Seelenglanz
um wiedergeboren zu werden.«
»Warum nicht?«
»Weil es eine Todsünde ist!« Es überraschte mich selbst, dass ich mir darüber Gedanken machte, doch ich wollte nicht, dass am Anfang ihres neuen Lebens eine Todsünde stand.
»Versprich mir, dass du so etwas nicht noch einmal versuchst.«
Sie nickte, doch damit wollte ich mich nicht zufriedengeben.
»Sag es«, verlangte ich. »Ich will die Worte aus deinem Mund hören.«
»Ich werde es nicht noch einmal tun.«
Erleichtert schloss ich die Arme um sie. So standen wir eine Weile da, bis ich mich daran erinnerte, dass ich im Gegensatz zu Jules immer noch in meinen triefnassen Klamotten steckte. Ohne auf ihren Protest zu reagieren, brachte ich sie in mein Zimmer und verfrachtete sie dort ins Bett. Unzählige Male ließ ich mir von ihr versichern, dass sie in Ordnung sei und keine weiteren Dummheiten mehr versuchenwürde. Trotzdem wartete ich, bis sie eingeschlafen war – immerhin befand sich ein Teil des Schlafmittels noch in ihrem Blutkreislauf –, bevor ich endlich unter die Dusche ging. Dieses Mal benutzte ich warmes Wasser.
Als ich aus dem Bad zurückkam, schlief Jules noch. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass sie atmete und ihr Herz regelmäßig schlug, zog ich mir den Stuhl heran und setzte mich ans Bett. Vorsichtig öffnete ich meine Signatur, aber nicht weit genug, um mich für Shandraziel angreifbar zu machen, und klopfte an.
Kyriel, wie sieht es aus? , meldete sich Akashiel sofort.
Zusammengefasst? Beschissen. In wenigen Sätzen erzählte ich ihm, was mit Amber geschehen war. Ich konnte mich nicht erinnern, ihn jemals so heftig fluchen gehört zu haben, trotzdem dauerte es nicht lange, bis er sich wieder fing und sich den Rest meines Berichtes anhörte, jenen Teil, der davon handelte, was ich in Ambers Erinnerungen gesehen hatte. Nachdem ich am Ende angekommen war, schwieg er lange Zeit. Vermutlich dachte er darüber nach, wie er Rachel beibringen sollte, was ihrer besten Freundin zugestoßen war.
Wer weiß, dass wir hier sind? , durchbrach ich die lange Stille.
Ihr?
Jules ist bei mir.
Wie bitte?
Ich seufzte. Shandraziel will ihre Seele. Hätte ich sie etwa bei euch lassen sollen? Ihr seid ein wenig zu beschäftigt, um auf sie aufzupassen.
Er schien meine Erklärung hinzunehmen. Dieses Mal unterbrach ich die Stille nicht, die meinen Worten folgte, denn ich konnte beinahe spüren, wie er nachdachte. Schließlich sagte er: Japhael.
Was?!
Er war dabei, als ich dir das Zimmer im Wellford Palms reserviert habe.
Darauf hätte ich auch selbst kommen können. Allerdings war das schon ziemlich starker Tobak. Dass er einen Auftrag fälschte und versuchte mich loszuwerden, gut und schön. Trotzdem wäre ich nicht auf den Gedanken gekommen, dass … Ja, was eigentlich? Die einzige Erklärung, die mir einfiel, war, dass er Kontakt zu Shandraziel aufgenommen und ihm meinen Aufenthaltsort gesteckt hatte. Gib ihm keine Informationen mehr über mich. Am besten niemandem!
Du glaubst doch nicht etwa …?
Wer bitte sollte Shandraziel sonst verraten haben, wo ich bin? Rachel wird es wohl kaum gewesen sein. Mach endlich die Augen auf, Akashiel! Dein Mentor ist nicht halb so gütig und freundlich, wie er sein sollte. Zumindest nicht, wenn es um mich ging. Er will mich so dringend loswerden, dass er offensichtlich nicht einmal davor zurückschreckt, sich mit einem Gefallenen zu verbünden. Ich lehnte mich zurück und streckte die Beine von mir. Wie läuft es bei euch?
Bisher ist alles ruhig , gab Akashiel zurück.
Kunststück. Der Drahtzieher war ja auch hinter mir her.
Dann fiel mir noch etwas anderes ein. Was habt ihr mit den Nephilim angestellt?
Akashiel berichtete, wie sie die Halbengel in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aufgegriffen und in Japhaels Höhlenversteck gebracht hatten. Ihm war anzuhören, wie wenig ihm das gefiel, und als ich mich nach Rachel erkundigte, sagte er: Sie ist bei mir. Wenn einer von ihnen auch nur versucht, sie in die Nähe der Höhle zu bringen, wird er mich kennenlernen.
Natürlich war Rachel ebenfalls eine Nephilim und damit ein erklärtes Ziel für Shandraziel, doch davon abgesehen, dass er im Augenblick ohnehin nicht in Seattle war, bezweifelteich, dass er einen Weg finden würde, Rachel davon zu überzeugen, ihre Seele zu verkaufen. Selbst Drohungen würden bei ihr nichts ausrichten. Und dann war da schließlich noch Akashiel, der sie ganz sicher nicht aus den Augen lassen würde. Wahrscheinlich stand sie selbst jetzt,
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