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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Stück weit vor dem rechten, um den Stoß aufzufangen. Dennoch war er sichtlich davon durchgerüttelt worden.
    Der Mann trat weit genug ins Zimmer, um für mich sichtbar zu werden. Es war Robert, der mich offenkundig nicht bemerkte. Während er in meinem Blickfeld war, konnte er mich nicht sehen, da er keine Augen im Hinterkopf hatte.
    Selbst wenn er den Kopf drehte, um nach links oder rechts zu schauen, fiel ich ihm womöglich nicht auf. Drehte er sich jedoch instinktiv ganz um, so war der Schatten, in dem ich stand, sicher nicht so dunkel, dass er mich verbarg.
    Im düsteren Licht sah ich ihn nicht deutlich genug, um ihn anhand seiner Gesichtszüge zu identifizieren. An seiner kräftigen, aber nicht übertrieben wuchtigen Statur war jedoch zu erkennen, dass es sich nicht um André handeln konnte.
    Im tobenden Garten des Sturms breiteten weitere Blitze ihre Äste aus. Der Donner klang, als würde ein ganzer Wald gefällt.
    Ohne nach links oder rechts zu blicken, schritt Robert durchs Zimmer. Irgendwie hatte ich den Eindruck, er sei nicht auf der Suche nach mir hereingekommen, sondern aus irgendeinem anderen Grund.
    Sein Verhalten, das noch schlafwandlerischer war als sonst, wies darauf hin, dass er vom Unwetter angezogen wurde. Vor der Balkontür blieb er stehen.
    Mir kam eine mehr als wagemutige Idee. Wenn das Feuerwerk draußen nur eine Minute weiterging und Robert in den Bann zog, war ich vielleicht in der Lage, mein Versteck zu verlassen und rasch in den Flur zu schlüpfen, ohne dass er etwas merkte. So konnte ich eine Konfrontation vermeiden und es doch noch ungesehen zur Treppe schaffen.
    Ich war schon losgeschlichen, um mich durch einen Blick in den Flur zu vergewissern, dass Datura und André nicht in der
Nähe waren, als die nächsten Blitze durch den Himmel zuckten. Sie hatten eine Wirkung, die mich erstarren ließ. Bei jedem Blitz tauchte auf der Glasscheibe der Balkontür Roberts gespenstisches Spiegelbild auf. Sein Gesicht leuchtete so fahl wie eine No-Maske, doch seine Augen waren noch weißer, grellweiß vom Widerschein des Himmelsfeuers.
    Sofort fielen mir die in den Schädel zurückgerollten Augen des Schlangenmannes ein, den ich im Kanal gefunden hatte.
    Während ich reglos dastand, warfen drei weitere Blitze das fahle Gesicht mit den leeren Augen an die Scheibe. Selbst als Robert sich langsam zu mir umdrehte, konnte ich mich nicht von der Stelle rühren.

45
    Roberts Bewegung war kein rascher Reflex, der auf eine gewalttätige Absicht hindeutete. Langsam, fast bedächtig, wandte er sich um.
    Das zuckende Leuchtfeuer des Unwetters erhellte nun nicht mehr sein Gesicht, sondern ließ ihn zur Silhouette werden. Wie eine gewaltige Galeone mit tausend schwarzen Segeln sandte der Himmel seine Zeichen aus, wie um den treulosen Beobachter wieder anzuziehen. Donner krachte.
    Von den Blitzen abgewandt, leuchteten Roberts Augen nun nicht mehr in grellem Weiß, doch obwohl seine Gesichtszüge nun im Dunkeln lagen, schien sein Blick leicht zu phosphoreszieren. Milchig wie durch grauen Star geblendet sahen die Augäpfel aus.
    Ich sah ihn zwar nicht gut genug, um mir sicher zu sein, aber ich hatte den Eindruck, seine Augen waren so stark verdreht, dass nicht einmal der Rand der Pupillen mehr erkennbar war. Vielleicht war das jedoch nur ein Produkt meiner Fantasie, hervorgerufen von dem Grauen, das mich erfasst hatte.
    Endlich nahm ich die Stellung ein, die ich an Chief Porter beobachtet hatte. Ich richtete die Flinte auf den Mann am Fenster, relativ tief, falls der Rückstoß die Mündung nach oben riss.
    Wie immer der Zustand von Roberts Augen auch sein mochte, ob sie so weiß wie hart gekochte Eier waren oder so blutunterlaufen
wie vorher, ich spürte mit absoluter Sicherheit, dass er meine Anwesenheit nicht nur wahrnahm, sondern mich tatsächlich sehen konnte.
    Erstaunlicherweise wiesen sein Verhalten und seine schlaff herabhängenden Schultern darauf hin, dass mein Anblick keine Mordlust in ihm weckte. Er wirkte zwar nicht regelrecht verwirrt, aber doch abwesend und müde.
    Wieder kam mir in den Sinn, dass er nicht ins Zimmer gekommen war, um mich zu suchen, sondern aus einem anderen Grund oder auch völlig grundlos. Nachdem er mich zufällig gefunden hatte, stand er da, als ärgerte er sich über die Notwendigkeit, die Konfrontation zu einem Ende zu bringen.
    Noch merkwürdiger: Er stieß einen langen, erschöpften Seufzer aus. Der klägliche Ton, der darin mitschwang, schien auszudrücken, dass er

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