Seelenglanz
Schreibtischplatte mit seiner Faust bearbeitet hatte, lehnte sich Akashiel in seinem Stuhl zurück. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen und das Leben aus seinen Augen gleich mit. So hatte ichihn noch nie gesehen. Natürlich hätte es mich auch getroffen, wenn das mein Nephilim gewesen wäre, der seine Seele verkauft hätte und mir in den Rücken gefallen wäre. Im Gegensatz zu Akashiel hätte ich vermutlich ein paar Möbel zerschlagen oder wenigstens durch den Raum geworfen. Ganz sicher hätte ich geschimpft und geflucht. Die Ruhe, die jetzt von Akashiel ausging, war beängstigender als jeder Wutausbruch.
»Was machen wir jetzt?«, durchbrach ich die unheimliche Stille.
Akashiel starrte mich an, als sähe er mich zum ersten Mal. Dann ging ein Ruck durch ihn, und das Leben kehrte in seine Augen zurück. »Wir warten, bis er zu sich kommt, und dann befragen wir ihn.«
»Und was ist …« Noch bevor ich meine Frage vollenden konnte, setzte er sich mit einem Ruck auf. Schlagartig richtete sich sein Blick wieder nach innen, dieses Mal jedoch wirkte er nicht so leblos wie vorhin. Jemand hatte geistigen Kontakt zu ihm aufgenommen.
»Wenn das wieder Japhael ist, dann lass mich wenigstens verschwinden, bevor du mit ihm redest.«
Akashiel schüttelte abwesend den Kopf. Seine Aufmerksamkeit war noch immer nach innen gerichtet. Dann stieß er einen heftigen Fluch aus und sprang auf. »Das war Markiel.«
»Du hattest deine Signatur abgeschirmt!« Ich hatte es überprüft, doch offensichtlich hatte er sie irgendwann wieder geöffnet, ohne dass es mir aufgefallen war. Jeden Moment würde Japhael hier auf der Matte stehen und meinen Hintern rösten.
»Das habe ich immer noch. Er hat das Notsignal benutzt. Ich muss weg!«
»Was ist los?«
»Sie werden von ihren Nephilim angegriffen!«
Scheiße! Markiel arbeitete mit ein paar anderen Schutzengeln in einer Art Bürogemeinschaft. Wenn es wem auch immer gelungen war, nicht nur Akashiels Nephilim, sondern noch weitere umzudrehen, dann war die Kacke hier definitiv am Dampfen. »Okay, ich häng mich an dich dran.«
Akashiel schüttelte den Kopf. »Das würde die Dinge nur verkomplizieren«, meinte er. »Japhael hat sicher bereits alle angewiesen, dich zu schnappen, sobald du irgendwo auftauchst. Es ist besser, wenn ich allein gehe.«
»Aber …« Ich brach ab. Wollte ich wirklich gerade sagen, dass er meine Hilfe brauchen würde? Seit wann bot ich die freiwillig an?
»Sobald ich kann, spreche ich mit Japhael und Uriel. Ich werde ihnen erklären, was wir vermuten.« Er ließ das Flammenschwert in seiner Hand entstehen. »Geh nach Hause, Kyriel. Ich melde mich, sobald ich weiß, was los ist.«
Weg war er, und ich blieb allein mit dem bewusstlosen Nephilim zurück. Am liebsten hätte ich den Kerl gepackt und geschüttelt, bis er zu sich kam und mir erzählte, was hier los war. Ich bezweifelte allerdings, dass er mir etwas sagen konnte, was ich nicht längst ahnte. Wer außer Shandraziel sollte hinter alldem stecken? Allerdings hatte ich keine Ahnung, was er damit bezwecken wollte. Mich in eine Falle laufen zu lassen, war das eine – Nephilim auf Schutzengel zu hetzen und damit Luzifers Pläne zu gefährden, stand auf einem anderen Blatt.
Trotz meines Ärgers konnte ich nicht umhin, Shandraziels Vorgehen zu bewundern. Die Idee, die Nephilim gegen ihre eigenen Herren einzusetzen, hätte von mir sein können!
Wir kannten nur die Adresse und das Einsatzgebiet eines einzigen Schutzengels. Nicht einmal nach meiner Läuterungund Aufnahme in die Reihen der Schutzengel hatten mir diese so weit vertraut, mir ihre Wohnorte zu verraten. Akashiel war der einzige gewesen, der seine Tür für mich geöffnet hatte.
Dass wir den Aufenthaltsort dieses einen Schutzengels damals überhaupt herausgefunden hatten, war lediglich einem dummen Zufall zu verdanken. Andernfalls wäre es uns nicht möglich gewesen, ihn aufzuspüren, denn die Büros und Wohnungen der Engel waren vom Hirten mit einem besonderen Segen geweiht, der sie nicht nur vor uns verbarg, sondern uns auch daran hinderte, dort einzudringen und den Schutzengeln den Garaus zu machen. Luzifer schützte unsere Wohnungen auf ganz ähnliche Weise. Meine stand mittlerweile allerdings unter dem Schutz des Hirten, was es Luzifer unmöglich machte, mich in meinen eigenen vier Wänden aufzusuchen. Das war ein Ärgernis, hätte ich jedoch abgelehnt, wären die Engel nur noch misstrauischer geworden. Jetzt war ich zum ersten Mal froh um den
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