Seelenkälte: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)
um an die Rückseite des Hauses zu gelangen. Doch als sie sich dem kleinen Anbau näherte, blieb sie plötzlich wie angewurzelt stehen.
Das summende Geräusch war lauter geworden, und jetzt erkannte sie, dass es nicht von einem Generator stammte, wie sie anfangs gedacht hatte, sondern von einem Motor. Und es kam direkt aus der Garage!
Panik ergriff sie. Mit einem langen Satz hechtete sie zum Garagentor und drehte den Griff. Aber das Tor ließ sich nicht öffnen, es war abgeschlossen. Suna zerrte und rüttelte an dem Griff, musste aber schnell einsehen, dass es sinnlos war. Er bewegte sich keinen Millimeter.
Noch während Suna um die Garage herumlief und nach einer Tür oder einem Fenster suchte, durch das sie ins Innere gelangen konnte, zog sie ihr Handy aus der Tasche und wählte den Notruf. Sie gab die genaue Adresse durch und schilderte in knappen Worten die Situation.
Da entdeckte sie eine schmale Tür in der Seitenwand. Hoffnungsvoll machte sie ein paar schnelle Schritte auf sie zu, wurde aber sofort wieder entmutigt. Anstelle einer Klinke besaß die Tür nur einen Knauf mit einem Schloss darin. Und natürlich hatte Suna keinen passenden Schlüssel.
Möglicherweise hatte Irene einen hier irgendwo unter einem Blumentopf oder einem großen Stein deponiert, wie viele Leute das so machen, schoss es ihr durch den Kopf, aber sie nahm sich nicht die Zeit, danach zu suchen.
Stattdessen rannte sie zu dem verwahrlosten Grundstück nebenan, sprang über den zum Glück ziemlich niedrigen Zaun und sah sich eilig um. Irgendetwas musste es doch in diesem Chaos geben, mit dem man eine Tür aufbrechen konnte. Doch sie erblickte nur Plastikmüll, morsche Bretter und einen Kindertraktor aus Plastik mit einer gebrochenen Achse. Sie rannte ein paar Schritte weiter, bis sie endlich auf einem Haufen mit Bauschutt ein paar rostige Eisenstangen entdeckte, die sehr stabil wirkten. Sie griff sich die kürzeste von ihnen und hastete zurück zur Garage, wobei sie beim Sprung über den Zaun noch fast an einem Stück Draht hängengeblieben wäre.
Suna stieß einen Fluch aus und konzentrierte sich dann ganz auf die Tür, durch die immer noch das bedrohliche Motorengeräusch drang. Diese bestand aus Metall und wies zahlreiche Kratzer auf. Anscheinend hatte sich schon einmal jemand daran zu schaffen gemacht, denn in Höhe des Schlosses waren deutliche Spuren eines Aufbruchsversuchs zu erkennen.
Suna betete, dass die Tür genauso instabil war, wie sie aussah.
Sie setzte ihre Eisenstange wie ein Brecheisen in eine der schon vorhandenen Kerben und zog sie zu sich heran. Die scharfkantigen Rostteilchen drückten sich schmerzhaft in ihre Haut, aber das Schloss gab nicht nach. Also versuchte sie es andersherum. Sie schob sich zwischen Eisenstange und Garagenwand, drückte sich mit dem Rücken an der Wand ab und schob die Stange mit aller Kraft nach vorn.
Doch plötzlich rutschte sie ab. Mit einem Ruck schnellte die Eisenstange vor und riss ihr die Handfläche auf. Ein hässlicher Riss von vier oder fünf Zentimeter Länge erschien. Die Wunde blutete stark.
Suna biss sich auf die Unterlippe und versuchte, weder das Blut zu beachten, das von ihrer Hand auf den Boden tropfte, noch den Schmerz, der ihren ganzen Arm durchfuhr. Irgendwie musste sich diese verdammte Tür doch öffnen lassen!
Aber egal, was sie auch versuchte, das Schloss saß absolut fest. Es ließ sich weder aufhebeln noch einschlagen.
Suna wischte sich mit dem Jackenärmel den Schweiß von der Stirn und überlegte. Ihr blieb nur noch eine Chance. Wenn sie so nicht weiterkam, blieb ihr nichts anderes übrig, als auf die Rettungskräfte zu warten. Aber einen Versuch wollte sie noch wagen, ehe sie aufgab.
Diesmal setzte sie ihr Einbruchswerkzeug an der anderen Seite der Tür an. Vielleicht waren deren Angeln ja nicht ganz so stabil wie das Schloss.
Wieder drückte sie mit aller Kraft. Obwohl sie deutlich spürte, dass diese langsam nachließ, war sie noch nicht bereit, aufzuhören. Sie drückte weiter. Schließlich wurde sie belohnt. Ein leises Knacken kündigte an, dass die obere Angel langsam nachgab. Als sie brach, ertönte ein lautes Knirschen.
Suna drückte noch weiter, bis der Spalt zwischen Tür und Rahmen groß genug war, um die Finger hindurchzuschieben. Mit beiden Händen zog sie an dem verbogenen Metall der Tür, bis auch die untere Verankerung brach. Mit einem lauten Scheppern fiel die Tür zu Boden.
Sofort stürzte Suna in die Garage. Nach dem hellen Sonnenlicht
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