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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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einmal wollte, dass es wieder in tiefen Schlummer sank.
    Im Verein mit ihrer Verwirrung, den Sorgen und dem Stress entstand daraus kein besonders tolles Gefühl. Trotzdem war der Kuss … wow!
    »Es war das Gift«, sagte Reynard. »Ich bitte um Verzeihung.«
    Er klang jedoch eher zufrieden als reumütig.
    »Ja, klar.« Ashe öffnete den Kühlschrank und suchte die Fächer nach irgendeiner Nervennahrung ab, die es sich zu stibitzen lohnte. »Das Gift hat dich dazu gebracht.«
    Göttin!
Auf leeren Magen konnte sie einfach nicht über den Kuss nachdenken. Sie musste schon ihre gesamte Selbstbeherrschung aufwenden, um Reynard nicht auf den Tisch zu werfen und den Fehler zu wiederholen – zum Henker mit Vernunft, Mutterschaft und allem! Und er besaß die Stirn, sich zu entschuldigen, als wäre er versehentlich in sie reingefahren.
Uuuh, gruselige Metapher!
    »Würde dir eine andere Entschuldigung besser gefallen?« Aha, diesmal also sarkastisch!
    »Keine Frau hört gern, dass sie wegen eines Anfalls von getrübter Wahrnehmung geküsst wurde.«
    »Verflucht noch eins, Ashe!« Plötzlich war Reynard neben ihr und packte ihr Handgelenk so kraftvoll, dass er sie beinahe in die Luft gerissen hätte. »Hör mich an!«
    Ashe starrte ihm wütend in die Augen.
Niemand
packte sie so und behielt seine Finger! »Was ist?«
    Er bleckte die Zähne, was halb nach einer Grimasse, halb nach einem Fauchen aussah. »Verstehst du es denn nicht? Wenn ich das Gift fühlen konnte, bedeutet es, dass jene Kräfte schwinden, die mir der Wächterdienst verliehen hat. Ich bin von meiner Lebensessenz getrennt, und ich beginne zu sterben.«
    Sie rechnete mit einem Ausdruck von Angst in seinen grauen Augen, doch stattdessen erkannte sie nichts außer zornigem Trotz. Ja, wie diese Rage sich anfühlte, wusste sie. Dieselbe hatte sie angetrieben, als sie ihren ersten Vampir pfählte.
    »Dann bleibt dir nicht mehr viel Zeit«, stellte sie fest. Der säuerliche, metallene Geschmack von Angst lag auf ihrer Zunge.
    »Mir bleibt nicht mehr viel
Leben
.« Er ließ sie los und trat einen Schritt zurück. »Ich hätte dich nicht küssen dürfen, doch ich habe es sehr genossen.«
    Das klang ehrlich. Ashe machte die Kühlschranktür zu. »Entschuldigung angenommen.«
    Reynard sah sie an, als wollte er sie mittels seines Blicks dazu bringen, ihn zu verstehen. »Ich muss rasch handeln, bevor ich entscheide, dass mir eine Ewigkeit im Kerker gestohlen bleiben kann. Es ist viel zu verlockend, wahrhaft zu leben, solange ich kann. Und die Wahl zwischen Tod und ewiger Finsternis birgt wenig Reizvolles.«
    Seine unverblümten Worte raubten Ashe den Atem, und ihr Mund wurde trocken. »Ich habe gesagt, dass ich dir helfe. Du wirst leben, und wenn ich dich besoffen in einer Schubkarre zu Mac zurückschaffen muss, mit deiner Urne auf die Stirn geschnallt.«
    »Ein ausgesprochen charmantes Bild.«
    »Ich bin nun mal recht handfest.«
    Er bedachte sie mit einem Blick, der Ashe verriet, dass die Giftgeschichte nur halb wahr war. Captain Reynard wusste, was ihm gefiel, und nichts als ein dünner Hauch Zivilisiertheit hielt ihn zurück. Hatte er zu lange mit den Monstern gespielt, oder war er schon mit dieser wilden Ader geboren worden? Ashe konnte sie fast schmecken, die Spur von Zügellosigkeit in der Luft. Jeden Moment könnte er es sich anders überlegen; dann wäre Ashe diejenige auf dem Tisch.
Jippie!
    Wohlige Hitze regte sich in ihrem Bauch, die jedoch von Traurigkeit durchwirkt war. Diese Mischung aus Verlangen und Kummer erinnerte sie viel zu sehr an ihren Mann und dessen sinnlosen Tod. Ashe wandte das Gesicht ab und schluckte, weil sie auf einmal einen Kloß im Hals spürte.
Zurück zum Geschäftlichen!
Sie wusste, dass der Bibliotheksleiter draußen wartete, um sie zur Tür zu bringen.
    »Ich muss meine Tochter abholen. Die Betreuung nach der Schule war so nett, sie zu meiner Großmutter zu begleiten.«
    Ihre Schuldgefühle hatten sich hartnäckig festgesetzt. Gute Mütter verpassten die Abholzeit nicht, weil sie sich gegenüber der Polizei erklären mussten.
Göttin, was ist, wenn ich meinen Job verliere?
    Reynard schien ihr anzusehen, was sie dachte. Zwischen seinen Brauen bildete sich eine steile Sorgenfalte, und er strich ihr sanft über die Wange. Sofort versteifte Ashe sich, wich aber nicht zurück. Seine Berührung war liebevoll, nicht aufdringlich. Sie war es eben schlicht nicht mehr gewohnt, einen Mann um sich zu haben.
    »Möchtest du, dass ich gehe?«,

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