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Seelenhüter

Seelenhüter

Titel: Seelenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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keinen Groll.« Er wollte sich ihnen anvertrauen, ihnen von dem mysteriösen Geist erzählen, den er retten sollte, aber er wollte sie nicht belasten.
    Obwohl er gehofft hatte, dass seine Erklärung die beiden beruhigen würde, und obwohl sie Verständnis heuchelten, war ihm bewusst, dass seine Gedanken ihm zu deutlich ins Gesicht geschrieben waren. Schon bald würden die Geister genug Kraft haben, um ihm und jedem, der sich ihnen in den Weg stellte, Schaden zuzufügen. Obwohl die Verlorenen kein Interesse an Ana und Alexis zu haben schienen, waren die beiden allein durch ihre Nähe zu ihm in Gefahr. Doch er konnte sie nicht allein zu ihrer entfernten Familie reisen lassen. Er musste sie begleiten, bevor er sich um ihretwillen von ihnen distanzierte und das Böse zum Kampf herausforderte.
    Für den Rest der Reise blieben sie zusammen und verließen kaum die Kabine. Calder stand an der Tür, die Hand in der rechten Hosentasche, und hielt Anas Locke. Ana vertrieb sich die Zeit damit, ihre Lieblingsartikel aus der Filmzeitschrift in Reime zu übersetzen. Außerdem zog sie ihr braunes Kleid wieder an, nachdem sie es gewaschen und auf einer Wäscheleine in der Kabine getrocknet hatte.
    »Der Fetzen ist furchtbar«, sagte ihr Bruder. »Wirf ihn weg.«
    Doch sie weigerte sich.
    * * *
    An dem Tag ihrer Ankunft in Portsmouth gingen sie an Deck, wo die Sonne hell schien und die Luft klar war. An der Seite des Schiffs trieb ein toter Wal an ihrer Seite, der riesige Körper von vorn bis hinten verbrannt und gebrochen. Während sie das tote Tier schockiert anstarrten, flatterte eine Seemöwe zwischen ihnen hindurch, streifte Calder mit einem Flügel an der Schulter und flog geradewegs in die Wand hinter ihnen, um mit gebrochenem Genick zu Boden zu fallen.
    Keiner sagte etwas, aber Calder hatte sofort Rasputins Beschreibung im Kopf, wie die verlorenen Seelen durch Wale hindurchflogen.
    Sie ließen die Koffer auf dem Schiff – Ana wollte nur das braune Kleid mitnehmen. Als sie von Bord gingen, erkannte Calder, dass die toten Tiere die Kinder heftiger erschreckt hatten als erwartet. Beide waren kreidebleich.
    Während sie über die Gangway schritten, fragte er: »Wo lebt euer Onkel?«
    »Du machst Witze«, erwiderte Alexis.
    »Ich glaube nicht, dass sie im Palast sind«, erinnerte ihn seine Schwester. »Ich denke, sie sind in Norfolk.«
    »Was meinst du mit ›Palast‹?«, fragte der Seelenhüter.
    »Er ist der König«, erklärte sie gleichmütig.
    Calder blieb stehen. »Der König von England?« Seine Knie wurden weich. »Euer Onkel ist der König von England?«
    »Nicht ganz«, berichtigte ihn Alexis. »Er ist unser Cousin.«
    »Warum habt ihr mir das nicht früher gesagt?«
    Ana zuckte mit den Schultern. »Spielt es eine Rolle?«
    Calder eskortierte sie bis zum Bahnhof und versuchte, nicht an die Erklärungen zu denken, die er bald würde abgeben müssen. Sie stiegen in den Zug nach Norfolk, wo die königlichen Cousins sich aufhielten.
    Vor ihnen saß eine junge Mutter mit ihrer Tochter, auf der anderen Seite des Ganges ein Soldat mit seinem Rucksack. Ana saß am Fenster und schaute auf den Bahnsteig hinab, als der Zug ein zittriges Tuten ausstieß. Alexis fand unter seinem Sitz eine Schachtel Zündhölzer und schüttelte sie. Es schienen noch einige Hölzer darin zu sein.
    Der Kopf des Babys ruhte auf der Schulter der Mutter, und die Kleine schob sich zwei Finger der rechten Hand in den Mund. Als sich der Zug in Bewegung setzte, starrte sie Calder mit großen Augen an. Er lächelte, was sie erwiderte, die Finger fest zwischen den Babyzähnchen.
    Calder hörte, wie Alexis ein Streichholz hervorzog und es anzündete.
    »Lass das«, wies ihn Ana zurecht.
    Der Seelenhüter blickte zu den beiden hinüber. Als wäre es das Natürlichste von der Welt, hielt Alexis seine Hand dicht über die Flamme.
    »Hör auf«, fuhr ihn seine Schwester an.
    Als Calder den Schmerz auf Alexis’ Gesicht sah, packte er ihn am Handgelenk und schüttelte die Flamme aus. Der Junge hielt ihm die geschwärzte Handfläche hin, was Ana mit einem angewiderten Laut kommentierte. Dann wischte er sich den Ruß an der Hose ab und zeigte erneut seine Hand vor – weiß und unverletzt.
    »Sei nicht so widerlich«, sagte Ana.
    Calder nahm die Zündholzschachtel und warf sie aus dem Fenster.
    »Ich habe keine Brandblasen«, sagte Alexis staunend. »Aber es hat weh getan, als ob die Haut verbrennt.«
    Die Mutter vor ihnen verlagerte ihr Gewicht auf dem Sitz. Calder

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