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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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mich in den Sattel gehoben habe. «
    » Es tut mir leid. « Sie spürte, wie sie rot anlief.
    Oqwen brummte zur Antwort nur und beugte sich im Sattel ein wenig zur Seite. Erst jetzt bemerkte Darejan, dass sie direkt neben Mirija ritten, die ihren Platz neben der Bahre eingenommen hatte. Vom Rücken des Ragon aus hätte man meinen können, die Krieger trügen einen Toten zwischen sich. Hinter ihr setzte Oqwen sich wieder gerade und hielt ihr etwas hin. Es war eine der rubinglitzernden Honigwaben.
    » Esst! Ihr braucht es ebenso wie er, um bei Kräften zu bleiben « , befahl er barsch. Doch das unhörbare Seufzen, das seinen Worten folgte und das Darejan nur in ihrem Rücken spürte, verriet ihr, dass auch er mehr und mehr die Hoffnung verlor, der DúnAnór könnte den Weg zurück aus dem Schleier finden. Gehorsam nahm sie ihm die Wabe aus der Hand, ehe sie einen Moment die Augen schloss, bis das plötzliche Brennen hinter ihren Lidern nachgelassen hatte. Honig perlte ihr über die Finger und sie leckte ihn hastig ab.

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    S chweigen herrschte im Großen Rat von Siard. Niemand wagte den grau gewandeten Krieger anzusehen, der mit der Dunkelheit gekommen war. Ein unheimlicher Bote der Korun. Die Nachricht, die er in kaltem Schweigen überbracht hatte, lag vor ihnen. Entlang der Grenze brannten die Dörfer und Städte. Sie hatten keine Wahl.

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    D rei weitere Dörfer. Nicht mehr als ein halbes Dutzend hatten den Angriff dieses Mal überlebt. Darejan lehnte den Kopf gegen den Stamm in ihrem Rücken und blickte zur fahlen Sichel des allmählich wieder zunehmenden Mondes empor. Gelegentlich flüsterte ein Windhauch zwischen den Zweigen und raschelte mit ihrem Laub. Knapp einen Schritt neben ihr brannte ein Feuer. Vermutlich hatte sie es Oqwen zu verdanken, dass ihr Unterschlupf für diese Nacht so errichtet war, dass sie sich mit dem Rücken an den Stamm einer schlanken Narlbirke lehnen konnte, um so selbst ein wenig ausruhen zu können. Wie immer lag der Kopf des DúnAnór schwer in ihrem Schoß. Sacht strich sie über seine Stirn und kämmte durch sein Haar, während ihr Blick müde zwischen den Feuern umherwanderte. In der Schale war der goldenrote See Steinrosenhonig zu einer kleinen Pfütze zusammengeschmolzen, die im Licht des Feuers schwarz glänzte. Wie schon so oft an diesem Tag tauchte sie die Finger hinein und schob sie dann rasch zwischen die Lippen des DúnAnór. Schritte, die langsam näher kamen, ließen sie aufsehen. Auf der anderen Seite des Feuers war Mirija stehen geblieben, eine flache Schale in den Händen, und schaute auf sie hinab.
    » Ich werde es versuchen « , sagte sie leise, aber bestimmt.
    Darejan glaubte ein Zittern in ihrer Stimme zu hören. Alarmiert fragte sie: » Was versuchen? «
    » Ihn aus dem Schleier zurückzuholen. « Die Schülerin des toten Nekromanten kam um das Feuer herum und stellte die Schale behutsam neben dem DúnAnór auf den Boden. Sie war bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Ein Kegel aus Erde erhob sich aus seiner Mitte.
    » Das kannst du nicht tun! «
    Als habe sie sie nicht gehört, brach Mirija von den Zweigen des kleinen Holzvorrats, den Siére neben das Feuer gelegt hatte, ein paar dünne Äste ab und schichtete sie vorsichtig auf die Spitze des Erdkegels. Darejan ergriff ihr Handgelenk. » Mirija, das kannst du nicht tun! « , wiederholte sie eindringlich.
    » Ich muss es zumindest versuchen « , murmelte die junge Frau und starrte auf das schwarz glänzende Wasser.
    » Mirija… «
    Ihr Blick zuckte in die Höhe. In ihren Augen glitzerten Tränen. » Verstehst du denn nicht? « , brach es mit einem Schluchzen aus ihr heraus. » Es ist meine Schuld, dass er im Schleier gefangen ist. Meine Schuld! «
    » Nein! « Hastig schüttelte Darejan den Kopf. » Nein, das ist es nicht. Es war seine Pflicht. «
    » Nein! Nicht mit der zerstörten Seelenrune! Dass er es geschafft hat, Sirans Seele zurückzubringen, ist schon ein Wunder. Ich hätte ihn niemals dazu drängen dürfen! Auch nicht im Namen seiner Schwüre! Es ist allein meine Schuld! « Mirijas Worte erstickten beinah in ihren Tränen.
    » Du wusstest nichts von der zerstörten Seelenrune. «
    » Aber ich konnte sehen, wie erschöpft er war. Als ich seine Hand in meinen hielt, konnte ich fühlen, dass er Fieber hatte. « Bitter schüttelte sie den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. » Aber ich war selbstsüchtig. Ich konnte nichts für Siran tun, er jedoch schon. « Ihre Schultern sanken herab.

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