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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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zuzugeben.
    Kurze Zeit später trug die Weberin einen Holzbottich mit dem Kräutersud herein. Als Luzia Maries Hemd bis zu den Schenkeln hochschob, drehte sich Grete mit einem empörten Schrei um. Gleich darauf verzog sie sich wieder in ihre Ecke und begann laut zu beten: » Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum. Benedicta tu  …«
    Vorsichtig, um die dampfende Flüssigkeit nicht zu verschütten, stellten Luzia und die Weberin die Schüssel zwischen Maries geöffnete Beine. Damit der Dampf nicht entweichen konnte, legten sie ein paar Felle und Decken darüber. Der erdige Duft von Baldrian und Majoran erfüllte die Kammer und überdeckte den scharfen Schweißgeruch.
    »Weshalb tut Ihr das?«, fragte die Altmutter zögernd.
    »Der Dampf aus Baldrian, Hopfen und Majoran wird Maries Schoß wärmen, so kann das Kind leichter geboren werden«, sagte Luzia und zwang sich zu einem Lächeln.
    »So einen Dreck habe ich beim besten Willen noch nicht gehört! Das ist doch alles Zauberei. Habt Ihr das schwarze
Pulver gesehen?«, versuchte Grete die Altmutter und Annelie auf ihre Seite zu ziehen. Die Frauen sahen sich verunsichert an. Sie wussten immer noch nicht, wem sie recht geben sollten.
    Dampfbad und Sepiapulver zeigten jedoch bald ihre Wirkung, und als Luzia wenig später nochmals die Reife der Geburtswege überprüfte, war sie mit dem Ergebnis zufrieden. Die Geburt ging nun zügig voran. Marie schöpfte Hoffnung. Gerade so viel, dass sie erkannte, wie es um sie ein wenig heller wurde und sie den Weg sehen konnte.
    »Ich glaube, langsam fühlt es sich …«, die nächste Wehe kam und brachte Marie zum Schweigen. Sanft strich die Hebamme Marie das lange Haar aus dem schweißnassen Gesicht. Sie legte ihre Hand auf Maries Bauch. Ein leichtes Vibrieren erfasste beide Frauen. Luzia konnte den kleinen, feuchten Schopf des Kindes bereits sehen. Mit jeder neuen Wehe drängte das kleine Licht nun ins Leben.
    »Du machst das ganz wunderbar«, lobte Luzia.
    Marie keuchte, und der Kopf war geboren.
    »Marie, noch einmal pressen, dann hast du es geschafft.«
    Maries Augen glänzten feucht. Bei der nächsten Wehe glitt das kleine Mädchen mit Luzias Unterstützung ganz heraus. Schnell hob sie das Neugeborene hoch, sodass Marie ihr kleines Wunder sehen konnte.
    »Es ist ein wunderschönes Mädchen!«, sagte Luzia triumphierend, dabei konnte sie nicht umhin, einen Blick zur alten Grete zu werfen. Die eilte mit unbewegter Miene zum Bett. Luzia schauderte, denn sie las in ihren Augen, dass es ihr lieber gewesen wäre, wenn das Kleine tot wäre. Ihre Lippen waren zu einer harten Linie verzogen und ihre Augen wirkten kalt. Marie weinte vor Glück und Erschöpfung. Die Weberin
und Annelie traten ebenfalls heran, ihre Gesichter strahlten vor Freude. Mit Ausrufen des Entzückens bewunderten sie das Neugeborene.
    Gretes sonst so bleiches Gesicht wies hektische rote Flecken auf. Ihre Fassung schwand gerade mit dem letzten Rest Misstrauen, den die Anwesenden gegenüber Luzia gehegt hatten.
    Die Muntzin konnte nicht glauben, dass man einer dahergelaufenen Füchsin mehr Glauben schenkte als ihr. Warum war diese rote Hexe überhaupt zurückgekommen? Kaum war sie wieder in der Stadt, sprachen alle von ihr, dabei kannten sie dieses Weib doch gar nicht. Die Wollust schien ihr im Gesicht zu stehen. Rothaarig. Rot wie die ewigen Flammen der Hölle. In diese würde Grete sie nun schicken, selbst wenn es das Letzte sein würde, das sie tat.
     
    »Die Kleine soll Ignatia Luzia heißen!« Alois’ Stimme riss die alte Frau aus ihren hasserfüllten Gedanken. Der Kindsvater stand also auch auf der Seite der Füchsin. Und die Weberin nickte zustimmend und blickte in das friedliche Gesicht ihrer gesunden Tochter.
    Mit Schwung warf Luzia eine Handvoll Holunderholz auf die glühende Feuerstelle. Zischend stoben ein paar Funken auf. Gretes Augen traten beinahe aus den Höhlen. Bald erfüllte der leichte Honigduft die Schlafkammer. Ein Geschenk an die große Mutter, die wie immer ihre weise Hand über die Geburt gehalten hatte.
    Der erste Hahnenschrei kündigte den Morgen an und das Haus der Webers duftete bereits nach Wochenbettsuppe und süßem Morgenbrei.

    Während Luzia ihre Tasche packte, erhob Grete Muntz noch einmal ihre Stimme.
    »Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen. Getäuscht hat sie euch, alle miteinander hat diese Hexe getäuscht. Nichts von alledem ist mit rechten Dingen zugegangen. Wer weiß, was du ihr da alles gegeben hast«, drohte

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