Seelengrab (German Edition)
daraufhin eingeleitete Fahndung blieb bis zum gestrigen Tag ergebnislos.“
Hirschfeld dachte an die Akte zu Lena Zimmermann, die ihn schließlich auf den zweiten Leichenfundort gestoßen hatte. Die damaligen Ermittler hatten jede Möglichkeit in Betracht gezogen: von einem klassischen Ausreißen über Selbstmord bis hin zu einem Gewaltverbrechen. In den Akten war auch der Name eines Nachbarn gefallen, der zu Beginn der Ermittlungen unter Tatverdacht gestanden hatte: Jörg Winkler, 47 Jahre. Er besaß ein Fotostudio in Siegburg und hatte Lena über einige Wochen bedrängt. Die Ermittlungen gegen Winkler waren eingestellt worden, denn für die fragliche Tatzeit hatte er ein wasserdichtes Alibi vorweisen können.
„Die Obduktion der Leiche wurde heute Morgen im Rechtsmedizinischen Institut durchgeführt. Da wir bereits eine starke Vermutung hatten, um wen es sich bei der Toten handeln könnte, bereitete die Identifizierung über einen Gebissabgleich keinerlei Schwierigkeiten mehr.“
Der Anblick der stark verwesten und zum Teil skelettierten Leiche hatte Hirschfeld und Kirchhoff am Morgen allerdings mehr abverlangt als bei der Obduktion von Susanne Bach. Da die Tote über mehrere Monate unter der Erde gelegen hatte, war die Haut an manchen Stellen ausgetrocknet und hatte sich ledrig braun verfärbt. Eine Identifizierung hatten sie den Eltern von Lena erspart, da durch den Fäulnisprozess nicht mehr viel von ihrem Gesicht übrig geblieben war. Das Fleisch über dem Mund der Toten hatte sich so weit zurückgezogen, dass es aussah, als würde sie einen letzten Hilferuf in die Welt schicken.
„In Bezug auf den Todeszeitpunkt können wir keine klaren Aussagen treffen. Fest steht allerdings, dass Lena Z. bereits seit mehreren Monaten tot ist.“
Dieser Umstand, ging es Hirschfeld durch den Kopf, war jedoch kein Trost für Lenas Eltern, die Schröder am Vormittag persönlich vom Tod ihrer Tochter in Kenntnis gesetzt hatte. Der sonst so gut gelaunte Leiter der MK war nach seiner Rückkehr ungewohnt still gewesen und hatte sich erst einmal für ein paar Minuten in sein Büro zurückgezogen.
„Kommen wir nun zum zweiten Opfer, das in der Nacht zu Aschermittwoch aufgefunden wurde: Susanne B. hatte über die Karnevalstage eine Kurzreise in die Eifel geplant, um sich in der Abgeschiedenheit auf ihre anstehende Magisterarbeit vorzubereiten. Ihre Spur verliert sich am Vorabend zu Weiberfastnacht. Gegen 18.30 Uhr hat Susanne B. das Einkaufszentrum Am Weidenbach in Beuel-Pützchen verlassen. Laut Kassensystem hat die junge Frau sich mit Lebensmitteln und Toilettenartikeln eingedeckt. Darüber hinaus hat sie eine gelbe Regenjacke der Marke EMDEN gekauft. Uns liegen inzwischen vom fraglichen Tag Videoüberwachungsaufnahmen aus dem Supermarkt vor, auf denen Susanne B. zu sehen ist.“
Hirschfeld und Kirchhoff hatten sich die Dateien vor der Pressekonferenz angeschaut, jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen können. Ebenso enttäuschend war die Auswertung der Dateien, die die KTU am Vortag auf dem Laptop von Susanne Bach sichergestellt hatte.
„Zeugenaussagen zufolge ist sie mit ihrem blauen Audi 100 mit dem amtlichen Kennzeichen BN-SB-787 zum Supermarkt aufgebrochen. Das Fahrzeug konnte bisher nicht sichergestellt werden und ist seit dem Wochenende zur Fahndung ausgeschrieben.“
Im Zuschauerraum hüstelte jemand. Schröder war hoch konzentriert. Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, hatte sich der Leiter der Mordkommission gut auf die Pressekonferenz vorbereitet. Er sprach mit sicherer Stimme und warf nur hier und da einen kurzen Blick auf seine Notizen. Sein Fieber schien er dabei vollkommen vergessen zu haben.
„Ich möchte noch kurz etwas zur Auffindesituation der Leichen sagen: Beim Ereignisort handelt es sich um einen Grünstreifen der Rheinpromenade auf Höhe des Römerbads. Das zweite Opfer, Susanne B., wurde zufällig von Passanten, die sich nach einer Nubbelverbrennng am Rhein auf den Heimweg gemacht hatten, entdeckt. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen können wir davon ausgehen, dass wir es hierbei nur mit dem Fundort, jedoch nicht mit dem Tatort zu tun haben. In beiden Fällen zielte das Verhalten des oder der Täter auf die Beseitigung der Leiche ab.“
Jens Schröder ließ seinen Blick durch die Reihen schweifen, um dann zum nächsten wichtigen Punkt zu kommen:
„Bei der Obduktion von Susanne B. konnte Täter-DNA sichergestellt werden. Die Rede ist hier von kleinsten Hautpartikeln, die unter den
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