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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Vereinigung mit Andreas; sie träumte davon; sie dachte fast ständig daran. Ihn in sich aufzunehmen, seine Kraft und sein Feuer zu fühlen.
    Selene drückte beide Hände auf ihren Magen. Die Schritte kamen vor ihrer Zellentür zum Stillstand. Der Schlüssel drehte sich klirrend im Schloß.
    Sie gehörte Andreas. Er war der einzige Mann, dem sie sich je hingeben würde.
    Die Tür flog auf, und der Fremde trat in die Zelle. Über einem Arm hielt er eine dicke Decke. In der Hand hielt er einen Becher.
    Selene wich zurück.
    »Frierst du?« fragte er.
    Sie nickte.
    »Möchtest du die Decke haben?«
    Sie blickte auf die Decke, die aus weicher Wolle gewebt war und die rotgoldene Farbe lodernden Feuers hatte. Oh, sich in den weichen Stoff einhüllen können; endlich wieder warm zu werden. Sie nickte wieder.
    Er hielt ihr den Becher hin. »Sag mir, was das ist.«
    Den Rücken an die Wand gepreßt, beugte sich Selene vor und spähte in den Becher. Einige Blätter lagen darin, die einen feinen Zitrusduft verströmten. Sie hätte gern gewußt, woher er die Blätter hatte, und warum er sie für bedeutsam genug hielt, sie danach zu fragen.
    »Das ist Zitronenmelisse«, sagte sie.
    »Wozu wird sie verwendet?«
    Seine Fragen wunderten sie jedesmal. Wieso wußte er, daß es sich um heilende Pflanzen oder Kräuter handelte, wenn er offensichtlich keine Ahnung hatte, was sie waren und welchem Zweck sie dienten?
    »Ein Tee aus Zitronenmelisse wirkt beruhigend auf das Herz und die Stimmung«, antwortete sie.
    »Ist das alles?«
    Sie starrte auf die Decke. Ihre Finger waren so kalt, daß sie gefühllos waren; sogar ihre Glieder schmerzten vor Kälte.
    Er hatte sie völlig in der Hand. Nur um sie das Ausmaß seiner Macht über sie fühlen zu lassen, hatte er sie die ersten Tage in der Zelle hungern lassen. Dann war er mit Nahrung und mit Fragen gekommen. Und als sie ihm nicht hatte sagen können, was gegen die Impotenz des Königs zu tun war, hatte er ihre Strohmatte hinausbringen lassen, so daß sie auf kaltem Stein schlafen mußte.
    Selene blickte auf die beiden Wächter, die hinter ihm standen und die Tür versperrten, die in den Korridor führte und letztendlich in die Freiheit. Wenn sie doch einfach hätte davonlaufen können …
    »Als Tinktur«, sagte sie schließlich, »lindert Zitronenmelisse Gelenkschmerzen und die Schmerzen bei Prellungen und Quetschungen.«
    Das scharfgeschnittene Gesicht war so unergründlich wie eine aus Stein gemeißelte Maske. Doch in den Tiefen der eiskalten Augen gewahrte Selene eine furchtbare Einsamkeit, von der der Mann gewiß nicht wußte, daß andere sie sehen konnten.
    Er tat ihr leid, und sie fürchtete ihn. Sie wußte, daß der Tag kommen würde, wo er keine Fragen mehr hatte. Sie mußte fort, ehe dieser Tag kam; sie mußte Andreas irgendwie eine Nachricht zukommen lassen.
    »Bitte, sage mir, wo ich bin? Was ist das für eine Stadt?«
    Kazlah wandte sich ab, schritt aus der Zelle, gab den Wächtern Zeichen, die Tür abzusperren. Als es im Korridor wieder still geworden war und Selene allein in der Dunkelheit stand, merkte sie, daß er die Decke wieder mitgenommen hatte.

21
    Königin Lasha strebte die Unsterblichkeit an; genauer gesagt, sie beabsichtigte, im Himmel als Königin der Götter zu herrschen.
    Lashas Glaube an ein Weiterleben war so fest und unerschütterlich wie die Mauern ihres mächtigen Palasts. Sie glaubte an die sieben Sphären des Himmels, an ein göttliches Gericht, an ewige Strafe oder Belohnung und an die Macht der Götter. Die Götter wohnten in der obersten Sphäre des Himmels, hoch über dem Himmelszelt des Kosmos, und sie führten ein Dasein ewiger Glückseligkeit. Lasha wußte, daß sie als Königin nach ihrem Tod selbstverständlich in einer der höheren Sphären des Himmels aufgenommen werden würde, aber das war ihr zu wenig. Sie erstrebte den höchsten Gipfel ewiger Herrlichkeit. Die Götter selbst würden sie als eine der ihren aufnehmen.
    Lasha widmete sich während ihres Erdenlebens vor allem den Vorbereitungen auf ihr nächstes Leben. Am Tag ihrer Krönung im Alter von zwölf Jahren hatte sie mit dem Bau ihres Grabmals begonnen. Seitdem war nicht ein Tag vergangen, an dem sie ihre letzte Ruhestätte nicht aufgesucht hatte.
    Es sollte ein prachtvolleres Grabmal werden als das der Königin Kleopatra, das in Alexandria stand und Gerüchten zufolge großartiger war als selbst die Grabmäler der größten Pharaonen. Nicht nur ein Haus der Ewigkeit würde es werden,

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