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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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pompösen Eingangsbereich schweifen, mit den weichen Teppichen, der großzügigen Sitzecke im Wartebereich und den Treppen, die rechts und links nach oben führten. Hinter dem Empfangstresen führte ein langer, breiter Gang an einer Flucht von Türen entlang.
    »Was für ein wunderbarer Ort!«
    Jules, die mit der Frau am Empfang sprach, starrte mich entgeistert an. Zufrieden stellte ich Jules’ Reisetasche nebendem Tresen ab und bat die Frau dahinter, ein Auge darauf zu haben.
    Die nächste Stunde verbrachten wir damit, Mrs MacNamaras Sachen auf ihr Zimmer zu bringen, dessen Anblick ihr begeisterte Rufe entlockte, und uns mit ihr zusammen die Anlage anzusehen. Von Gemeinschaftsräumen über eine Bibliothek bis hin zu Sportanlagen, Schwimmbad, Sauna, Fitnessraum und einem großen Park war alles da, was das Herz begehrte. Sogar Massagen wurden angeboten. Alles im Preis inbegriffen. Den wir gar nicht bezahlt hatten.
    Zum Abschluss hatte ich für Jules noch eine kurze Unterredung mit dem behandelnden Arzt organisiert. Als sie das Sprechzimmer verließ und dem Mediziner die Hand schüttelte, lächelte dieser breit. »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte er. »Ihre Mutter ist bei uns in den besten Händen. Gleich morgen früh starten wir mit einem Gesundheitscheck und werden dann die Medikamente den Ergebnissen entsprechend anpassen.«
    Ich wusste genau, was der Ausdruck in Jules’ Augen zu bedeuten hatte. Sie dachte schon wieder daran, was das alles kosten würde. Als ihr Blick den meinen traf, nickte ich ihr aufmunternd zu. »Es ist für alles gesorgt«, formten meine Lippen lautlos.
    Nachdem wir schließlich alles gesehen und den Arzt verabschiedet hatten, war Mrs MacNamara erschöpft und wollte sich hinlegen.
    Es war an der Zeit, Abschied zu nehmen.
    Jules umarmte ihre Mutter und fragte sie gefühlte tausend Mal, ob alles in Ordnung sei und ob sie wirklich hierbleiben wolle. Glücklicherweise hatte ich ganze Arbeit geleistet, und Karen MacNamaras Begeisterung für das Sanatorium hatte auch nach der Empfangshalle nicht nachgelassen, weshalbsie ihrer Tochter versicherte, dass alles wunderbar sei und sie sich hier sicher sehr wohlfühlen werde.
    »Dieser Kyle ist ein toller Kerl«, hörte ich sie leise zu Jules sagen. »Schnapp ihn dir!«
    Ein toller Kerl. Dafür hielten mich alle, nachdem ich sie manipuliert und beeinflusst hatte.
    »Du hast deine Mutter gehört«, sagte ich, als wir das Zimmer verließen. »Ich bin ein toller Kerl.«
    »Ganz besonders mag ich deine Bescheidenheit.«
    Mein Grinsen wurde nur breiter. Ich blieb vor einem Getränkeautomaten stehen, fütterte ihn mit vier Dollarscheinen und zog zwei Flaschen Wasser heraus. Eine gab ich Jules, die andere behielt ich für mich selbst.
    »Ich weiß nicht …«, setzte Jules an, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Tränen schimmerten in ihren Augen, und mit einem Mal wirkte sie so klein und verloren, dass ich mich fragte, ob ihr überhaupt jemals in ihrem beschissenen Leben jemand geholfen hatte. »Mir …«
    »Du brauchst dich nicht zu bedanken.«
    Ihr war anzusehen, wie erleichtert und dankbar sie war, doch ich wollte keinen Dank dafür, dass ich den Verstand einer schwer kranken Frau manipuliert hatte.
    Sie schluckte einmal hart, dann nickte sie. »In Ordnung, aber eines Tages werde ich dir das alles zurückzahlen.«
    »Wenn du mich erst besser kennst, wirst du feststellen, dass es nichts gibt, was man mir zurückzahlen muss.« Besser kennen? War ich übergeschnappt? Ich hatte überhaupt nicht vor, meine Bekanntschaft mit ihr zu vertiefen! Dass sie mich begleitete, diente lediglich ihrem Schutz.
    Als wir am Empfang ankamen, ließ ich uns ein Taxi rufen, dann nahm ich Jules’ Tasche und wir hockten uns in die gemütliche Sitzecke im Wartebereich.
    »Warum ein Taxi?«, wollte Jules wissen. Mit einem raschenBlick vergewisserte sie sich, dass uns niemand zuhörte, dann fragte sie: »Warum versetzen wir uns nicht einfach?«
    »Wir können uns nur an Orte versetzen, an denen ich schon einmal gewesen bin.«
    »Du warst also noch nie in … Warte mal! Du hast mir noch gar nicht gesagt, wo wir überhaupt hinfahren!«
    »Orlando.«
    Ihre Augen wurden so groß wie die eines Kindes beim Anblick der Geschenke unter dem Weihnachtsbaum. »Nach Florida?«
    Ich nickte. »Und bevor du fragst, am Flughafen war ich auch noch nie, deshalb brauchen wir das Taxi.«
    »Lass mich eines klarstellen«, sagte Jules, während ich die Kappe von meiner Wasserflasche schraubte

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