Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
Vom Netzwerk:
Urlaubsstimmung.
    Unser Flug hatte deutlich länger gedauert als geplant. Ursprünglich hätten wir kurz nach Mitternacht landen sollen,stattdessen hatten wir einen zwölfstündigen Zwischenaufenthalt in Minneapolis gehabt, weil uns ein heftiger Gewittersturm am Weiterflug gehindert hatte. Statt also um zwölf Uhr nachts anzukommen, war es zwölf Uhr mittags geworden.
    Wir holten Jules’ Tasche vom Gepäckband und machten uns auf den Weg zum Ausgang. Der Weg durch das Flughafengebäude dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Jules blieb vor jedem Merchandiseshop stehen und betrachtete Mickymäuse, Goofys und Stoffzwerge in allen Variationen, selbst Becher mit Shamu, dem Killerwal, und Woody Woodpecker entlockten ihr begeisterte Ausrufe. Orlando – die Stadt der Vergnügungsparks. Für Jules musste das wie ein Wunderland sein.
    Nachdem wir es in der Schlange am Mietwagenschalter endlich nach vorne geschafft und schließlich unseren Wagen in Empfang genommen hatten, gab ich die Adresse unseres Hotels ins Navigationssystem ein. Unser Zwischenstopp in Minneapolis hatte mir ausreichend Zeit gegeben, meine E-Mails zu checken. Dabei war ich auf eine Nachricht von Akashiel gestoßen, in der er mich darüber informierte, dass er mir ein Zimmer in einem unauffälligen Hotel gebucht hatte. Das Wellford Palms Resort war ein zwölfstöckiger Betonklotz am belebten International Drive, in dem uns niemand beachten würde. Es überraschte mich, dass er mich nicht im selben Hotel eingebucht hatte, in dem auch Amber wohnte. Anscheinend wollte er vermeiden, dass ich ihr zu sehr auf die Pelle rückte. Auf diese Weise konnte ich mir zumindest erst einmal in aller Ruhe ein Bild von der Lage und von Ambers geistigem Zustand machen, ehe ich Kontakt zu ihr aufnahm.
    Im Gegensatz zu den meisten anderen Hotels, Motels, Restaurants und Geschäften, die sich über die gesamte Längedes von Palmen gesäumten International Drive zogen, waren alle Renovierungen und Verschönerungen am Wellford Palms komplett vorübergegangen. Die graue Betonfassade stach beinahe schon unangenehm zwischen all den karibisch anmutenden Gelb- und Rottönen hervor.
    An der Rezeption überzeugte ich die Empfangsdame davon, dass wir zwei Zimmer gebucht hatten. Akashiel ahnte nicht, dass Jules bei mir war, darum hatte er nur einen Raum reserviert. Mir persönlich hätte das ausgereicht, doch Jules bestand auf ein eigenes Zimmer.
    Im Inneren war das Hotel eine echte Überraschung. Die Zimmer waren in einem ebenso guten Zustand wie die große Lobby und die anderen Bereiche, die ich auf dem Weg in den achten Stock zu Gesicht bekommen hatte. Alles war in warmen Farben gehalten, die Möbel einfach, aber geschmackvoll, die Gänge waren mit dicken Teppichen ausgelegt, die Wände von Bildern gesäumt, und überall fanden sich irgendwelche Blumengestecke, die Jules kleine Begeisterungsrufe entlockten.
    Unter normalen Umständen hätte das für mich schon gereicht, um meine Begleitung weit wegzuwünschen. Zu meinem Erstaunen störten mich jedoch weder Jules’ Freude noch ihre Anwesenheit. Tatsächlich war es nett, zur Abwechslung einmal jemanden um mich zu haben, der nichts über meine Vergangenheit wusste und mich deshalb auch nicht dafür verurteilen konnte.
    Unsere Zimmer lagen auf derselben Etage am Ende eines langen, verwinkelten Ganges. Ich brachte Jules zu ihrem Zimmer und zog mich in meines zurück, nachdem ich ihr geraten hatte, sich ein paar Stunden hinzulegen. Den größten Teil des Nachmittags verbrachte ich damit, in den Touristenbroschüren zu blättern und mir zu überlegen, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte, bevor ich mich morgen andie Erfüllung meines Auftrags machen würde. Ich musste zugeben, dass Orlando durchaus eine Menge reizvoller Unterhaltungsmöglichkeiten bot.
    Am späteren Nachmittag machte ich mich nach einer ausgiebigen Dusche auf den Weg zu Jules. Ich wollte ihr sagen, dass ich eine Weile unterwegs sein würde und sie das Zimmer nicht verlassen solle, solange ich fort war. Bei ihrem Anblick gerieten meine Pläne für einen allein verbrachten gemütlichen Abend allerdings ins Wanken. Sie wirkte so verloren, wie sie da auf dem riesigen Kingsizebett saß und sich durch das Fernsehprogramm zappte, dass ich Mitleid bekam.
    »Zieh dich an«, sagte ich.
    »Wofür?«
    »Wir gehen aus.«
    Jules stand auf. »Ich bin fertig.« Sie trug eine der gewohnten Cargohosen und hatte lediglich den viel zu warmen Sweater gegen ein graues T-Shirt getauscht.
    »Ziehst du

Weitere Kostenlose Bücher