Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
gegeben. Er will, dass du uns nicht mehr vertraust, vielleicht sogar dich von uns abwendest.“
Es wurde totenstill. Auch Jack und Chaff hatten zugehört und hielten in ihrer Tätigkeit inne. Ich starrte Alec an.
„Woher willst du das wissen?“, fuhr Jason ihn an.
Alec wandte ihm sein Gesicht zu. Darin zeichnete sich blanker Zorn ab.
„Ich bin nicht nur sein ehemaliger bester Freund, sondern auch sein Schöpfer! Verstanden, dummer Köter?“, gab Alec zurück.
Jason blähte die Nasenlöcher und bleckte die Zähne. Er sprang vom Stuhl auf, der auf den Boden krachte, und stürzte sich auf Alec.
„Jason!“, schrie ich, doch es war zu spät.
Jason hatte Alecs Kehle umfasst und drückte ihn nun gegen die Wand. Aus seinem Hals drang ein wütendes Knurren.
„Na los! Töte mich! Aber das wird sie dir niemals verzeihen! Vertrau mir!“, rief Alec.
„Vielleicht wird sie mir aber auch dankbar sein!“, entgegnete Jason.
„Das glaubst du doch selbst nicht! Ich bin ihr genauso wichtig wie du! Oder denkst du, sie hat es mit mir nur so lange ausgehalten, weil ich ihren Bruder habe?“
Jason knurrte erneut.
„Michael!“, rief ich.
Wo war er? Ich hatte ihn in der ganzen Aufregung vergessen! Ich hatte ihn niemals hier gesehen. Also wo war er? Alec bemerkte meinen Blick.
„Er ist bei Chraz! Das wollte ich dir die ganze Zeit sagen!“, erklärte er mir.
Meine Augen weiteten sich.
„D-dann müssen wir ihm helfen! Wir können ihn nicht im Stich lassen! Er ist doch noch ein Kind!“, fing ich hektisch an.
Jason und Alec hatte ich schon vergessen. Mein erster und einziger Gedanke galt Michael. Erst als Alec weitersprach, nahm ich ihn und Jason wieder wahr.
„Im Moment bist du ihr ebenso egal wie ich, so viel steht fest!“
„Hör auf, so von ihr zu reden!“, zischte Jason.
„Wenn du mich loslässt …“, Alec lächelte kalt.
„Jason, lass ihn los!“, sagte ich beinahe schon beiläufig.
Das verwirrte ihn und er ließ Alec tatsächlich los. Dieser rieb sich den Hals. Jason wandte sich mit einem abfälligen Blick von ihm ab und sah mich an.
„Michael!“, wiederholte ich.
Chaff legte mir eine Hand auf die Schulter.
„Es ist zu spät!“, sagte er mit seiner tiefen Stimme.
Ich wirbelte herum. Tränen standen in meinen Augen.
„Du hast es gewusst?“, fragte ich ihn.
Er schlug die Augen nieder. Ich wusste, was das bedeutete. Sie alle hatten es gewusst.
„Wieso? Wieso habt ihr mich alle angelogen?“, schrie ich.
Keiner antwortete. Alle wichen meinem Blick aus. Außer Adila, die keine Ahnung hatte, was plötzlich los war.
„WIESO?“ Meine Stimme überschlug sich.
Alec sah mich an. In seinem Blick lag Reue. Und sie war echt. Er wollte mir sagen, was passiert war. Doch aus irgendeinem Grund hatte er es nicht getan.
„Wieso?“ Meine Stimme versagte.
Diese Frage war ganz allein an Alec gerichtet.
„Sie dachten, es wäre besser, wenn du es nicht wüsstest!“, fing er an. „Michael ist nie bei Professor Bram eingetroffen! Als ich ihn nach ihm gefragt hatte, wusste niemand etwas von ihm! Ich wollte es dir sagen, doch ich konnte nicht! Ich hatte Angst, dass du mich danach für immer hassen würdest!“
Die Tränen rollten still und leise über meine Wangen. Meine Knie zitterten, bis mich meine Beine nicht mehr tragen wollten. Ich klappte einfach zusammen und sank auf den Boden. Zwei kalte Hände hoben mich vom Boden hoch und trugen mich die Treppe hinauf. Ich war mir sicher, dass es Alec war, doch ich konnte ihn nicht sehen. Meine Tränen bildeten einen undurchdringlichen Schleier und ich war zu sehr auf meinen Bruder konzentriert, als dass ich irgendetwas anderes hätte wahrnehmen können. Vor meinen Augen spielten sich gerade tausend Möglichkeiten ab, wie mein Bruder getötet werden konnte. Falls es nicht schon längst geschehen war.
Ich spürte eine weiche Decke unter meinen Fingern. Meine Hand verkrampfte sich und krallte sich in die Decke. Ich lag auf einem Bett, Alec saß neben mir. Eine Weile blieb alles so, bis meine Augen wieder klar wurden. Das Erste, was ich sah, war Alecs Gesicht. Endlich konnte ich wieder klar denken. Ich streckte die Hand nach seiner Wange aus und berührte sie sachte, als könnte ich ihm wehtun. Er sah mich voller Reue an und wandte dann sein Gesicht ab.
„Wie kannst du mich noch ansehen, nach dem, was ich dir angetan habe?“, fragte er leise.
Ich sah ihn verständnislos an.
„Wie könnte ich dich hassen?“, erwiderte ich.
Er schaute mich
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