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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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für Fragen, die er dir stellt?« fragte die Königin.
    »Über Krankheiten und die Heilmittel, die es für sie gibt.«
    »Über Krankheiten und ihre Heilmittel? Wieso stellt er ausgerechnet dir solche Fragen?«
    Selene zögerte. Jeden Moment, fürchtete sie, würde sie die falsche Antwort geben und dafür bestraft werden.
    »Weil ich eine Heilkundige bin«, sagte sie schließlich.
    Wieder hüllte sich die Königin in Schweigen. Selenes Furcht wuchs.
    »Wann bist du hierhergekommen?« fragte die Königin schließlich.
    »Ich wurde im August hierhergebracht, meine Königin.«
    »Wurdest du allein gebracht oder zusammen mit anderen Frauen?«
    »Zusammen mit anderen Frauen.«
    Ein drittes Mal trat Schweigen ein. Selene begann zu zittern. Warum hatte man sie vor diese seltsame Frau gebracht? Der Mann hatte sie heimlich gefangengehalten. Warum? Würde er nun dafür bestraft werden, und sie – Selene – mit ihm? Die Stimme der Frau, die sie verhörte, verriet Zorn. Würde man Selene jetzt den Soldaten ausliefern?
    Selene konzentrierte sich auf Andreas’ Bild und fand Trost im Lächeln des Geliebten.
    Die Frau begann wieder zu sprechen.
    »Du sagst, du bist im August gekommen. Hat der Mann, der dich besucht und dir Fragen stellt, jemals nach einem Heilmittel für Fieberkrankheiten gefragt?«
    »Ja, meine Königin.«
    »Bei einem Kind?«
    »Ja, meine Königin.«
    »Was hast du ihm als Heilmittel empfohlen?«
    »Ich sagte ihm, daß das Fieber mit dem Trank der Hekate gesenkt werden kann.«
    »Die Medizin wird getrunken?«
    »Ja, meine Königin.«
    Die Stimme der Königin wurde noch schärfer. »Holt mir Kazlah!«
    Selene blieb auf den Knien liegen. Die Priesterin stand immer noch hinter ihr, und die Königin auf ihrem Thron saß still und schweigend. Selene zitterte vor Schwäche und versuchte, ihren Geist in andere, sicherere Räume zu versetzen.
    Dann wurde die Flügeltür des Saales aufgestoßen, und beim Klang der Stimme, die Selene als nächste hörte, gerann ihr das Blut in den Adern.
    »Ja, meine Königin«, hörte Selene den Mann sagen, der ihr Peiniger war, »ich habe das Mädchen im Turm gefangengehalten. Als ich hörte, daß sie ein wenig von der Heilkunst versteht, hielt ich es für geboten, sie eine Weile festzusetzen.«
    »Und sie dem König vorzuenthalten, für den sie eigentlich bestimmt war?«
    Selene klopfte das Herz bis zum Hals. Das war es also! Sie war für den König bestimmt gewesen. Und jetzt würde diese Frau dafür sorgen, daß sie unverzüglich zu ihm gebracht wurde.
    »Ich fand, der König hätte Jungfrauen genug, meine Königin. Ich dachte an den Prinzen.«
    »Dann stammte das Heilmittel nicht von dir?«
    »Ich habe nie etwas anderes behauptet, meine Königin.«
    »Woher hattest du die Medizin? Hat sie dir gesagt, wie man sie herstellt?«
    Jetzt zögerte Kazlah einen Moment, und als er wieder sprach, war Nervosität in seiner Stimme. »Die Medizin befand sich in einem Medizinkasten, der mir mit den gefangenen Mädchen übergeben wurde.«
    Selene hob mit einem Ruck den Kopf. »Mein Medizinkasten! Dann ist er gar nicht in der Wüste geblieben.
Du
hast ihn!«
    »Still!«
    »Er gehört mir. Der Kasten gehört mir.« Selene sprang auf. »Darum hast du mir all diese Fragen gestellt!«
    »Auf die Knie«, fauchte Kazlah und wollte ihren Arm packen. Aber Selene entwand sich ihm.
    »Du mußt ihn mir zurückgeben!« rief sie erregt. »Er ist das einzige, was ich auf der Welt besitze!«
    »Bringt sie zur Ruhe«, befahl die Königin.
    Selene wirbelte herum und wich den Händen aus, die nach ihr griffen. »Mein Königin«, rief sie und sah Lasha direkt ins Gesicht. »Du mußt mir zuhören. Dieser Medizinkasten –« Die Augen weit aufgerissen, brach sie ab.
    Die Königin saß wie eine Göttin auf ihrem goldenen Thron. Tausend schwarze, von goldenen Perlen durchwirkte Zöpfe hingen von ihrem Kopf herab. Ihre Arme waren unter dem Schmuck der funkelnden Reifen und Spangen nicht zu sehen. Ihre Schultern schienen sich unter der Last der juwelenbesetzten Ketten und Halsbänder abwärts zu neigen. Auf dem Kopf trug sie ein Diadem aus rosafarbenen Saphiren. Und sie war in Seide gekleidet! Selene konnte es kaum fassen. In Antiochien war ein Pfund Seide so viel wert wie ein Pfund Gold; niemand verwendete dort Seide zur Bekleidung.
    Am stärksten jedoch faszinierte Selene das Gesicht der Königin.
    Das war kein menschliches Antlitz.
    Kalkweiß gefärbt war es, und die Lippen leuchteten rot wie Blut. Die

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