Seelenfeuer
vorkam.
»Wir beide wissen, dass die Gassnerin mittlerweile ein Ansehen genießt, wie es nicht gottgewollt sein kann. Allenfalls einem Kirchenmann oder einem anderen hohen Herrn sollte Derartiges zuteilwerden, und gewiss ist es nicht in meinem Sinne.«
Das war mehr, als Grete zu hoffen gewagt hatte. Sie war sich nicht sicher gewesen, wie der Kaplan zu der jungen Hebamme stand, die sie selbst aus ganzem Herzen hasste. Aber seine Worte zeigten ihr, dass er ähnlich dachte. Eine wilde Freude durchzuckte ihr Herz. Mutig geworden, fuhr sie fort:
»Wie ich Euch bereits mehrfach berichtet habe, ist ihr Tun abstoßend und zutiefst sündig. Ihr Gelingen verdankt sie einzig ihren Zauberkünsten. Sie ist«, Grete überlegte kurz, ihr Blick bekam etwas Verschlagenes »von einer anderen Welt«, stieß sie dann hervor. Jetzt war es heraus. Jetzt hatte sie vom Teufel gesprochen, ohne ihn beim Namen zu nennen, und der Kaplan konnte es verstehen, wie er wollte.
Grumper nickte. »Aber beweisen kannst du es nicht, und ohne Beweise sind auch mir die Hände gebunden. Dabei wäre
ich der Erste, der diesem gottlosen Weib den Prozess machen würde.«
Bei seinen Worten hätte Grete am liebsten laut gejubelt. Sie hatte gewonnen!
Grumper sah aus dem Fenster, und seine Stimme klang, als würde er zu sich selbst sprechen: »In Waldshut habe ich einmal einen ganz ähnlichen Fall erlebt. Auch dieses durchtriebene Weib übte den Beruf der Hebamme aus. Bei dieser Tätigkeit ist ihre Macht am größten. Nur so haben sie die Möglichkeit, die ungetauften Seelen dem Teufel zu weihen.«
Selbst Grete schauderte bei den Worten des Kaplans. »Was wurde aus dieser Waldshuterin?«
Ein feines Lächeln bildete sich auf Grumpers schmalem Gesicht, und die Erinnerung spiegelte sich in seinem Blick. Sie verlieh ihm das Aussehen eines Raubvogels. »Oh, mit dieser sind wir anders verfahren. Dort wurde nicht lange gefackelt, statt langer Rede hat der Stadtrat den von Papst Sixtus ernannten Inquisitor, Doktor Heinrich Kramer, um Hilfe gebeten. Sein Zuständigkeitsbereich umfasst ganz Oberdeutschland und er ist ein wahrer Meister seines Fachs. Bruder Heinrich spürt jeden auf, der einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat. Er war es, der meinen Blick für die sündigen Weiber schärfte. Aufgrund der Sündhaftigkeit und Unvollkommenheit des Weibes bemächtigt sich der Teufel ihrer viel öfter. Heinrich Kramer kennt sie alle, die Zaubersprüche, mit denen der Teufel den Weibern die Macht zum Wettermachen gibt oder sie unter der peinlichen Befragung den Schmerz nicht spüren lässt.«
Gretes Augen wurden groß. Unwillkürlich bekreuzigte sie sich.
Grumper nickte. »Glaub mir, der Höllenfürst ist noch zu ganz anderem fähig. So flüstert er den Weibern während des Liebesaktes, den sie in höchst sündiger Form mit ihm vollziehen, Rezepte für allerlei Salben und Tränke ein. Die Hexen kochen aus dem Fett neugeborener Kinder eine Salbe. Sie entweihen Hostien, indem sie sie mit ihrem Monatsblut und dem Samen eines Gehängten vermischen. Diese Mixtur verleiht der Flugsalbe ungeahnte Kräfte. Mit ihrer Hilfe fahren die Hexen des Nachts auf einer Ofengabel oder einem Besen durch den Rauchfang aus und reiten durch die Lüfte.«
Grete lief es kalt den Rücken hinab. Wieder bekeuzigte sie sich. »Ihr sagt, die Hexen lassen sich vom Teufel begatten?«
Wieder nickte Grumper. »Dabei geben sie sich dem Herrn der Unterwelt aus freien Stücken hin, und in ihrer Begierde schreien sie wie wilde Tiere.« Er weidete sich an Gretes Entsetzen und an seinen eigenen Erinnerungen an das, was der Inquisitor ihm berichtet hatte. »Der Teufel begattet die Hexe im Stehen und von hinten. Sein Glied ist größer als das eines Hengstes, und es glüht. Im Anschluss stößt er es der Hexe tief in den Schlund und sie muss seinen Hintern küssen«, raunte Grumper, während in seinen Augen die blanke Gier schimmerte.
Grete konnte sich gut vorstellen, wie sich die rothaarige Gassnerin vom Teufel besteigen ließ. Wie er ihr sein glühendes Geschlecht in den sündigen Leib trieb …
»Warum schreibt Ihr diesem frommen Mann nicht und bittet ihn, nach Ravensburg zu kommen?«, fragte sie arglistig.
Auf diese Idee war Grumper bereits selbst gekommen. Er hatte schon einige Pergamente an den Dominikaner verfasst und sie letztlich wieder vernichtet, weil ihm ein wirklich
handfester Beweis fehlte. Für die Gassnerin brauchte es ein augenfälliges Zeugnis und nicht nur den Bericht einer alten
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