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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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Kastenstuhl, der beinahe wie ein Thron wirkte. Von diesem Stuhl aus leitete Kramer in seinem schneeweißen Habit Luzias Befragung. Neben ihm saß Kaplan Grumper, der als Notar fungierte.
    Luzia wurde in den Raum gestoßen. Man befahl ihr, sich auf einen niedrigen Schemel zu setzen. Gehetzt sah sie sich nach einem Fluchtweg um, doch die Tür schlug bereits hinter ihr zu. Grumper sah die Panik auf ihrem Gesicht, und sein
Nicken bestätigte ihr: Fürchte dich! Nie hattest du mehr Grund, dich zu fürchten! Auf dem Tisch vor den beiden Männern sorgten Talglichter für ein wenig Helligkeit in der Düsternis des kalten Raumes. Ihr züngelndes Licht erhellte das Gesicht des Inquisitors und das seines Notars von unten und ließ ihre Züge wie in Stein gemeißelt wirken. Die Gesichter der beiden anderen lagen im Halbdunkel. Luzia konnte sie nicht gleich erkennen, war dann aber erleichtert, als sie Bürgermeister Ettenhofer und den Ammann erkannte, die vom Gericht als Zeugen einbestellt waren.
     
    Ihr banger Blick blieb an einem Flaschenzug hängen, der fast in der Mitte des beklemmenden Raumes, nur einen guten Meter von ihr entfernt, von der Decke hing. Weiter rechts, vor einem unheimlich aussehenden Holzpferd, stand ein mit langen Eisenstacheln bewehrter Stuhl, und auf einem kleinen Tisch daneben lagen furchterregend wirkende Zangen und Haken sowie gefährlich aussehende Messer mit gebogenen Klingen und eine rostige Schere. An der Wand lehnten Ruten und Stöcke in allen Längen. Die Peitsche, deren Lederriemen in grauen Bleikugeln endeten, kicherte Luzia voller Schadenfreude ins Gesicht. Von ihrem schmalen Schemel in der Mitte des Raumes konnte sie das schaurige Arsenal quälender und todbringender Instrumente einsehen. Lähmende Angst goss Luzia eisiges Wasser in die Adern und presste ihr Herz in einen Eisblock.
    Auch der Inquisitor sah Luzias Angst mit großer Befriedigung. Beim Anblick der Folterwerkzeuge würde sie endlich bereit sein, all die furchtbaren Dinge zu gestehen, die er ihr bereits vor der Wasserprobe in den Mund legen wollte. Nachdem
auch das Verhör am Tag zuvor im kleinen Ratssaal zu keinem Ergebnis geführt hatte, hatte er das Inquisitionsgericht heute gleich im Grünen Turm tagen lassen.
    Grumper hatte jetzt keine Eile mehr. Siegesgewiss erhob er sich und kam hinter seinem Tisch hervor. Er machte die vier Schritte, die ihn von Luzia auf ihrem Schemel trennten, und beugte sich ganz dicht zu ihr herunter. Zum Teufel! Dieses Weib benebelte seine Sinne. Selbst in Anbetracht ihrer aussichtslosen Lage entströmte ihrem Leib jener schwüle Duft, für den Männer bisweilen töteten. »Wie eine rossige Stute!«, dachte Grumper gierig und schluckte. Besonders ihr Haar war durchtränkt von der hitzigen Feuchtigkeit. Er hatte längst beschlossen, die roten Flechten der Gassnerin an sich zu nehmen, wenn man ihr das Haar scheren würde. Er würde das Hexenhaar sicher verwahren, um sich jeden Abend an seinem besonderen Duft zu berauschen. Dieses Weib war das pure Gift!
    Allein die Marter ließ sein Verlangen für kurze Zeit verstummen, und wenn jetzt sein Hemd über die kleinen Wunden auf seinem Rücken scheuerte, bebte er bereits vor Freude auf die heutige Nacht. Ein kaum wahrnehmbares Stöhnen bahnte sich den Weg über seine Lippen.
     
    Obwohl Heinrich Kramer den Medicus, zur Strafe für seine lose Zunge am Tag des Hexenbads, mit strengem Fasten sowie einem dreitägigen Hausarrest belegt hatte, ritt Johannes im Schutz der abendlichen Dunkelheit zum Rathaus und verlangte den Bürgermeister zu sehen. Der Ratsknecht führte ihn in das prachtvolle Amtszimmer des Bürgermeisters.

    »Gott zum Gruße, verehrter Herr Doktor von der Wehr!«
    »Spart Euch die Freundlichkeit!«, gab Johannes zur Antwort und eilte ohne Gruß auf den gewaltigen Schreibtisch zu, hinter dem Ettenhofer saß. Seine Hand griff nach dem samtenen Wams des Bürgermeisters und zog den Amtmann von seinem Stuhl in die Höhe. In seinen zornigen Augen flackerte es gefährlich.
    »Warum befindet sich Jungfer Gassner noch nicht auf freiem Fuß? Antwortet gefälligst!«
    Als Johannes seinen Griff löste, kam Ettenhofers Stuhl ins Wanken. Um ein Haar wäre er rückwärts gefallen.
    »Können wir das nicht in Ruhe besprechen?«, versuchte Ettenhofer den jungen Medicus zu beruhigen.
    »In Ruhe?«, wiederholte Johannes scharf. »Für Euch wird es keine Ruhe mehr geben! Zumindest nicht, solange sich Jungfer Gassner nicht auf freiem Fuß befindet.«
    Ettenhofer, der

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