er nach Lassonde genommen hat.«
    Es war ein Weg des Transferknotens; ein anderer, Teil des Knäuels, führte aus dem Krater eines gewissen erloschenen Vulkans hierher nach Prisma. Zacharias sah es vor dem inneren Auge, ein Gewirr aus Linien, jede von ihnen mit einer Welt des Netzes verbunden. Aber wie sollte er jene finden, die nach Zuflucht führte?
    Doch zuerst einmal …
    Zacharias machte sich daran, dem Übergang Substanz zu geben. Er hörte ein Knirschen und Kratzen wie von Glassplittern, die in Bewegung gerieten. Einige überraschte, erschrockene Rufe erklangen, und Menschen sprangen beiseite, als die Splitter an einer Stelle einander entgegenstrebten, um sich zu einem neuen Spiegel zu vereinen.
    »Was soll

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