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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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eingeholt und in die Zange genommen hätte.
    Mein Plan lief jedoch auf etwas anderes hinaus. Ich führte Danny zu den Aufzügen und atmete erleichtert auf, als wir den kurzen Flur erreichten, von dem sie abgingen. Vorläufig waren wir außer Sicht.
    Am liebsten hätte ich die Flinte nicht aus der Hand gegeben, aber da sie noch keine Zeit gehabt hatte, mit meinem rechten Arm zu verwachsen und sich direkt an mein Zentralnervensystem anzuschließen, lehnte ich sie an die Wand.
    Als ich begann, die Tür des Lifts aufzustemmen, den ich vorher ausgekundschaftet hatte, flüsterte Danny: »Was – willst du mich etwa in den Schacht stoßen, damit es aussieht wie ein Unfall und du dir meine Karte mit dem gehirnfressenden Tausendfüßler unter den Nagel reißen kannst?«
    Die Tür war offen. Ich wagte es, kurz hineinzuleuchten, um ihm die leere Kabine zu zeigen. »Weder Licht noch Heizung oder fließend Wasser, aber dafür auch keine Datura.«
    »Wir werden uns da drin verstecken?«
    » Du wirst dich da drin verstecken«, sagte ich. »Ich werde die Bande ablenken und in die Irre führen.«
    »Die finden mich in zehn Sekunden.«
    »Nein, denn sie werden nicht darauf kommen, dass man die Türen aufstemmen kann. Außerdem werden sie nicht erwarten, dass wir uns ein Versteck aussuchen, das so nah an deinem Zimmer ist.«
    »Weil das dämlich wäre.«

    »Genau.«
    »Und weil sie uns nicht für dämlich halten.«
    »Eben.«
    »Wieso verstecken wir uns denn nicht beide da drin?«
    »Weil das tatsächlich dämlich wäre.«
    »Man sollte nie alles auf eine Karte setzen.«
    »Du hast’s erfasst, Genosse«, sagte ich.
    In meinem Rucksack steckten noch drei Halbliterflaschen Wasser. Ich behielt eine und reichte Danny die anderen.
    Er kniff die Augen zusammen, um im schwachen Licht das Etikett lesen zu können. »Evian«, sagte er.
    »Wenn du so möchtest.«
    Als Nächstes überließ ich ihm die beiden Energieriegel. »Damit kannst du bestimmt drei bis vier Tage überstehen, wenn es sein muss.«
    »Du kommst aber schon vorher wieder, oder?«
    »Wenn ich sie ein paar Stunden lang an der Nase herumführen kann, werden sie denken, ich hab das getan, damit du Zeit hast, in deinem Tempo abzuhauen. Dann kriegen sie Angst, dass du es schaffst, die Polizei zu informieren, und schon sind sie auf und davon.«
    Entgeistert starrte Danny auf die kleinen, folienverpackten Päckchen, die ich ihm abschließend in die Hand drückte. »Was ist denn das?«
    »Feuchttücher. Wenn ich nicht wiederkomme, bin ich tot. Warte zwei Tage, um auf Nummer sicher zu gehen. Dann kannst du die Türen aufstemmen und zur Autobahn marschieren. «
    Vorsichtig trat er in den Aufzug und testete dessen Stabilität. »Und was ist, wenn ich pinkeln muss?«
    »In die leeren Wasserflaschen.«
    »Du denkst aber auch an alles.«

    »Ja. Allerdings werde ich darauf verzichten, sie wiederzuverwenden. Sei mucksmäuschenstill, Danny! Denn wenn du nicht still bist, dann bist du tot.«
    »Du hast mir das Leben gerettet, Odd.«
    »Noch nicht.«
    Ich gab ihm die zweite Taschenlampe und riet ihm, sie nicht im Aufzug zu benutzen, damit kein Licht durch den Spalt drang. Er brauchte sie nur für die Treppe, falls er alleine fliehen musste.
    Während ich die Türflügel zuschob, um ihn einzuschließen, sagte er: »Ich hab beschlossen, dass ich doch nicht in deiner Haut stecken möchte.«
    »Hab gar nicht gewusst, dass du im Sinn hattest, mir die Identität zu stehlen!«
    »Es tut mir so leid«, flüsterte er durch den schmaler werdenden Spalt. »So verdammt leid.«
    »Freunde für immer«, sagte ich zu ihm. Den Spruch hatten wir verwendet, als wir zehn oder elf gewesen waren. »Freunde für immer.«

42
    Die Flinte in der Hand und den Rucksack auf dem Rücken, marschierte ich an Zimmer 1242 vorbei auf die nächste Treppe zu. Dabei überlegte ich unablässig, wie ich davonkommen konnte. Der Wunsch, Datura im Gefängnis schmoren zu sehen, hatte mir einen deutlich stärkeren Lebenswillen verliehen, als ich ihn in den vergangenen sechs Monaten verspürt hatte.
    Es war zu erwarten, dass die drei sich trennten und über die Nord- und die Südtreppe in den zwölften Stock zurückkehrten, um mir den Weg abzuschneiden, bevor ich Danny zur Flucht verhelfen konnte. Wenn es mir gelang, wenigstens zwei oder drei Etagen weit nach unten zu kommen, um mich im neunten oder zehnten Stock zu verstecken, bis sie an mir vorbei waren, dann konnte ich vielleicht unbemerkt wieder auf die Treppe und ins Erdgeschoss

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