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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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» Siran ist die Tochter meines Bruders. Ihn haben sie mitgenommen und seine Frau erschlagen. Ich wollte, dass wenigstens sie am Leben bleibt « , gestand sie leise und blickte Darejan elend an. » Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie die Zeit verstreicht. « Einen langen Augenblick war nur das Knacken des Feuers zu hören. » Verstehst du denn nicht? Es ist auch meine Pflicht zu tun, was ich kann, um ihm den Weg zurück zu zeigen. « Mirijas Worte klangen wie ein Flehen in die Stille hinein.
    Darejan sah auf den DúnAnór hinab, betrachtete seine so hager gewordenen Züge, beobachtete, wie seine Brust sich unter den entsetzlich matten Atemzügen kaum hob und senkte. Schließlich nickte sie. » Sag mir, wie ich dir helfen kann! «
    Für einen Lidschlag schaute Mirija sie überrascht an, doch dann schüttelte sie mit einem schwachen Lächeln den Kopf. » Bleib einfach bei ihm. Und sorge dafür, dass Niéne oder Oqwen nichts unternehmen, ehe das Feuer auf der Erde erloschen ist. «
    » Heißt das, sie wissen nicht, was du tun willst? «
    Die junge Frau schüttelte nur erneut den Kopf und entzündete mit einem brennenden Holzstück die Zweige, die sie auf der Spitze des Erdkegels aufeinandergeschichtet hatte. Knisternd züngelten die Flammen über sie hinweg, während Mirija aus einer Tasche ihres Kleides das kleine Kästchen hervorzog. Wie schon einmal beobachtete Darejan schweigend, wie sie es öffnete und aus ihm das Gemisch aus getrockneten und zerstoßenen Blättern und Samen ins Feuer streute. Mit einem leisen Knistern stieg eine dünne Rauchspirale aus ihm empor und abermals hing der würzige Geruch in der Luft.
    Mirija lächelte ihr noch einmal zu, dann setzte sie sich auf der anderen Seite der Schale zurecht, legte die Hände locker auf die Knie und atmete langsam ein und aus. Die Geräusche, die von den anderen Feuern herüberdrangen, klangen in Darejans Ohren nach und nach, als kämen sie nur noch aus weiter Ferne. Eine seltsame, beinah greifbare Stille legte sich über sie. Die kleinen Flammen spiegelten sich auf dem Wasser, warfen unruhige Schatten auf das Gesicht der jungen Frau. Ihre Lippen bewegten sich lautlos und unablässig. Darejan konnte sehen, wie ihr Blick allmählich unscharf wurde, Schatten in ihre graubraunen Augen traten und ihre Lider langsam herabsanken. Dann war nur noch das leise Zischen der Flammen zu hören. Ein Knacken schickte einen Wirbel aus Funken in den Nachthimmel hinauf. Der Wind raunte, kühl fuhr er unter Darejans Haar, strich über ihren Nacken hinweg. Glitzernde Wellenkreise wiegten sich auf dem Wasser der Schale. Feiner Nebel stieg von ihm empor, verwob sich mit dem Rauch, der von den brennenden Zweigen aufstieg, tanzte mit ihm vor dem schwarzen Nachthimmel, bis er auf den Boden zurücksank und zu einem grauen Schimmern wurde, das immer höher wallte, bis es zu einem trüben Schleier wurde, der alles verschlang, und Darejan stand inmitten seiner grauen Leere. Kälte legte sich über ihre Haut, ließ den Nebel zu Myriaden winziger Tropfen gerinnen, die wie Diamantsplitter glitzerten. Schatten bewegten sich um sie her. Schemen, die zu Gestalten wurden, die ziellos umherzuwandern schienen. Männer, Frauen. Manche nicht mehr als ein vergehender Hauch, andere so wirklich, als würde man bei einer Berührung mehr spüren als nur Kälte und Nichts. Tote, leblose Augen streiften sie, glitten über sie hinweg. Ein leises Flüstern hing in der nebligen Leere, vermischte sich mit einem hohen Klagen. Darejan folgte dem Laut durch die grauen Schatten. Mit jedem Schritt wurde er deutlicher. Zuweilen reckten krummgewachsene Bäume ihre kahlen Äste aus dem Dunst. Moos und Flechten hingen von ihnen herab, bewegten sich, ohne dass ein Lufthauch über sie strich. Die Kälte kroch Herzschlag um Herzschlag tiefer in ihre Adern. Unter ihren Füßen knirschte Geröll. Die Schemen um sie her drehten sich zu ihr um. Hass stand in ihren Blicken. Sie zischten Unverständliches. Das Klagen wurde lauter. Ein rauer Gesang. Die Stimme zerbrach über den Tönen. Heiser vor Erschöpfung. So viel verzweifeltes Elend und Hoffnungslosigkeit war in ihr, dass Mitleid Darejan zu ersticken drohte. Der Nebel driftete vor ihren Schritten auseinander. Er lag auf den Knien, wiegte sich vor und zurück. Sein leiser Klagegesang war nur noch ein Krächzen. Vor ihm waren glitzernde Scherben verteilt. Scherben, wie sie von einem zerschlagenen Kelch stammen mochten. Seine Hände wanderte ziellos über sie, hinterließen

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