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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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bringen, indem ich mit der Fingerspitze an den Kabeln entlangfuhr. Nach etwa fünf Sekunden kam ich zu dem Schluss, dass es sich dabei um eine Verzweiflungstaktik handelte, mit der ich mich bestenfalls selbst umbringen würde.
    »Odd?«
    »Bin schon noch da. Hör mal, Danny, lass uns ein kleines Sprachspiel machen!«
    »Jetzt?«
    »Später sind wir vielleicht tot, dann können wir es nicht mehr spielen. Mach mit, es wird mir helfen, die Sache zu durchdenken. Ich sage etwas, und du erwiderst einfach das, was dir zuerst in den Kopf kommt.«
    »Das ist völlig meschugge.«
    »Los geht’s: schwarz und weiß.«
    »Tag und Nacht.«
    »Schwarz und weiß.«
    »Pfeffer und Salz.«
    »Schwarz und weiß.«
    »Gut und böse.«
    »Gut«, sagte ich.
    »Danke.«
    »Nein, das ist das nächste Wort für dich: gut .«
    »… zu Fuß.«
    »Gut«, wiederholte ich.
    »… Ding will Weile haben.«

    »Gut.«
    »… Freund sein.«
    Ich sagte: »Böse.«
    »Datura«, erwiderte er sofort.
    »Wahrheit.«
    »Gut.«
    »Datura«, sagte ich.
    »Lüge«, war nun die Reaktion.
    »Unsere Intuition führt uns zum selben Ergebnis«, stellte ich fest.
    »Und zu welchem?«
    »Weiß löst die Explosion aus«, sagte ich und legte den Daumen behutsam auf die schwarze Taste.
    Odd Thomas zu sein ist häufig ziemlich interessant, macht aber bei Weitem nicht so viel Spaß, wie zum Beispiel Harry Potter zu sein. Wäre ich Harry gewesen, so hätte ich mit einer Prise hiervon, einem Quäntchen davon und einem gemurmelten Spruch einen Anti-Explosions-Zauber fabriziert, und alles wäre wunderbar gelaufen.
    Stattdessen drückte ich auf die schwarze Taste, und erstaunlicherweise schien trotzdem alles wunderbar zu laufen.
    »Was ist passiert?«, fragte Danny.
    »Hast du den Knall denn nicht gehört? Sperr die Ohren auf, dann hörst du ihn vielleicht doch noch.«
    Ich schob die Finger durch die Kabel, ballte die Hand zur Faust und riss den farbigen Knäuel heraus.
    Die kleine Libelle neigte sich zur Seite, und das Bläschen glitt in die Detonationszone.
    »Ich bin nicht tot«, sagte Danny.
    »Ich auch nicht.«
    Ich hastete zu dem Möbelstapel, den das Erdbeben aufgetürmt hatte, und holte meinen Rucksack aus dem Hohlraum,
in dem ich ihn vor weniger als einer Stunde versteckt hatte.
    Aus dem Rucksack zog ich erneut das Fischmesser und schnitt die letzten Schlingen Isolierband durch, mit denen Danny an den Sessel gefesselt war.
    Der Plumps, mit dem die Bombe auf dem Boden landete, war nicht lauter, als wenn es sich um eine Großpackung Knetmasse gehandelt hätte. Plastiksprengstoff kann nur von einem elektrischen Zünder zur Explosion gebracht werden.
    Während Danny sich mühsam erhob, steckte ich das Messer in den Rucksack. Ich schaltete die Taschenlampe aus und klemmte sie mir wieder an den Gürtel.
    Von der Verpflichtung befreit, die Bedeutung der Bombenkabel zu entwirren, zählte mein Unterbewusstsein die Sekunden ab, die seit meiner Flucht aus dem Kasino vergangen waren. Das Ergebnis lautete: Los, los, los!

41
    Eine weitere Salve aus Blitzen nahm die Wüste unter Beschuss und schuf an den Einschlagstellen Röhren aus Glas im Sand. Der Donner krachte so laut, dass meine Zähne vibrierten. So musste es sich anfühlen, wenn man bei einem Death-Metal-Konzert direkt vor den Lautsprechertürmen stand. Durch das zerborstene Fenster stürmte trappelnd der Regen ins Zimmer.
    »Heiliger Strohsack! «, murmelte Danny, als er in den Sturm blickte.
    »Da hat wohl irgendein verantwortungsloser Bursche eine Schwarznatter getötet und in einen Baum gehängt«, sagte ich.
    »Schwarznatter?«
    Nachdem ich ihm meinen Rucksack in die Hände gedrückt und die Schrotflinte an mich genommen hatte, trat ich in die offene Tür und spähte in den Flur. Die Meute war noch nicht eingetroffen.
    Danny hielt sich direkt hinter mir. »Nach dem Gewaltmarsch hierher brennen mir die Beine, und meine Hüfte sticht wie wahnsinnig«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie lange ich durchhalten kann.«
    »Wir gehen nicht weit. Sobald wir es über die Hängebrücke und durch den Raum der tausend Speere geschafft haben, ist es ein Kinderspiel. Geh einfach so schnell, wie du kannst.«

    Schnell war das nicht. Sein leichtes Humpeln verstärkte sich, weil wiederholt sein rechtes Bein nachgab, und obwohl er sich sonst nie beklagte, zischte er bei fast jedem Schritt vor Schmerz.
    Hätte ich vorgehabt, ihn direkt aus dem Hotel zu schaffen, dann wären wir nicht weit gekommen, bevor das infernalische Trio uns

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