Seelenkuss / Roman
Riesenkaninchen, dem Dämonenproblem des Anwalts und dem Urnenraub, bis sie mit Frederick Lloyd, dem Vampir in der Stadtbücherei, endeten. Als sie erzählten, dass er vom König des Ostens gesandt wurde, der einen Erben wollte, wurde Grandmas Gesicht fleckig vor Sorge.
»Meine Göttin!« Grandma schenkte sich Kaffee nach, was eher so wirkte, als müsste sie vor allem etwas mit ihren Händen anfangen. »Wollen die Vampire auf einmal alle eigene Kinder, bloß weil Holly und Alessandro ein Baby bekommen haben?«
»Nur einige von ihnen«, antwortete Ashe trocken. »Lloyd rutschte etwas über andere Vampire heraus, die Vaterschaft für eine Abscheulichkeit halten. Übrigens benutzte der Heckenschütze im Botanischen Garten denselben Ausdruck.«
Reynard blickte finster drein. »Glaubst du, der Heckenschütze oder derjenige, der ihn angeheuert hat, wollte künftige Kinder verhindern, indem er dich umbringt?«
»Schwebt Holly auch in Gefahr?«, erkundigte Grandma sich, obgleich die Antwort auf der Hand lag.
Eisige Furcht kroch Ashe in die Glieder. Falls Omara, die örtliche Vampirkönigin, von dem Boten vom König des Ostens erfuhr, würde sie ausflippen. Und die Vampirpolitik verschonte niemanden. Mord und Totschlag würden über ganz Fairview hereinbrechen. Sie mussten die Sache regeln, ehe ihre reißzahnige Hoheit davon Wind bekam.
Ashe sah Grandma an und entnahm ihrer Miene, dass sie genauso dachte. »Holly ist unsere beste magische Waffe, aber sie sagt, ihre Kräfte sind immer noch ziemlich angeschlagen. Hast du eine Ahnung, wann sie wieder richtig zaubern kann?«
»Bald. Normalerweise dauert es nach der Geburt ein bis zwei Monate, bis eine Hexe sich erholt hat. Bis dahin passt Alessandro auf sie auf. Achte du auf dich und Eden! Schütze deine Familie! Und pfähle meinetwegen die halbe Vampirbevölkerung in der Stadt, wenn du musst!«
Grandma Rambo. Super!
»So einfach wird das nicht. Ich stecke in einem Sorgerechtsstreit, und Monsterjagd gilt nicht als erstrebenswerter Beruf für eine alleinerziehende Mutter. Selbst wenn ich unterm Radar durchfliege, bleibt immer noch die Rachsucht der Vampire. Ich befürchte, sobald ich mich rühre, ist Eden in Gefahr.«
»Dann lass mich dein Schwert sein«, bot Reynard an, der sich über den Tisch zu ihr beugte. Im Dämmerlicht des Esszimmers waren seine Augen dunkler und vertrieben alles Weiche aus seinem Gesicht. Es wirkte nur noch kantig und hart. Granit mit Stahlkante, dachte Ashe. »Es besteht kein Grund für dich, dass du dich oder deine Tochter einem Risiko aussetzt. Nicht solange ich hier bin.«
Aber du wirst nicht lange hier sein.
»Du hast deine eigenen Probleme.«
»Es ist das Mindeste, was ein Gentleman tun kann.« Er lächelte spöttisch. »Zudem meine ich, mich zu erinnern, dass wir uns einigten, einander zu helfen.«
Ashe lehnte sich zurück, weil sie Abstand brauchte. Das hier war zu viel, zu schnell. »Ich habe gesagt, dass
ich dir
helfe. Ich jage nicht mit einem Partner – hab ich noch nie und werde ich auch in Zukunft nicht.«
Sie blickte ihm in die Augen, denn er sollte erkennen, dass es ihr ernst war. Für einen Sekundenbruchteil glaubte sie, etwas zu sehen, das Verletztheit gewesen sein könnte, aber dann wurde sein Blick wieder so hart und grau wie die Steine der Burgmauern. Er nahm ihre Weigerung als persönliche Zurückweisung, und Ashe wurde heiß vor Verärgerung.
Na klasse! Als hätte ich die Muße, mich um verwundete männliche Egos zu kümmern!
»Mo-o-o-om!«, brüllte Eden aus dem Wohnzimmer.
Die Luft um den Tisch der Erwachsenen knisterte vor Anspannung, was sich durch die Unterbrechung noch verschlimmerte.
Ashe atmete zittrig ein und rief: »Horch, ich höre die liebliche Stimme von Prinzessin Eden!«
»Darf ich bitte noch was von dem Nachtisch haben?«
Ihre gute Grammatik aktivierte Eden nur, wenn sie etwas wollte. »Komm und hol ihn dir!«
»Aber ich
lese
gerade!«
»Dann lass deine Augäpfel da.«
»Mo-o-om!« Diesmal unüberhörbar angewidert.
Ashe verzog das Gesicht. Es wurde aus entschieden zu vielen Richtungen an ihr gezerrt.
»Ich bringe ihr Dessert.« Reynard stand auf und warf Ashe einen kalten Blick zu. Seine Ungeduld sprach ihm quasi aus jeder Pore. Er schob ein Stück Schokokuchen auf einen Teller und schritt nach nebenan.
Grandma bedachte Ashe mit einem strengen Blick. »Du verstehst es wirklich, dir Freunde zu machen.«
»Ja, ja«, murmelte Ashe.
»Er wäre ein guter Partner. Er sieht aus, als hätte er
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