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Seelenflüstern (German Edition)

Seelenflüstern (German Edition)

Titel: Seelenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Lindsey
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Dämonen richtig loslegen, wird es übel.«
    »Tut mir leid. In Zukunft bin ich vorsichtiger.«
    Lächelnd schob er mir das Haar hinter die Schultern. »Geht’s wieder? Brauchst du etwas?«
    »Nein, alles klar. Danke.«
    »Wie wär’s damit?« Er zog eine Zahnbürste und Zahnpasta aus der braunen Papiertüte.
    »Du bist mein Held!« Ich riss die Verpackungen auf. Während ich mir die Zähne putzte, steckte er meine Schuluniform in eine Plastiktüte aus seiner Arzttasche. Dieser Typ war einfach unglaublich. Er behandelte mich, als wäre ich superwertvoll. Als wäre ich wirklich wichtig. Mein Herz vollführte einen kleinen Tanz, und meine Füße hätten am liebsten mitgemacht.
    »Das ist mein Job.« Er zwinkerte mir zu.
    Als Nächstes zog er mir mithilfe einer gebogenen Schere die Fäden. Dann gingen wir zum Auto zurück. Der Geruch war weg. Spook setzte sich auf Aldens Schoß und behielt mich im Auge, während ich schlückchenweise eine Dose Ginger Ale leerte. Die hatte Alden genauso wiedie Zahnbürste und die Zahnpasta im Tankstellenladen gekauft. Eine gute Idee: Ginger Ale beruhigte den Magen.
    In der Nähe des Fahrdamms, der hinüber nach Galveston Island führte, begann das Marschland, das für diesen Küstenstreifen typisch war. Im Osten bliesen die Raffinerien Wolken in die Luft wie still stehende Dampfloks. Der Bau der endlos langen Brücke vom Festland bis zur Insel musste ein gigantisches Projekt gewesen sein. Mit geschlossenen Augen ließ ich Aldens Erinnerung an den Hurrikan von 1900 noch einmal vor mir ablaufen. Der Sturm hatte die Brücke weggerissen, und es hatte vor allem deshalb so viele Todesopfer gegeben, weil die Menschen die Insel nicht mehr verlassen konnten. Sie war für sie zur Falle geworden. Armer Alden. Für die Überlebenden war es wahrscheinlich schlimmer gewesen als für die Toten.
    »Was hat der Aggrot denn gesagt?«, fragte Alden, als wir Galveston erreichten.
    Beim Gedanken an das unheimliche Flüstern wurde mir ganz kalt. »Er hieß mich willkommen. Aber vor allem hat er gestunken.«
    Alden runzelte die Stirn. »Welche Worte hat er benutzt? Das ist wichtig, Lilian.«
    Ich streichelte Spooks Kopf. »Viel hat er nicht gesagt. Er flüsterte bloß, ›Willkommen zurück, meine Geliebte‹.«
    »Mist!« Alden schlug mit dem Handballen aufs Lenkrad.
    Spook erschrak und stieg über die Konsole zu mir. »Was ist denn?«
    Er schüttelte den Kopf. »Der Zeitpunkt ist ziemlich ungünstig, das ist alles.« Alden schnaubte und lockerte dann den Griff um das Lenkrad. »Wir müssen vorsichtig sein. Ich habe keine Ahnung, was er vorhat. Auf keinen Fall darf ich dich aus den Augen verlieren. Keine Sekundelang. Erst müssen wir wissen, was er plant. Du darfst nicht mal mehr ohne mich aufs Klo. Ist das klar?«
    »Klingt ziemlich dramatisch, Alden.«
    »Mein Job ist es, dich am Leben zu halten. Du meinst immer, ich sei so unterdrückt und rechtlos. Aber wenn es ernst wird, sieht es völlig anders aus. Damit ich dir weiter dienen kann, musst du jetzt genau das tun, was ich dir sage.«
    An seinem Ton konnte ich erkennen, dass das kein Spaß war. »Wir sind trotz der Stinkattacke noch ziemlich zeitig dran. Das Treffen mit dem DARF-Vertreter ist erst in einer halben Stunde. Wie wär’s mit einem Strandspaziergang?«
    »Nein!« Ich erschrak über meine eigene Lautstärke.
    »Du magst diesen Strand nicht, oder, Lilian?« Alden bog auf den Seawall Boulevard ein.
    »Richtig. Ich finde ihn grässlich. Hier hat es mir nie gefallen.« Mit einem unguten Gefühl schaute ich durch das Fenster auf die völlig harmlose Brandung.
    Alden warf mir einen kurzen Blick zu. »Das passt.«
    »Warum?«
    Er parkte an der Ufermauer. »Weil du hier gestorben bist.«

Z  W E I U N D Z W A N Z I G

    A lden leinte Spook an, dann machte er mir die Tür auf. Keine Chance. Hier würde ich nicht aussteigen. Anscheinend spürte er das, denn er lehnte sich an den Wagen und starrte aufs Meer.
    Der Tag war klar und sonnig. Die kaum sechzig Zentimeter hohen Wellen rollten gemächlich an den Strand. Die Ufermauer, an der wir parkten, lag fünf Meter höher; trotzdem hatte ich Angst.
    »Du weißt, dass es diese Mauer früher nicht gab«, sagte Alden. »Bevor sie gebaut wurde, lag die gesamte Insel grade mal knapp über Meereshöhe.«
    »Ja. Das hast du mir bei unserer ersten Begegnung erzählt. Es ging um die Zwergen-Mausoleen auf dem Friedhof.«
    Er lachte. »An diese Unterhaltung erinnere ich mich gut. Der Bau der Ufermauer

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