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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
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anderes.«
    Er stockte, und Luzia sah ihn gespannt an.
    »Was gibt es denn dann noch zu dieser Stunde?«, fragte sie, um ihn zu ermuntern.
    Michel reckte sich und nahm neben seiner Hellebarde Haltung an. »Oberst Feldmann hat mich heute zum Dienst im Gefängnisturm abgestellt. Dort im Grünen Turm sitzt derzeit Berta Vögelin bei schwerer Kerkerhaft in einer Einzelzelle ein.«
    Luzia verstand immer noch nicht. Was wollte Michel ihr denn sagen?
    »Sie ist hochschwanger und steht kurz vor der Niederkunft«, fügte er mit gepresster Stimme hinzu. Und darüber hinaus ist sie meine Stiefschwester, dachte er traurig. Doch das verschwieg er der Hebamme.
    Bei seinen Worten überlief es Luzia eiskalt. Eine Geburt in einem feuchten, eiskalten Verlies, ohne Licht und ohne Beistand, in völliger Einsamkeit? Das war barbarisch!
    Michel Weidacher wirkte mit einem Mal wie ein hilfloser Junge. »Ich verstehe ja nichts davon«, druckste er herum. »Aber ich fürchte, die Berta bekommt ihr Kind. Man muss ihr doch beistehen. Ihr helfen. Schließlich sind wir doch Christenmenschen.« Er wirkte ratlos.

    Im Stillen beglückwünschte Luzia ihre Freundin Nanne zu diesem Mann. Michel Weidacher war vielleicht nicht der Klügste, aber er hatte das Herz auf dem rechten Fleck.
    »Dann lasst uns keine Zeit verlieren. Ich hole nur meine Tasche, alles Weitere erzählt Ihr mir auf dem Weg zum Gefängnis.«
     
    »Sieh dich vor«, flüsterte es aus den Flammen, als Luzia im Vorübergehen einige Wacholderbeeren in die Feuerstelle warf, denn obgleich sie in Eile war, versäumte sie nicht, Perchtas Hilfe zu erbitten. Ihr Blick fiel auf einige Leinensäckchen voller Nelken und Pfeffer, die sie am Nachmittag gefüllt hatte. Geschwind steckte sie ein paar davon in ihre Tasche. Vielleicht konnten sie von Nutzen sein.
    Basilius gegenüber wollte sie lieber nicht erwähnen, wohin sie ging, deshalb verabschiedete sie sich nur mit wenigen Worten: »Ich werde zu einer Niederkunft gerufen. Mach dir keine Sorgen.«
    Noch ehe Basilius Fragen stellen konnte, eilte Luzia neben Michel die dunkle Marktstraße hinunter. Es regnete in Strömen und die Trompeten kündigten mit der neunten Stunde den Beginn der Nachtzeit an. Michels Laterne spendete gerade genug Licht, dass sie die großen Pfützen direkt vor ihren Füßen erkennen konnten, die sich auf dem morastigen Boden gebildet hatten. Es war bitterkalt, und schon nach ein paar Schritten zog Luzia ihr wollenes Tuch enger um den Leib.
    »Erzählt mir von Berta«, bat Luzia, während sie versuchte, den schmutzigen Lachen auszuweichen. »Was wirft man ihr vor, warum ist sie im Gefängnis?«
    »Kirchendiebstahl und Hurerei«, sagte Michel, und aus der
Art, wie er das sagte, schloss Luzia, dass er nichts davon glaubte.
    »So verächtlich, wie Ihr es sagt, hört es sich an, als würdet Ihr nicht an Bertas Schuld glauben.«
    »Das tue ich auch nicht. Vor allem, seit ich erfahren habe, dass Kaplan Grumper sie anfangs der Hexerei bezichtigt hat.«
    »Hexerei?« Luzia presste sich vor Entsetzen die Hand vor den Mund.
    Michel nickte. »Er wirft ihr Unzucht mit dem Teufel vor. Aber keiner der Stadträte wollte ihm so richtig zuhören. Kurz darauf hat er dann behauptet, Berta habe ein geschnitztes Marienbild gestohlen.«
    »Und das Kind?«, fragte Luzia bange.
    »Berta ist unverheiratet, sie hat keinen Mann und deshalb auch keinen Vater für ihr Kind.«
    Luzia verstand. »Wie lautet das Urteil, ich meine, wie soll sie bestraft werden?«
    »Auf Kirchenraub steht die Todesstrafe. Die Richter haben sie zum Tod durch Ertränken verurteilt«, sagte Michel mit leiser Stimme.
    Luzias Blick verdüsterte sich.
    Dann erzählte Michel, wie er während des Nachmittagsdienstes ein Wimmern aus ihrer Zelle vernommen hatte. »Und als ich ihr das Essen brachte, klagte sie über Schmerzen. Später war sie nicht mehr ansprechbar. Selbst nachdem ihr Berthold einen Tritt versetzt hatte, gab sie keine Antwort.«
    Luzia unterbrach ihn. »Ihr meint Berthold Schwarzenberger?«
    Michel nickte. »Das Schwein hat …«, er brach ab. »Den Rest erspare ich Euch.«

    Luzia nickte dankbar, sie ahnte bereits, was Berthold der Gefangenen angetan hatte.
    »Das Urteil wird erst vollstreckt, wenn sie ihr Kind zur Welt gebracht hat, deshalb sitzt sie schon seit einigen Wochen im Kerker.«
     
    Die Kirchstraße mit der Stadtkanzlei und dem Klosterhof der Benediktinerabtei zu Altdorf hatten sie bereits hinter sich gelassen, mit langen Schritten eilten sie jetzt an

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