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Seelengrab (German Edition)

Seelengrab (German Edition)

Titel: Seelengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Buranaseda
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Wutausbruch.
    „Ich denke gar nicht daran“, tobte Berg weiter.
    Hirschfeld erhob sich ebenfalls von seinem Stuhl und ging zur Tür. Im Augenwinkel sah er, dass Berg eine Bewegung in seine Richtung machte.
    „Denken Sie nicht einmal dran, Herr Berg“, sagte Hirschfeld, ohne sich umzudrehen.
    Dann drückte er die Klinke herunter und ließ Berg im Verhörraum zurück. Während Hirschfeld hörte, wie der Kerl ihm weitere Verwünschungen hinterherrief, machte sich ein ungutes Gefühl in seiner Magengegend breit. Heiko Berg war nicht ihr Mann. Aber Hirschfeld wusste jetzt, wie der Täter vorgegangen war.

49
    Langsam bin ich sicher, dass ich an allem schuld bin. Bin zu nichts nutze. Sie sagen, dass der Teufel in mir steckt. Ich bete jeden Tag, dass er endlich weggeht. Sonntags darf ich jetzt in die Messe. Meine Knie schmerzen, wenn ich auf der harten Holzbank hocke. Aber ich bin dankbar, dass ich endlich rausdarf. Die Gebete kann ich inzwischen auswendig aufsagen. Beim letzten Mal fiel die Sonne durch das Fenster direkt auf meinen Platz. Das war der Finger Gottes, der auf mich gezeigt hat. Ich bin voller Sünde. Wegen mir sterben die Kinder auf der anderen Hälfte der Welt. Dieser Satz ging mir durch den Kopf. Immer wieder und wieder. Wie ein Karussell drehten sich die Worte. Bis mir schlecht wurde und ich umgekippt bin. Jetzt sage ich jeden Tag zehn Vater-Unser und 20 Ave-Maria auf. Und will auch immer artig sein.

50
    Hirschfeld fröstelte. Beerdigungen gehörten zu der Sorte Veranstaltungen, von denen er sich fernhielt, wenn es sich vermeiden ließ. An diesem Samstagvormittag gab es jedoch keine Ausreden. Hirschfeld hatte sich mit Kirchhoff auf den Weg zum Bonner Nordfriedhof gemacht, um dem Begräbnis von Susanne Bach beizuwohnen. Seit ihrer Identifizierung war eine knappe Woche vergangen. Von Susannes Mörder fehlte nach wie vor jede Spur. Obwohl Heiko Berg kein Alibi für die mutmaßliche Tatzeit hatte, war das Ergebnis des DNA-Schnelltests eindeutig gewesen: Er hatte zwar ihr Auto gestohlen, Susanne jedoch nicht angerührt. Auch die Fabrikanten und Anwohner der Auguststraße, in der der Täter den Audi 100 nach dem Mord abgestellt hatte, bestätigten die Aussage von Berg. Für die Ermittler der MK war es ein schwacher Trost gewesen, dass sie nun eine Vorstellung davon hatten, wie Susanne überwältigt worden war. Der Täter musste sie auf dem Parkplatz vor dem Einkaufszentrum vor ihrem Wagen angesprochen und in einem Augenblick der Unachtsamkeit in den Kofferraum gestoßen haben. Die kriminaltechnische Untersuchung hatte ergeben, dass sich auf der Innenseite des Deckels mehrere gut erhaltene Handabdrücke von Susanne befanden. Ein trauriges Zeugnis davon, dass sie noch versucht hatte, sich zur Wehr zu setzen.
    „Für einen Sitzplatz ist es wohl zu spät“, bemerkte Kirchhoff und deutete auf die Friedhofskapelle, vor der sich eine große Menschentraube gebildet hatte.
    Sie hatten das Eingangstor passiert und hielten sich auf dem breiten asphaltierten Hauptweg, der direkt zur Kapelle führte. Die Bäume der Allee, zwischen denen hier und da ein paar verwitterte Grabsteine aus dem späten 19. Jahrhundert aufragten, streckten ihre kahlen Äste in den grauen Himmel. Irgendwo flog ein Vogel auf und entfernte sich mit schnellen Flügelschlägen. Wie Hirschfeld hatte Kirchhoff die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Auf der Fahrt zum Friedhof hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt, sondern waren ihren eigenen Gedanken nachgehangen.
    „Ja, aber so haben wir vielleicht die Trauergäste besser im Blick, ohne allzu sehr aufzufallen“, erwiderte Hirschfeld und zog die Schultern hoch.
    Es war nicht auszuschließen, dass Susannes Mörder an der Trauerfeier teilnahm. Auf diese Möglichkeit war die Mordkommission vorbereitet. Mehrere Beamte in Zivil befanden sich auf dem Gelände, beobachteten die Ein- und Ausgänge oder notierten sich außerhalb der Friedhofsmauern die Kennzeichen der parkenden Fahrzeuge.
    „Bei mehr als 100 Trauergästen wird das keine leichte Aufgabe sein“, gab Kirchhoff zurück.
    Trotz des hohen Personalaufwands konnte es passieren, dass der Täter unbemerkt blieb, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sie keinerlei Anhaltspunkte hatten, nach wem sie Ausschau halten mussten.
    „Da muss ich dir leider Recht geben“, meinte Hirschfeld.
    Die beiden Kriminalhauptkommissare hatten inzwischen den Vorplatz erreicht und bahnten sich zwischen den schwarz gekleideten Menschen, die sich

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