Seelenglanz
zu Fäusten zu ballen, atmete sie einmal tief durch. »Ich möchte meinen Job zurück«, presste sie hervor.
Hudson betrachtete sie eine Weile mit diesem Blick, den sie lange Zeit für den eines Freundes gehalten hatte. Er setzte schon zu einem Nicken an, schüttelte dann aber doch den Kopf. »Tut mir leid, der ist schon vergeben.«
»Aber du hast gesagt …«
»Was man halt so sagt.« Er zuckte die Schultern. »Das übliche Geschwätz. Wir bleiben in Verbindung, du kannst jederzeit zurückkommen, blabla und so weiter und so fort. Du brauchst Kohle, oder?«
Jules nickte.
»Was ist es? Die Miete oder das Schulgeld?«
Sie ärgerte sich noch immer darüber, dass sie ihm je von ihren Problemen erzählt hatte. Am liebsten hätte sie ihm widersprochen, doch welchen Sinn hätte das? Abgesehen davon kam ohnehin kein Wort über ihre Lippen. Ihr Mund war so trocken wie ihr selbst gebackener Kastenkuchen. Sie schaffte es nicht einmal, ihm in die Augen zu sehen. Stattdessen hielt sie den Blick auf das schmutzige Kopfsteinpflaster gesenkt, als hielte sie noch immer nach den nicht existierenden Ohrringen Ausschau.
»Wie viel brauchst du?«
Jules sah auf. »Du würdest es mir leihen?« Seine plötzliche Freundlichkeit stimmte sie misstrauisch. Hudson tat nichts aus reiner Menschenfreundlichkeit, diese Lektion hatte sie gelernt.
»Du müsstest es natürlich abarbeiten.«
»Aber du sagtest doch, dass du keine freie Stelle hast.«
Sein Lächeln wurde ein wenig breiter. »Du weißt, dass ich dich mag, Jules.«
Da war ein Glanz in seinen Augen, der ihr nicht gefiel. Tatsächlich verstärkte er ihr Misstrauen nur noch mehr. »Danke für das Angebot, aber ich muss jetzt los.« Sie machte einen Schritt zur Seite und wollte gehen, doch Hudson griff nach ihrem Arm und hielt sie zurück.
»Nur ein einziges Mal«, sagte er. »Keine weiteren Verpflichtungen.«
O mein Gott! Er wollte nicht einfach nur mit ihr ausgehen – er wollte mit ihr ins Bett! Jules streifte seine Finger ab, drängte sich an ihm vorbei und ging mit schnellen Schritten auf die Hauptstraße zu.
»Du hast die Wahl«, rief er ihr hinterher. Jules blieb nicht stehen und drehte sich auch nicht um, seine Worte folgten ihr dennoch. »Einmal mit mir und du bekommst dein Geld und bist hier raus, oder aber du brichst die Schule ab, suchstdir noch einen mies bezahlten Job und trittst in die Fußstapfen deiner nichtsnutzigen versoffenen Alten.«
Die Fußstapfen ihrer Mutter.
Schlagartig hielt sie inne.
Du kannst dich dafür nicht prostituieren! Aber welche Wahl hatte sie schon? Sie brauchte das Geld, und Hudson war ihre letzte Hoffnung. Wie schwer konnte es schon sein, für ein paar Minuten ihren Abscheu zu unterdrücken, wenn sie dafür ein Leben mit einer Perspektive vor sich hatte? Nur ein einziges Mal. Sie würde es ertragen und danach für immer vergessen.
Jules hatte das Gefühl, ferngesteuert zu sein, als sie zu ihm zurückkehrte. Hudson griff erneut nach ihrer Hand und zog sie zu sich. Ihr Puls begann zu rasen. Statt sie jedoch nach oben in seine Wohnung zu führen, schob er sie vor sich her, bis sie mit dem Rücken gegen die Hauswand stieß. Hudson war jetzt so nah, dass sie ihm nicht mehr entkam. Er drängte sich an sie. Eine Hand in ihrem Haar vergraben fuhr er mit der Zunge über ihren Hals. Die andere Hand glitt unter ihren Pullover, strich über ihren Bauch und wanderte langsam nach oben zu ihren Brüsten.
Seine Berührung hatte dieselbe Wirkung, als hätte ihr jemand einen Eimer Eiswasser über den Kopf geschüttet. Mein Gott, was tat sie hier?
»Fass mich nicht an!« Sie stieß ihn von sich.
Hudson betrachtete sie mit dem amüsierten Lächeln eines Siegers. »Keine Kohle ohne das volle Programm, Süße.«
Sie brauchte das Geld, doch schon die Vorstellung, sich von ihm noch intimer berühren zu lassen, war kaum auszuhalten. Wenn sie das bis zum Ende durchzog, würde sie sich für den Rest ihres Lebens vor sich selbst ekeln.
Auch wenn sie dafür von der Schule geschmissen wurde, dieser Preis war einfach zu hoch. Sie würde einen anderenWeg finden, einen, bei dem sie ihre Selbstachtung nicht aufgeben musste.
Hudson streckte die Hand nach ihr aus. »Lass uns nach oben gehen, dort ist es gemütlicher.« Als er näher kam und erneut nach ihr greifen wollte, schlug sie seine Hand zur Seite.
»Du kannst dein Scheißgeld behalten.« Sie drängte sich an ihm vorbei. Dieses Mal blieb sie nicht stehen und drehte sich auch nicht noch einmal um. Mit
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