Seelenglanz
zufällig auftretende Fähigkeiten für ihn von Interesse sein sollten. Im Vergleich zu den Nephilim war Amber wertlos.
»Rachel hat recht«, meinte Akashiel schließlich. »Es geht Amber wirklich nicht gut. Sie ist keine Nephilim, sie wurde nicht wiedergeboren, sondern ist von den Toten zurückgekehrt. Wenn du mich fragst, hat sie Angst, kein Mensch mehr zu sein, sondern nur noch eine wandelnde Tote.« Er seufzte. »Ich würde selbst nach ihr sehen, aber ich kann hier nicht weg. Wir haben alle Hände voll zu tun und müssen uns jetzt neben unserer normalen Arbeit auch noch mit den Nephilim und dem Seelenfänger befassen, der ihre Seelen holt. Wir können niemanden entbehren.«
»Außer mir.«
»Komm schon, es wird dir nicht schaden, mal etwas für jemand anderen als dich selbst zu tun.«
Auch wenn es mir nicht gefiel, Kindermädchen zu spielen, war meine Entscheidung längst gefallen. Wenn ich noch eine Chance haben wollte, Luzifer wieder auf Kurs zu bringen und nach Oben zu gelangen, musste ich den Auftrag annehmen. »Also gut, wo ist sie?«
»Schon mal in Florida gewesen?«
»Sie ist in Florida?«, entfuhr es Rachel überrascht. »Wir haben immer davon geträumt, eines Tages gemeinsam dorthin zu fahren und jetzt ist sie …« Sie klappte den Mund zu.
Akashiel drückte sie kurz an sich, sah jedoch weiter michan. »Sie hat keine Adresse hinterlassen, aber ich bin heute Morgen ihrer Signatur gefolgt und weiß, in welchem Hotel sie abgestiegen ist.« Er ging zum Couchtisch und griff nach einem Block und einem Stift. Schnell kritzelte er ein paar Zeilen auf das Papier und hielt es mir entgegen. »Das ist die Adresse ihres Hotels und ihre Zimmernummer. Du wirst zum Hotel fahren müssen, denn ich habe ihre Signatur verborgen, um sie vor Luzifers Leuten zu schützen. Und ich habe nicht vor, diesen Schutz aufzuheben.«
»Hast du mit ihr gesprochen?«
»Dafür hatte ich keine Zeit.«
Ich riss ihm den Zettel aus der Hand und stopfte ihn in meine Hosentasche. »Sonst noch was?«
»Pass gut auf sie auf«, bat Rachel. »Ich habe wirklich Angst, dass sie sich etwas antun könnte.«
Dazu musste sie wohl kaum extra nach Florida fahren.
»Sieh zu, dass du so schnell wie möglich zum Flughafen kommst.«
Bei dem Wort Flughafen, kroch mir ein kalter Schauder über den Rücken. Ich hasste Flugzeuge.
Akashiel bemerkte mein Zögern. »Das ist nicht wahr, oder? Du hast Flugangst!« Er begann zu lachen. »Ein Engel mit Flugangst! Das ist der größte Brüller des letzten Jahrtausends!«
Ich verzog das Gesicht. »Ich vertraue nur diesen Blechdingern nicht. Die sind längst nicht so zuverlässig wie meine eigenen Flügel.«
»Flügel, die du Jahrtausende nicht hattest«, erinnerte er mich, dann stieß er mich grinsend in die Seite. »Kleiner Tipp: Du bist unsterblich. Selbst wenn der Vogel runterkommt, kann dir nichts passieren.«
»Es wäre dennoch eine Unannehmlichkeit.«
Dummerweise blieb mir gar keine andere Wahl, als in soeinen Blechvogel zu steigen, da ich mich nicht an einen Ort versetzen kann, an dem ich noch nie gewesen bin – und Florida hatte bisher nicht zu meinen Einsatzgebieten gehört.
Rachel löste sich aus Akashiels Umarmung und griff nach meiner Hand. »Danke, Kyriel.«
»Ja, danke«, stimmte Akashiel zu. »Pass du auf Amber auf, und ich sorge dafür, dass Japhael dir nicht auf die Pelle rückt.«
»Du hältst mich wirklich für unschuldig?«
Er grinste. » Unschuldig ist vielleicht nicht ganz das Wort, mit dem ich dich beschreiben würde. Aber ich glaube nicht, dass du etwas mit dem zu tun hast, was da gerade vor sich geht.«
Darauf gab es nichts mehr zu erwidern. Eigentlich konnte es mir nur recht sein, dass sie mich fortschickten. Solange ich unterwegs war, konnte ich mir etwas von der Welt ansehen, ein wenig Spaß haben und musste mich nicht mit irgendwelchen Schutzengelangelegenheiten herumschlagen.
»Grüß mir Japhael.« Mit einem knappen Nicken verabschiedete ich mich und versetzte mich zurück in mein Wohnzimmer. Jules, die auf der Couch gesessen und ferngesehen hatte, fuhr auf. Erst als sie mich erkannte, entspannte sie sich und setzte sich wieder. Sie hatte ihre eigenen Klamotten aus dem Trockner gefischt und wieder angezogen, was ich fast schade fand, denn irgendwie hatte sie in meinen viel zu großen Sachen witzig ausgesehen.
»Keine Angst«, beruhigte ich sie. »Die Wohnung ist geschützt. Kein Gefallener kann hier eindringen.« Trotzdem konnte ich sie nicht allein hierlassen,
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