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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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Mutter, Gott hab sie selig, war die Hebamme von Ravensburg. Gemeinsam brachten wir so manches Balg auf die Welt!«
    Und wie viele erst unter die Erde, dachte Luzia grimmig.
    »Für eine Wehmutter bist du noch viel zu jung. Viel zu unerfahren. Zudem sollte eine Hebamme etwas anständiger frisiert und gekleidet sein und nicht wie eine Hure auf
die Gasse gehen. Allein dein unbedecktes Haar ist eine Schande.«
    »Ich denke nicht, dass mein Aussehen etwas zur Sache tut, und Euch hat es nicht zu interessieren!«, gab Luzia mit fester Stimme zurück. Ihre Laune wechselte auf Sturm. »Doch vielleicht könnt Ihr mir sagen, was genau eigentlich Eure Aufgabe in diesem Haus ist?«
    Noch immer standen sich die beiden Frauen gegenüber, und die Umstehenden warteten hilflos, was geschehen würde.
    Keineswegs verunsichert antwortete Grete: »Einer jungen Gans wie dir bin ich gewiss keine Rechenschaft schuldig! Aber wenn du es genau wissen willst, ich bete für das Seelenheil von Mutter und Kind. Darüber hinaus bitte ich um die Fürsprache der Muttergottes und der heiligen Margarete.« Mit diesen Worten stellte sie ein Kruzifix auf den Tisch und brachte aus den Weiten ihres Gewandes einige Rosenkränze aus Korallen zum Vorschein.
    »Bisher scheinen Eure Bemühungen eher ohne Erfolg gewesen zu sein, oder täusche ich mich etwa und Marie ist bereits Mutter eines Kindes?«, entgegnete Luzia spitz. Unter keinen Umständen durfte sie jetzt schweigen. Schließlich ging es um ihr Ansehen als Hebamme.
    »Marie wird niemals ein gesundes Kind zur Welt bringen. Ihr Leben ist viel zu lasterhaft. Du wirst schon sehen, dass auch dieses Kind stirbt, ehe es Morgen wird.«
    Bei Gretes Worten schluchzte Marie laut auf, und die Altmutter und Annelie bekreuzigten sich rasch.
    »Nimm das Paternoster«, mit diesen Worten hielt ihr die Muntzin eine Zählkette aus roten Korallen hin. Als Luzia den angebotenen Rosenkranz achtlos auf den Nachtschrank
legte und an Maries Bett trat, bekreuzigte sich Grete mehrmals.
    »Denn wie das Gras werden sie bald verdorren und wie das grüne Kraut werden sie verwelken«, zitierte Grete einen Psalm.
    Luzia spürte, wie Maries Hand angstvoll die ihre suchte. Entschlossen richtete sie sich auf und wandte sich der Muntzin zu: »Ich bin die von der Stadt bestellte Hebamme. Meine Aufgabe ist es, der Gebärenden zu helfen. Wenn Ihr meint, beten zu müssen, so tut es. Aber lasst mich jetzt meine Arbeit machen.«
    Grete schnappte nach Luft. »Hüte dich, dem Allmächtigen ins Handwerk zu pfuschen, andernfalls wirst du mich kennenlernen!«
    Obwohl ihr die Worte eine Gänsehaut bereiteten, reckte Luzia ihr Kinn und hielt Gretes Blick stand.
    »Ich empfehle Euch, spitzt Eure Ohren, denn ich werde es nur dieses eine Mal sagen«, begann Luzia so ruhig wie möglich. Sie wollte sich um keinen Preis von der Muntzin zu einer Beleidigung hinreißen lassen. Eine Beleidigung, die sie hinterher gegen sie verwenden konnte – und ein Hinterher würde es geben, das spürte Luzia bereits jetzt. »Zunächst einmal unterlasst Ihr gefälligst, mich mit diesem freundschaftlichen Du anzusprechen, denn Freunde werden wir nie werden, des Weiteren lasst Ihr mich jetzt meine Arbeit tun, denn die Eure ist bereits beendet. Also geht mir aus dem Weg!«
    Maries Schrei hallte durch die Kammer und unterbrach den Disput. Luzia drehte sich ohne ein weiteres Wort um und beugte sich über Marie, um sie zu beruhigen.
    »Glaubt mir, rote Füchsin«, zischte Grete, die jetzt dicht
neben ihr stand, »ich werde jeden, wirklich jeden Eurer Handgriffe verfolgen.«
    »Tut das!«, gab Luzia so unerschrocken wie möglich zurück.
    »Hütet Euch davor, Euren Blick oder gar Eure Hände unter Maries Hemd zu stecken, sonst war es Eure erste und gleichzeitig die letzte Geburt in Ravensburg. In unserer Stadt gibt es weder geheimnisvolle Mittelchen noch Amulette oder gar gemurmelte Beschwörungen. Denn bereits in der heiligen Schrift steht geschrieben: Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst, und deine Kinder gebierst du unter Schmerzen!«, fügte Grete hinzu. Doch ihr Gesicht wirkte angespannt und ärgerlich.
    Erleichtert nahm Luzia eine Spur von Unsicherheit in ihrer Stimme wahr. Und ihr entging auch nicht, dass die Altmutter langsam ungeduldig wurde.
    »Setzt Euch in eine Ecke und ruft alle Heiligen an, aber geht mir aus den Beinen, denn Maries Kind möchte auf die Welt kommen, und diesmal wird es leben!« Zu welch großem Versprechen habe ich mich da hinreißen

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