Seelenkälte: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)
Aufregung langsam und ruhig zu sprechen. Ausführlich berichtete sie von ihren Untersuchungen. »Die Mail auf Saskias Computer war zwar gelöscht, aber vielleicht könnt ihr ja auf dem Computer von Susanne Baudelhoff nachsehen, was sie ihr geschrieben hat. Zwei Frauen, die innerhalb von so kurzer Zeit eines gewaltsamen Todes sterben und sich Mails schreiben, das kann doch kaum ein Zufall sein.«
»Wow, das ist jetzt echt mal eine Neuigkeit.« Rebecca pfiff leise durch die Zähne. »Allerdings hatte Susanne Baudelhoff mit so vielen Leuten in Lübeck zu tun, da wirst du es eher schwer haben, jemanden zu finden, der nicht mit ihr in Verbindung stand. Außerdem gibt es da ein Problem. Wir haben das nicht an die Presse gegeben, aber ihr Laptop ist verschwunden. Einen festen PC hatte sie nicht. Wir vermuten, dass der Mörder ihr nach der Tat die Wohnungsschlüssel abgenommen hat und damit zu ihr nach Hause gegangen oder gefahren ist und den Computer geholt hat. Wahrscheinlich war also irgendetwas darauf, das ihn belasten könnte.«
»Okay«, sagte Suna gedehnt, »das ist natürlich blöd. Ich hatte gehofft, dass ich so schneller weiterkommen würde. Na ja, immerhin ist damit zumindest klar, dass die Baudelhoff kein zufälliges Opfer war. Aber momentan hilft mir das leider nicht wirklich weiter. Ob das für meinen Fall eine Bedeutung haben könnte, das muss ich mir erst durch den Kopf gehen lassen.«
Rebecca holte tief Luft. »Tu das. Und gib mir Bescheid, wenn du zu einem Ergebnis kommst, ja? Wir tappen nämlich immer noch ziemlich im Dunkeln. Ich melde mich dafür, wenn die Polizei irgendeine Verbindung zu Saskia Christensen findet. Das Ganze wird immer merkwürdiger.«
»Das kannst du laut sagen«, stimmte Suna zu. »Ich hoffe, dass mir Kobo bald mitteilen kann, was in der Mail stand. Wer weiß, vielleicht war alles ganz harmlos und die ganze Aufregung war umsonst.« Sie lachte ohne eine Spur von Heiterkeit auf. »Vielleicht war es nur eine Verabredung zum Häkelabend.«
*
Eine halbe Stunde später war Suna gerade dabei, noch einmal alle Fakten zu dem Fall auf kleine Zettelchen zu schreiben und an ihre Magnetwand zu heften, als das Telefon klingelte. Sie legte den Stift beiseite und nahm ab.
»Hallo, hier ist Tamara Steffens«, meldete sich eine jung klingende Stimme. Suna wusste sofort, mit wem sie sprach: Saskias beste Freundin in London.
»Ich habe gesehen, dass Sie ein paar Mal versucht haben, mich anzurufen, also dachte ich mir, ich melde mich einfach mal bei Ihnen.«
»Das ist nett von Ihnen, das erspart mir eine Menge Arbeit.« Suna bemühte sich um einen ausgesucht freundlichen Tonfall. »Mein Name ist Suna Lürssen. Ich bin Privatermittlerin und untersuche den Tod von Saskia Christensen. Ihre Schwester Linda hat mich damit beauftragt. Und in diesem Zusammenhang würde ich Ihnen gern ein paar Fragen stellen. Wie ich gehört habe, waren Sie Saskias beste Freundin.«
Einen Moment herrschte Stille.
»Ja, das ist richtig«, erwiderte Tamara leise. »Ich war schon seit der Schulzeit mit ihr befreundet, aber in den letzten zwei Jahren haben wir uns natürlich nicht so oft gesehen, weil ich ja nach England gezogen bin. Wir haben aber regelmäßig telefoniert. Als ich gehört habe, was passiert ist, konnte ich es kaum glauben.«
»Aber Sie wussten, dass Saskia wegen Depressionen in Behandlung war?«, hakte Suna nach.
»Das schon. Trotzdem hätte ich niemals damit gerechnet, dass sie ...« Sie stockte.
»Linda hat mir erzählt, dass Saskia vorher schon zweimal versucht hat, sich das Leben zu nehmen«, erinnerte sie Suna. »Da dürfte das dritte Mal doch eigentlich keine so große Überraschung gewesen sein.« Sie bemühte sich, dass ihre Stimme möglichst neutral klang und keinerlei Vorwurf oder Anklage darin mitschwang.
Tamara dachte eine Weile nach, bevor sie antwortete. »Das ist schon richtig, aber die ersten beiden Versuche sind schon so lange her, damals war Saskia ja noch ganz anders drauf. Wäre es zu dieser Zeit passiert, hätte es mich wahrscheinlich nicht so unvorbereitet getroffen wie jetzt. Saskia hatte sich so verändert, seitdem sie mit Jörn zusammen war. Sie war viel stabiler, viel lebenslustiger. Ich dachte wirklich, sie hätte es endlich aus ihrem Tief herausgeschafft.«
»Wissen Sie, was der Grund für dieses Tief war?«
»Nein, ich habe keine Ahnung«, gab Tamara bestimmt zurück. »Wir haben uns kurz vor dem Schulabschluss kennengelernt, als ich mit meinen Eltern nach Lübeck gezogen
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